«Breaking Bad»: Die perfekte Chemie für eine Erfolgsserie

Wir erklären, welche Elemente von «Breaking Bad» zu den durchweg positiven Reaktionen geführt haben und geben einen Überblick über die Zuschauerzahlen – garantiert spoilerfrei.

«Breaking Bad»-Facts

  • RJ Mitte, der Darsteller Walter Juniors, hat auch im echten Leben Infantile Zerebralparese, allerdings in viel schwächerer Form
  • 10 Schauspieler von «BB» spielten auch in Gilligans «Akte X» mit
  • «BB» besteht aus 62 Episoden - das 62. Element des Periodensystems ist Samarium, welches zur Bekämpfung von Lungenkrebs eingesetzt wird
  • Wenn Charaktere in der Show Meth rauchen, rauchen sie eigentlich Kandiszucker
  • Samuel L. Jackson wollte in seiner Rolle als "Nick Fury" der «Marvel's Avengers» Teil der «BB»-Extras werden und tauchte unangekündigt am Set auf - die Produzenten verzichteten
  • «BB» heimste 45 Awards und 109 Nominierungen ein, darunter 4 Golden Globe-Nominierungen. Cranston gewann konsekutiv drei Primetime-Emmys
Walter Hartwell White ist ein Durchschnittsbürger. Er unterrichtet Chemie in einer High School in Albuquerque in New Mexico und muss sich dort mit uninteressierten und respektlosen Schülern herumschlagen. Der Job als Lehrer wird so schlecht bezahlt, dass Walter nebenbei in einer Autowaschanlage arbeiten muss, um seine Familie zu ernähren, die bald Zuwachs bekommt. Er ist normal, altmodisch – um ehrlich zu sein: Er ist ein Spießer.

Das ist die Ausgangslage des Plots in «Breaking Bad» – der Stoff klingt nicht nach einem großen Hit für eine Drama-Serie. Doch der weitere Verlauf, die Geschichte um diesen Walter White, der an unheilbarem Lungenkrebs erkrankt und beginnt für das Erbe an seine Familie Metamphetamin herzustellen und mit diesem zu handeln, entwickelte sich zu einer der beliebtesten und erfolgreichsten Serien der jüngeren Vergangenheit. Von vielen Seiten der Journaille hört man, «Breaking Bad» sei wohl die beste fiktionale Serie, die es je gab.

Die Vorzeichen standen zumindest gut: Für die Drama-Serie, die beim US-Network AMC beheimatet ist, zeichnete Vince Gilligan verantwortlich – der Schöpfer von «Akte X». Seine Vision war es eine Serie zu kreieren, bei welcher der Protagonist im Laufe der Handlung zum Antagonist wird. Gilligan beobachtete, dass das Fernsehen seit jeher so an seinen Serien arbeitet, dass diese Jahre oder sogar Dekaden weiterlaufen könnten, sich aber trotzdem möglicht wenig an ihnen ändert. „Als ich das realisierte, war der nächste logische Schritt zu überlegen, wie ich eine Show machen kann, in der die Handlung Richtung Veränderung geht.“ Auf diese Frage fand der Autor eine Antwort: Am Sonntag zeigte AMC die letzte Folge von «Breaking Bad» – Walter White ist kein Durchschnittsbürger mehr. Längst ist er ein entlarvter Ex-Drogenboss, den Gier und Macht zugrunde richteten.

Neben dem schreiberischen Geschick Vince Gilligans, kommt der Cast so unkonventionell wie genial besetzt daher. Bryan Cranston, der Walter White porträtiert, trat in seiner Karriere bis 2008 bestenfalls in Nebenrollen in Erscheinung. Falls Leute Cranston überhaupt kannten, dann wohl für seine Darstellung des tollpatschigen Vaters 'Hal' in «Malcolm Mittendrin». Ein Glück, dass sich die Wege von ihm und Gilligan 1998 kreuzten, als Cranston in der «Akte X»-Episode „Drive“ den Bösewicht mimte. Seine Performance in dieser Folge beschaffte ihm die Hauptrolle in «Breaking Bad». Nach Ansicht von Produzent Sony und AMC sollte Cranston nicht an der Serie teilnehmen. Deshalb fragten sie zunächst bei John Cusack und Matthew Broderick an, als diese aber ablehnten, durfte Gilligan seinen Wunschkandidaten Cranston casten. Cranston steuerte zum Charakter Walter White selbst Teile der Hintergrundgeschichte sowie Persönlichkeitseigenschaften und das äußere Erscheinungsbild bei. Seine Darstellung Walter Whites war zwar unerwartet, dennoch brilliant.

