Die 10 besten Soundtracks 2010

Kino ist nicht nur was fürs Auge: Quotenmeter.de präsentiert die zehn besten Soundtracks des Jahres. Ein musikalischer Rückblick auf 2010.

Filmmusik ist ein mächtiges Stilmittel, das nahezu unmöglich zu überschätzen ist. Ein guter Instrumentalscore verstärkt nicht nur die Gefühle, die in der Kinohandlung stecken, sondern erzählt auf nonverbale Weise die Geschichte weiter, treibt sie mit eingänglichen Melodien voran. 2010 war filmmusikalisch zwar nicht eins der auffälligsten Jahre, aber definitiv eines der besseren. Manche Soundtracks erhaschten große Publikumsaufmerksamkeit, andere wurden unverdient überhört.

Zum Jahresabschluss stellt Quotenmeter.de deshalb an dieser Stelle in chronologischer Reihenfolge die besten Soundtracks der vergangenen zwölf Monate vor. Vielleicht finden Sie sogar Inspiration für einen letzten Kauf im alten Jahr. Unter dem Tannenbaum befand sich bestimmt irgendein nutzloses Geschenk, dass es noch umzutauschen gilt…

«Sherlock Holmes» (Hans Zimmer)

Exzentrisch, verquer, außerordentlich. Diese Beschreibung trifft nicht bloß auf den Meisterdetektiv Sherlock Holmes zu, sondern ebenso auf die ihn begleitende Musik von Deutschlands Exportwunder Hans Zimmer. Im für den Oscar nominierten Soundtrack zum Actionfilm mit Robert Downey jr. setzt der populäre Filmkomponist nämlich auf eine außerordentlich verschrobene Instrumentenwahl. Neben den nahe liegenden Violinen schrammeln und schraffieren sich durch Zimmers ungewöhnliche Kompositionen ein Banjo, ein Zymbal, mehrere Mülltonnendeckel und ein Kneipenpiano, das von Zimmer und seiner Crew auf einem Parkplatz bösartig zerdeppert wurde, um verstimmt und dennoch charakteristisch zu klingen. Musikalisch versetzt einen Zimmer mit diesem von der «Dreigroschenoper» inspirierten Score an einen unheiligen Platz zwischen einer Zigeunersiedlung, den folkloristischen Ostblock-Beiträgen zum Eurovision Song Contest und einem verranzten Irish Pub. Das ist für wenige Sekunden verschreckend, entwickelt aber schnell eine humorvoll-faszinierende Wirkung und lässt einen genüsslich grinsend mithören, was in Holmes rebellierenden Verstand vor sich geht.
Anspieltipps: «Discombobulate», «I Never Woke Up in Handcuffs Before», «My Mind Rebels at Stagnation», «Psychological Recovery… Six Months»

«Nine» (Maury Yeston)

Rob Marshalls Regiedebüt, das Musical «Chicago», wurde zu einem der größten Erfolge des produzierenden Miramax-Studios und von der Academy of Motion Picture Arts & Sciences als bester Film ausgezeichnet. Mit dem stilistisch verwandten «Nine» konnte Marshall weder künstlerisch, noch kommerziell nahtlos an diesen Erfolg anschließen. Dennoch ist die musikalische Verarbeitung von Federico Fellinis semiautobiographischem Meisterwerk «8½» eine sehenswerte Produktion mit einem formidablen Ensemble und prachtvoller Ausstattung. Lediglich emotional hält «Nine» das Publikum auf Distanz. Obwohl die Lieder im Kontext des Films deutlich besser funktionieren, ist es durchaus eine Wonne, Fergie von den Black Eyed Peas ohne digitale Verzerrung zu hören, wie sie über die richtige Art des Liebens singt, oder mit Kate Hudsons extra für die Filmversion des Bühnenmusicals «Nine» geschriebenen Retropopsong «Cinema Italiano» in die 60er zurückzustürzen.
Anspieltipps: «Be Italian», «Cinema Italiano»

«Drachenzähmen leicht gemacht» (John Powell)

