Der (unrealistische) Traum von einem VIVA forever

Abschied nach 25 Jahren: VIVA soll Ende des Jahres eingestellt werden. Ein harter Kern von VIVA-Fans will das nicht einfach so hinnehmen und macht sich für einen Erhalt von VIVA stark. Doch bringen wird das nichts mehr ...

Der Musiksender VIVA ist am 1. Dezember 25 Jahre alt geworden und dieser 25. Geburtstag wird zugleich der letzte sein. Viacom will VIVA bekanntlich für ein 24-Stunden-Programm von Comedy Central opfern, bislang teilten sich beide Sender noch eine Frequenz. In den 25 Jahren VIVA ist freilich viel passiert. Anfangs war VIVA noch der Sender, in dem sich junge Nachwuchsmoderatoren austoben durften: Stefan Raab, Charlotte Roche, Oliver Pocher, Matthias Opdenhövel und so viele mehr haben einst mal bei VIVA als sogenannte Video-Jockeys (VJs) angefangen und den Sender über viele Jahre geprägt.

Später stand VIVA eher für nervige Klingeltonwerbung, Cartoons und untertitelte oder schlecht synchronisierte US-Shows, mehrere Kult-Formate wie «Interaktiv» oder «Club Rotation» fielen nach der Übernahme durch den US-Medienkonzern Viacom ab 2004 weg. Ab 2011 wurde VIVA zum Gemischtwarenladen, das den Wegfall des frei-empfangbaren MTV kompensieren sollte – bis MTV 2018 zurück ins Free-TV kehrte und VIVA nun also endgültig ins Aus katapultiert hat.

Immerhin: Zuletzt hat sich VIVA, das zuletzt nur noch zu unattraktiven Sendezeiten von 2 Uhr nachts bis 14 Uhr nachmittags senden durfte, tatsächlich wieder voll auf die Musik konzentriert und nichts außer Musikclips gespielt. Das wurde sogar teilweise mit soliden Quoten belohnt, im Zeitraum von 6 bis 14 Uhr wies VIVA in den vergangenen Monaten um die ein Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen aus. Wobei das auch nur die halbe Wahrheit ist: Betrachtet man nämlich den vollen Zeitraum von 2 bis 14 Uhr, erreichte VIVA hier jüngst lediglich 0,3 Prozent Marktanteil bei den Umworbenen. Doch selbst das ist noch mehr als das, was MTV derzeit erzielt. MTV krebste in den ersten Monaten miesen 0,1 Prozent herum und findet somit quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Im November gab es nur einen kleinen Aufschwung auf 0,2 Prozent.

Da wirkt es schon auf dem ersten Blick ein wenig merkwürdig an, dass Viacom jetzt ausgerechnet VIVA einstellen will und sich stärker auf MTV fokussieren will. Dieses Argument führen auch eine Hand voll VIVA-Fans an, die ihren Lieblingssender noch unbedingt vor dem Untergang retten wollen: „Wenn man schon sehr lange ein Zuschauer ist, den Sender also über Jahre hinweg nahezu täglich mehrere Stunden geschaut hat, hat man nach einiger Zeit eine persönliche Bindung zum Sender aufgebaut, so absurd das für manche klingen mag“, schreibt uns einer der Gründer der Online-Petition „Stellt unser VIVA nicht ein!“, die rund 600 Unterschriften (Stand: 02.12.2018) sammeln konnte. Über verschiedene soziale Netzwerke erreicht man laut eigenen Angaben weitere ca. 900 Menschen. Auch ehemalige Mitarbeiter und VJs von VIVA sollen sich darunter befinden. „Wir wissen, dass Viacom wieder auf seine Kernmarken konzentrieren will. In anderen Ländern gibt es neben MTV aber noch VH1. Warum sollte in Deutschland neben MTV dann kein Platz für VIVA sein?“

Bereits seit vielen Jahren wird das Programm von VIVA und MTV von denselben Menschen in unserem Team gestaltet, die sich gemeinsam um die Gestaltung, Musikauswahl, Sendekonzepte und natürlich um die Produktion von Shows wie den TOP 100 kümmern. Dieses Team konzentriert sich ab dem 1. Januar vollständig auf MTV und lässt dort natürlich auch die Erfahrungen von VIVA ins Programm einfließen. (MTV-Chef Giovanni Zamai & das Team von MTV und VIVA)
Auszug aus einem Antwortschreiben eines Petitionsbriefs von 'Stellt unser VIVA nicht ein!'
Bei Viacom ist man mit dieser nett gemeinten Aktion zwar durchaus aufgefallen, doch ändern wird all das nichts mehr. Die Devise heißt stattdessen: Konzentration auf weniger Sendermarken, diesen dafür aber umso mehr Aufmerksamkeit widmen. Als Teil eines internationalen Medienunternehmens würde es schließlich naheliegen, sich auf die weltweit erfolgreichen Marken zu konzentrieren, wozu neben Nickelodeon und Comedy Central eben auch MTV gehören würde.

In anderen Ländern ist man diesen Kurs übrigens schon längst gefahren und hat sich VIVA entledigt: In England wurde VIVA im Frühjahr durch MTV OMG („Obsessed with Music and Gossip“) ersetzt, im Oktober 2017 in Polen durch MTV Music sowie in Ungarn durch MTV Hits. Der deutsche Sender, mit dem 1993 alles begann, ist demnach als letztes dran.

Die Spice Girls werden demnach wohl nicht recht behalten. Aber wie singen Oasis doch so schön: Don’t Look Back In Anger.
06.12.2018 12:00 Uhr  •  Daniel Sallhoff Kurz-URL: qmde.de/105616