Sehr ähnlich begab es sich mit der Verpflichtung von Aaron Paul, der Whites „Geschäftspartner“ Jesse Pinkman verkörpert. Auch er schlug sich lange Zeit mit kleinen Rollen herum. Eine davon war die des David 'Sky Commander Winky' Winkle in einer Episode von – richtig – «Akte X». Gilligan plante ursprünglich Pinkman am Ende der ersten Staffel sterben zu lassen, doch sein grandioses Spiel verleitete den Showrunner zum Umdenken. Eine Verantwortliche setzte sich sogar ursprünglich dafür ein Aaron Paul nicht zu beschäftigen, da er für die Rolle des Jesse Pinkman zu hübsch sei. Auch Dean Norris (Nebenrolle in der zweiten «Akte X»-Staffel) als Walter Whites Schwager und Agent der 'Drug Enforcement Administration' sowie Bob Odenkirk als schmieriger und zwielichtiger Anwalt Saul Goodman, hatten sicherlich großen Anteil am Kult um die Serie und bereicherten das Format ungemein. AMC sicherte Letzterem jüngst ein Spin-Off zu «Breaking Bad» in Form eines Prequels zu, dass sich mit der moralischen Entwicklung Goodmans vor seiner Begegnung mit Walter White beschäftigt.

Die erste Staffel der beliebten Drama-Serie umfasste aufgrund des damaligen Autorenstreiks in Hollywood nur sieben Episoden. Mit 0,75 Millionen Zuschauern war das Seriendebüt von «Breaking Bad» nicht außerordentlich erfolgreich. Die durchschnittliche Zuschauerzahl der ersten Staffel belief sich auf 1,2 Millionen US-Amerikaner. Mehr als verdoppelt hatte das Format seine Reichweite zum Start der zweiten Staffel: 1,66 Millionen Menschen entschieden sich an diesem Sonntagabend für AMC. Der Mittelwert der Sehbeteiligungen in den nun üblichen 13 Folgen steigerte sich im zweiten Durchlauf auf etwa 1,35 Millionen Menschen. Wie in den vorherigen Staffeln holte die Serie von Vince Gilligan einen neuen Rekord zu Beginn der nächsten Season. Den Staffelstart der dritten Runde verfolgten 1,95 Millionen Fernsehende, wobei sich im Mittel 1,52 Millionen Zuschauer für «Breaking Bads» dritte Runde entschieden. Das obligatorische Hoch stand der Erfolgsserie wieder zur Premiere von Season Vier bevor: 2,58 Millionen Menschen ließen sich dort von «Breaking Bad» unterhalten. Die ganze Staffel kratzten die Programmierungen an der Zwei-Millionen-Marke, konnten diese aber nicht erneut nehmen und erreichten ein Durchschnittspublikum von 1,87 Millionen Zusehern.

Ein strategisch geschickter Zug von AMC folgte: Beim Network entschied man die fünfte Staffel getrennt voneinander, in zwei Hälften á acht Folgen, auszustrahlen. Mit der Premiere der ersten Hälfte von Staffel Fünf stand einmal mehr ein neuer Rekord ins Haus: 2,93 Millionen verfolgten das Geschehen. Der erste neue Bestwert, welcher nicht an einem Seasonanfang verzeichnet wurde, war der der siebten Folge von Staffel fünf mit 2,98 Millionen Zuschauern. Alle Episoden dieser ersten Staffelhälfte nahmen die Hürde von zwei Millionen Zusehern und lockten im Mittel 2,60 Millionen Menschen an. In den folgenden elf Monaten geschah genau das, was AMC intendierte: Das mittlerweile riesige Publikum der Serienfans erwartete die letzten Folgen sehnsüchtig, die Spannung stieg und AMC hatte genug Zeit «Breaking Bad» ausgiebig zu promoten. Das Ergebnis war ein Wahnsinnswert zu Beginn der zweiten Seasonhälfte: Mit alles überragenden 5,92 Millionen Zusehern konnte man den bisherigen Rekordwert mehr als verdoppeln. Der „schlechteste“ Tag für «Breaking Bad» in den acht finalen Episoden war die Zuschauerzahl in der fünftletzten Folge mit einem Publikum von 4,41 Millionen Menschen . Mit 6,37 Millionen und 6,58 Millionen Menschen verbuchte AMC in den zwei Episoden vor dem Serienfinale erneut aberwitzige Spitzenwerte. In der zweiten Hälfte des letzten Durchlaufs war man sonntags stets die erfolgreichste Show, bis auf einen zweiten Platz hinter der zehn Millionen Zuschauer starken VMA-Programmierung. Dabei schlug man sogar den in den USA außerordentlich beliebten Live-Sport wie die Übertragungen des NASCAR Sprint Cup vernichtend. Letztlich wohnten astronomische 10,3 Millionen Menschen dem Serienfinale bei - 6,7 Millionen Zuseher entstammten dabei der amerikanischen Zielgruppe der 18- bis 49-Jährigen. Im Mittel sahen 6,04 Millionen Menschen die acht finalen Episoden.