Das gefühlvolle Animationsabenteuer «Drachenzähmen leicht gemacht» vom Regieduo Chris Sanders & Dean DeBlois («Lilo & Stitch» ) ist nicht nur der bislang beste Film der Dreamworks-Trickstudios, sondern verhalf auch dem britischen Komponisten John Powell zu einem künstlerischen Höhenflug. Powells Musik verleiht der Geschichte des jungen Wikinger Hicks, der sich heimlich mit einem Drachen anfreundet, eine tief greifende Magie, wie man sie im Trickbereich sonst hauptsächlich aus den Disney-Studios kennt. Die Bestleistung des «Hancock»-Komponisten vereint ausgelassene, schottisch-irisch angehauchte, folkloristische Melodien und zauberhafte, ruhige Momente zu einem betörenden Drachenritt. Nörgler, die in einem Wikingerfilm die Präsenz von Dudelsack und Marimba tadeln möchten, sollen sich den packenden Soundtrack anhören, staunen und schweigen. Im Wilden Westen gab es schließlich auch keine E-Gitarren, und trotzdem wurde Morricone nicht von der Musikpolizei verhaftet. Auf Dreamworks Animations offizieller Webseite zur Awardsaison lässt sich übrigens der komplette Soundtrack von «Drachenzähmen leicht gemacht» anhören, sowohl in der Zusammenstellung für das Album, als auch die Filmabmischung.
Anspieltipps: «This is Berk», «Forbidden Friendship», «Test Drive», «Romantic Flight», «Coming Back Around»

«Kick-Ass» (Various Artists)

Ein Sektor, in welchem das Kinojahr 2010 enttäuschte, war der für Soundtrack-Kompilationen aus bereits existierenden Songs. Die Zusammenstellung unterschiedlichster Lieder zu einem stimmigen Soundtrack, ist eine hohe Kunst und steht in Topbeispielen wie «High Fidelity» der Schöpfung eines komplett eigenständigen Soundtracks in nichts nach. Einer der wenigen Filme, die dieses Jahr diesbezüglich nennenswert waren, ist die Comicadaption «Kick-Ass». Dessen Musikauswahl hat es dafür in sich: Matthew Vaughns Zeit- und Subgenrereise durch die Rock- und Popgeschichte ergibt ein ebenso pardox-homogenes wie mit den Filmsequenzen verschmelzendes Ganzes. Selbst dem völlig überreizten Joan-Jett-Titel «Bad Reputation» konnte Vaughn in «Kick-Ass» durch seine Inszenierung etwas frisches und neues abgewinnen.
Anspieltipps: «Stand Up» von The Prodigy, «Make Me Wanna Die» von The Pretty Reckless, «Bad Reputation» von The Hit Girls

«Prince of Persia – Der Sand der Zeit» (Harry Gregson-Williams)

Es war kein gutes Jahr für Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer. «Duell der Magier» sowie «Prince of Persia – Der Sand der Zeit» nahmen weit weniger als erwartet ein, dabei setzte das Studio gerade auf letzteren große Stücke. Die Videospieladaption war ursprünglich als Startpunkt einer neuen Kinoreihe angedacht, doch mit ihren beinahe katastrophalen US-Einnahmen stehen die Chancen auf eine Fortsetzung sogar trotz sehr guter Blu-ray-Verkaufszahlen äußerst schlecht. Die mitproduzierenden Disney-Studios scheinen «Prince of Persia» mittlerweile komplett aus dem Gedächtnis verbannt zu haben: Während der Konzern «Alice im Wunderland» und «Toy Story 3» kostspielige Oscar-Kampagnen spendiert und sie als Kandidaten in der Kategorie für den besten Film positionieren möchte, wird für «Prince of Persia – Der Sand der Zeit» nicht ein einziger Cent ausgegeben. Selbst für Kategorien, in denen der Abenteuerfilm reelle Chancen hätte, etwa für die Effekte oder die Musik, wurden keine Empfehlungsanzeigen in Branchenblättern geschaltet. Fans von Harry Gregson-Williams' orientalisch-schwelgerischen Score voller Abenteuerromantik sollten also besser nicht in Erwartung einer Auszeichnung die Luft anhalten.
Anspieltipps: «The Prince of Persia», «Ostrich Race», «Hassansin Attack», «The Sands of Time»

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Soundtracks ebenfalls zu den besten des Jahres gehören.


Kino ist nicht nur was fürs Auge: Quotenmeter.de präsentiert die zehn besten Soundtracks des Jahres. Ein musikalischer Rückblick auf 2010.

«Inception» (Hans Zimmer)

Christopher Nolans intelligenter Action-Thriller «Inception» ist ein in der Traumwelt verankertes, dreidimensionales Schachspiel. Und obwohl diese auf mehreren Bewusstseinsebenen spielende, intellektualisierte Version eines Heist-Movies nicht die stärkste Figurencharakterisierung des Kinojahres zu bieten hat, ist es ein eklatanter Fehler, Nolans Thriller die emotionale Seite absprechen zu wollen. Wehmut, Reue und schmerzliche Erinnerungen an eine frühere Liebe beherrschen sowohl die Charaktermomente von «Inception», als auch Hans Zimmers Filmmusik. Vom bewussten Stilbruch «Mombasa» abgesehen, dem Begleitstück zu einer Verfolgungssequenz mit klaustrophobischen Elementen und Anleihen an archetypische Agententhriller, ist die Musik in «Inception» verletzlich und auf romantische Weise depressiv. Selbst die bombastischeren Momente, zumeist manipulierte Versionen des Edith-Piaf-Chansons «Je ne regrette rien», strahlen keinen Popcorn-Blockbusterbombast aus, sondern dienen als schmerzlicher und bedrohlicher Signalton, der vor dem Zusammenbrechen des Traums warnt. Ganz Mutige können sich seit einigen Tagen sogar die «Inception»-App auf ihr iPhone laden, eine interaktive Musik-Applikation, die auf die eigene Umgebung und Tätigkeit reagiert und einen musikalisch unentwegt durch den Alltag begleitet. Somit kann man sich freiwillig zu einem Gefangenen in Christopher Nolans und Hans Zimmers verschachtelter Traumwelt machen lassen. Ein Totem wird, konsequenterweise, nicht mitgeliefert.
Anspieltipps: «Half Remebered Dream», «Dream is Collapsing», «Old Souls», «528491», «Mombasa», «Time»

«The Town» (Harry Gregson-Williams & David Buckley)

«The Town», Ben Afflecks zweite Regiearbeit, ist ein dramatischer Kriminalthriller, der verdientermaßen als Hoffnungsträger für eine Oscar-Nominierung in der Kategorie „Bester Film“ gehandelt wird. Die musikalische Kooperation zwischen Harry Gregson-Williams und David Buckley unterstützt diesen atmosphärisch dichten Film überaus effektiv, verleiht den dramatischen Momenten mehr Schwere und gibt den immer weiter eskalierenden Actionpassagen einen zusätzlichen Adrenalinkick. Außerhalb des Kontexts des Films ist die Musik zu «The Town» jedoch, im Gegensatz zu den meisten anderen Einträgen auf dieser Liste, ausschließlich für eingeschworene Liebhaber instrumentaler Filmmusik reizvoll, da sie auf ohrwurmtaugliche Themen verzichtet und kein eigenständiges Kopfkino auszulösen vermag. In Verbindung mit «The Town» gehört dieser elektronische und orchestrale Elemente vermischende Soundtrack aber zu den zehn gelungensten des Jahres – und hat sich somit eine Nennung in dieser Top 10 verdient.
Anspieltipps: «Healing and Stealing», «Who Called 911?», «Making the Switch»

«The Social Network» (Trent Reznor & Atticus Ross)

Sollte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg jemals gedacht haben, dass die Hollywoodverfilmung seines Schaffens eine schmeichelhafte und leichtherzige Angelegenheit wird, so ereilte ihn spätestens angesichts dieser Namen die bittere Wahrheit: «Fight Club»- und «Sieben»-Regisseur David Fincher sowie die u.a. durch die Nine Inch Nails bekannten Trent Reznor und Atticus Ross. Diese Kooperation wurde bereits im Vorfeld heiß diskutiert und mündete schließlich in einen der auffälligsten Filmsoundtracks der letzten Jahre. Reznor und Ross unterlegten Finchers Drama «The Social Network» mit einem Score, der Hans Zimmers unkonventionelle Beiträge zu «Sherlock Holmes» und «Inception» wie alltägliche Chartmusik erscheinen lässt. Der düstere und desorientierende Soundtrack scheint einem Albtraum entsprungen, besser gesagt der fragmentarischen Erinnerung an ihn. An einen kalten Albtraum über beengende Gerichtsräume, verkaterte Morgen nach durchzechten Nächten und zerbrochene Freundschaften. Und in Mitten dieses im ungesunden Glühen eines Computerbildschirms gehüllten Albtraums ertönt eine bizarr technisierte Interpretation von Edvard Griegs «In der Halle des Bergkönigs». Experimentell, zappenduster, kalt, benebelnd.
Anspieltipps: «In Motion», «A Familiar Taste», «Pieces Form the Whole», «In the Hall of the Mountain King», «Magnetic»

«Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt» (Various Artists)