«Breaking Bad» in Deutschland

arte zeigte die vierte Staffel von «Breaking Bad» im November 2012. Die ersten sechs Folgen generierten zwischen 0,4% und 0,7%, beim Gesamtpublikum (Senderschnitt: 0,7%), bei den Jüngeren verbuchte arte zwischen 0,4% und 0,8%, wobei die höheren Werte eher die Ausnahme waren. Im Februar 2013 zeigte RTL Nitro «BB» von Beginn an: Nicht messbare 0,0 Prozent resultierten bei der Erstausstrahlung (0,0 %) - der Durchschnitt des Spartenknals liegt bei 0,5 Prozent. Einen Monat später kam die Serie auf 0,2 Prozent und 0,5 Prozent, Ende August lag man jedoch wieder bei 0,1 und 0,3 Prozent.
Beim Anblick dieser Zahlen ist es suspekt, dass «Breaking Bad» in Deutschland kaum auf die Beine kommt – bisher fand die Drama-Serie lediglich auf Spartensender RTL Nitro und arte statt und konnte dort in Sachen Quoten kaum überzeugen. Dabei hätte die Serie großes Potenzial dazu, Erfolge bei einem der acht großen Sender zu feiern. Auf Anfrage von Quotenmeter.de bestätigte RTL, dass auch die Wiederholungsrechte der finalen Folgen bei RTL Nitro lägen, allerdings strahlt arte die finale Staffel ab dem 6. Dezember zuerst aus. Es wäre eine große Überraschung, sollten sich die Quoten nicht zum Positiven entwickeln. Wo es in Deutschland hapert, sind für AMC in den USA längst goldene Zeiten angebrochen. Mit «The Walking Dead», «Breaking Bad» und «Mad Men» zeigt(e) man gleich drei Serien, die regelmäßig mit weitem Abstand die erfolgreichste Show des Tages oder sogar die beste Kabelshow der Woche wurden und rückt damit HBO auf die Pelle.

Betrachtet man AMCs «Breaking Bad» und HBOs erfolgreichste Show «Die Sopranos» bezüglich ihrer Themen, so fallen einige Gemeinsamkeiten auf. 'Was ist richtig und was falsch?' ist eine zentrale Fragestellung in beiden Shows. Ross Douthat von der „New York Times“ beschrieb beide Shows als „Stücke der Moral“, da beide darin bemüht seien Moral zu vermitteln. Walter White und Tony Soprano spiegelten die Probleme des Bösen, der Verurteilung und des freien Willens wieder. Die entscheidende Frage in «Breaking Bad», nach einer Arbeit von Chuck Klosterman, sei „Was macht einen Menschen böse – seine Taten, seine Motive oder seine bewusste Entscheidung eine 'Böser' zu sein?“ Immerhin war eines der Motive Whites seiner Familie ein ausreichendes Erbe zu hinterlassen.

Somit endet eine Serie, die einigen Menschen als Sprungbrett diente: Bryan Cranston überzeugte bereits jüngst in Kino-Rollen wie bei «Total Recall» oder dem oscarprämierten «Argo», Dean Norris zog die große Rolle des „Big Jim“ in Spielbergs «Unter the Dome» an Land und Aaron Paul spielt die Hauptrolle im 2014 anlaufenden «Need for Speed» und in Ridley Scotts «Exodus». Nicht zuletzt Vince Gilligan wird wohl für den Rest seiner Karriere bei sämtlichen Sendern mit Handkuss empfangen werden, sollte er neue Ideen zu Tage fördern. Sein Werk «Breaking Bad» ist eine herausragende Produktion aus dem Fernsehfach und wird anlässlich Beliebtheit, Zuschauerzahlen und Kritikerlob in die Geschichtsbücher eingehen.
01.10.2013 16:59 Uhr  •  Timo Nöthling Kurz-URL: qmde.de/66483