Ungenannte Wissenschaftler behaupten, Edgar Wrights überdrehtes Geekspektakel «Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt» sei das Ergebnis eines zweiwöchigen Schlafentzugs, dem täglichen Konsum von mindestens fünf Litern Energy Drink, ständiger Beschallung durch ironische Hipster-Rockbands und dem Versuch, mittels Multitasking gleichzeitig ein Arcade-Kampfspiel, eine japanische Tanzsimulation und eine ausgewählte Nintendo-Klassikerspielesammlung durchzuspielen, während man drei komödiantische Manga-Sammelbände durchliest, an gescheiterte Liebesbeziehungen zurückdenkt und sich nebenher Disney-Zeichentrickserien aus den späten 80ern und frühen 90ern ansieht. Sollte man dieses Experiment überleben, so träume man daraufhin etwas, das «Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt» gleicht. Der Soundtrack zum beschriebenen Synapsenkollaps erreicht in Sachen Wahnwitz nicht das gleiche Expertenlevel, kommt aber recht nah heran. Subtilität ist auf dem «Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt»-Album also so rar wie fair spielende Computergegner in der «Mario Kart»-Serie. Dafür macht der Soundtrack in seiner chaotischen, knalligen und zumeist lauten Art ähnlich viel Spaß wie die bunten Kartrennen mit grünen Dinos und dicken italienischen Klempnern. Wenn man sich für derart hyperaktiven Indierock erwärmen kann. Wenn nicht, keine Bange: Eine kleine Wahl ruhigere Tracks hat sich ebenfalls auf das Album verirrt.
Anspieltipps: «We Are Sex Bob-Omb» von Sex Bob-Omb, «I Heard Ramona Sing» von Frank Black, «Sleazy Bed Track» von The Bluetones

«Rapunzel» (Alan Menken & Glenn Slater)

Nach einer beim Kinopublikum eher auf durchwachsene Resonanz stoßenden Experimentierphase kehren die Disney-Animationsstudios für ihren 50. abendfüllenden Kinofilm wieder auf bewährte Pfade zurück: Die Märchenadaption «Rapunzel» ist ein romantisches und witziges Musical in der Tradition von «Arielle, die Meerjungfrau» oder «Aladdin». Bloß wurde die Geschichte der Prinzessin mit dem güldenen Haar nicht als traditioneller Zeichentrickfilm, sondern mittels malerischer Computeranimation umgesetzt. Im Detail unterscheidet sich «Rapunzel» auch musikalisch von seinen direkten Vorgängern in Disneys-Märchenkanon. Die Lieder des disney’schen Hofkomponisten Alan Menken werden weniger pompös und broadway’esque in Szene gesetzt, stattdessen erinnert ihr Platz in der Filmdramaturgie an Disney-Klassiker der 50er und 60er, wie etwa an «Dornröschen». Jedoch besitzen die teilweise von den Folkrock-Interpreten Cat Stevens und Joni Mitchell inspirierten Lieder mehr Dynamik und Vitalität, sowie mehr klangliche Tiefe, als die Stücke aus den älteren Disneymärchen. Die Songs aus «Rapunzel» sind vielleicht keine sofortigen Ohrwürmer, aber sie wachsen einem mit jedem Mal ein bisschen näher ans Herz und werden sich deswegen noch ihren stolzen Platz in den musikalischen Disneychroniken erkämpfen. Besonders das zentrale Liebesstück wird den altbekannten Balladen arg Konkurrenz machen.
Instrumentale Anspieltipps: «Kingdom Dance» bzw. «Tanz auf dem Marktplatz», «Waiting for the Lights» bzw. «Warten auf die Lichter»
Anspieltipps für die Originalversion: «Mother Knows Best», «When Will My Life Begin (Reprise 2)», «I See the Light»
Anspieltipps für die deutschsprachige Fassung: «Wann fängt mein Leben an?», «Mutter weiß mehr (Reprise)», «Endlich sehe ich das Licht»

Bonustrack: «Tron: Legacy» (Daft Punk)

«Tron: Legacy» wird zwar erst Ende Januar den Weg auf die deutschen Kinoleinwände finden, der Soundtrack der französischen Houseformation Daft Punk ist aber bereits im Handel erhältlich. Die erfolgreichen Musiker zählen den Sci-Fi-Kultfilm «Tron» zu ihren größten und wichtigsten Einflüssen, weswegen sie entsprechend begeistert waren, an der Fortsetzung mitwirken zu dürfen. Diese Verehrung für das Material spürt man dem ambitionierten Soundtrack auch an. Mit viel Passion kombinieren Daft Punk ihren eigenen Stil mit dem klassischer Hollywood-Epen, Modernes mit Retro-Elektroklängen, zarte Streicher und kraftvolle Bläser mit verspielten sowie bombastischen Synthesizer-Sounds. Traurige, eiskalte Themen wechseln sich mit ehrfürchtigen Hymnen und kolossalen Actionstücken ab, werden von rasanten Club-Einlagen unterbrochen und klingen trotzdem wie aus einem Guss. «Tron: Legacy» ist eine akustische und emotionale Wundertüte mit einem durchweg erkennbaren, alles übergreifenden Motto.
Anspieltipps: «The Grid», «Recognizer», «Arena», «The Game Has Changed», «Adagio for Tron», «Fall», «C.L.U.» (und für Dance-Hörer: «Derezzed»)
27.12.2010 09:15 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/46678