Die 10 besten Filme 2017

Ein Fahrer, der mit Affenzahn durch Atlanta braust. Affen, deren Lebenswillen beinahe gebrochen wird. Und die kunterbunte, kaputte Datingwelt Deutschland: Quotenmeter.de kürt die besten Filme des Jahres 2017 und streift dabei diverse Genres.

Über die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen des Jahres 2017 wird zweifelsohne noch lange Zeit gegrübelt. Das Filmjahr geriet dabei im öffentlichen Diskurs glatt ins Hintertreffen. Die Quotenmeter.de-Kinoexperten wollten es sich trotzdem nicht nehmen lassen, auf die vergangenen Filmmonate zurückzublicken und ihre Favoriten zu wählen. Die zehn folgenden Filme haben in den Augen unserer Kinovernarrten allesamt auf ihre jeweilige Art und Weise am stärksten geglänzt. Sei es durch pure Emotion, atemberaubendes Kunsthandwerk oder smartes Entertainment …

Platz 10: «Manchester by the Sea» (Regie: Kenneth Lonergan)
Ein wortkarger Eigenbrötler (Casey Affleck) muss sich aufgrund eines Todesfalls in der Familie um seinen Neffen (Lucas Hedges) kümmern. Da die Zwei nicht nur generell grundverschiedene Typen sind, sondern ganz besonders in der Verarbeitung von Tragödien vollkommen unterschiedliche Wege einschlagen, führt dies zu stressigen Monaten, die beide Männer zwischenzeitlich an den Rand der Verzweiflung treiben. Regisseur und Autor Kenneth Lonergan exerziert seine Motive der Trauerverarbeitung, Schuldzuweisung, Selbstmanipulation und Kommunikationstücken mit filigraner Beobachtungsgabe, fein dosiertem Humor und unpathetischer Dramatik. Hinzu kommen preiswürdige Performances von Affleck, Hedges sowie einer intensiv agierenden Michelle Williams, und schon präsentiert sich uns ein Drama, das trotz Überlänge und schwerer Grundthematik beeindruckend zugänglich und unterhaltsam geraten ist.

Platz 9: «Baby Driver» (Regie: Edgar Wright)
«Hot Fuzz»-Regisseur Edgar Wright knöpft sich die Genres des Autoactionkinos und Heist-Movies vor – und verwandelt sie mit großer Vergnüglichkeit und sensationellem technischen Handwerk in das uneheliche Kind von «La La Land» und «Mad Max: Fury Road»: Erzählt wird eine schlichte Story mit liebenswert überzeichneten Nebenrollen und einer ebenso nuancierten wie ikonografischen Hauptfigur (Ansel Elgort). Ein Fluchtwagenfahrer mit Tinnitus und gigantischem Musikfaible möchte das kriminelle Leben hinter sich lassen. Doch durch eine famose Schnitt-, Ton- und Kameraarbeit lernen die Bilder hier das Tanzen: Praktisch perfekt auf den ultracoolen Soundtrack abgestimmte Actionszenen verleihen dem Film ein immenses Tempo, eine faszinierende Eleganz und eine beneidenswerte Lässigkeit.

Platz 8: «A Cure for Wellness» (Regie: Gore Verbinski)
15 Jahre nach dem gefeierten Horrorfilm «Ring» kehrt «Fluch der Karibik»-Regisseur Gore Verbinski ins Schauerfach zurück – und liefert ein Kunstwerk ab: In makaber-betörenden Bildern und mit verschwörerisch-bezirzender Hintergrundmusik untermalt, zeichnet Verbinski einen Retropsychofilm, der mit deutlichen Signalen auf das Unvermeidliche hinsteuert. Und darin liegt die Faszination: Wie die Motte vom Licht angezogen wird und der überarbeitete Protagonist (Dane DeHaan) gegen jegliche Vernunft immer tiefer in ein wahnhaftes Schweizer Spa hinabsteigt, kann sich das geneigte Publikum nicht der Sehnsucht verwehren, die Schrecken bestätigt zu sehen, die es sich ausmalt. Ob das wirklich die Heilung vom banalen Alltag darstellt, die wir uns versprechen? Diese Frage schwingt in «A Cure for Wellness» subtil-bedrohlich mit – und im Gegensatz zu vielem anderen in diesem malerischen Filmabtraum gibt es hierfür keine klare Antwort. Das wäre dann doch zu einfach und beruhigend …

Platz 7: «Paddington 2» (Regie: Paul King)
Hier steppt der Bär nicht etwa, sondern schlichtet und erwärmt die Herzen seiner Umwelt: Paul Kings Fortsetzung seines Überraschungserfolgs aus dem Jahr 2014 nimmt die beliebte Kinderbuchfigur eines freundlichen, Dufflecoat tragenden und Orangenmarmelade liebenden Bären, und versetzt sie in ein knuffiges, aufmunterndes und liebenswürdiges Abenteuer. Mit einigen bildschönen inszenatorischen Einfällen versehen, macht King aus diesem Familienfilm über einen Buchdiebstahl ein Stück Kino, das aufgrund seines Kunsthandwerks auch das ältere Publikum um den Finger zu wickeln vermag.

Platz 6: «mother!» (Regie: Darren Aronofsky)
Nur wenige Filme spalteten 2017 ihr Publikum so sehr wie die jüngste Regiearbeit des «Black Swan»-Regisseurs Darren Aronofsky: Für manche öde und sinnbefreit, für andere unnötig provokant – und für einige ein passioniert umgesetztes, experimentelles und (wenn man sich denn mal drauf einlässt) dennoch zugängliches Thriller-Kammerspiel mit Hintersinn: «mother!» jagt Jennifer Lawrence durch eine metaphorisch aufgeladenes Streitstück, daslangsam brennt, um dann geradezu in Form einer Sinnesattacke zu explodieren.

Platz 5: «Einsamkeit und Sex und Mitleid» (Regie: Lars Montag)
Für die Quotenmeter.de-Kinoredaktion gab es 2017 keinen besseren deutschen Film als das Leinwanddebüt des mehrfachen «Tatort»-Regisseurs Lars Montag: «Einsamkeit und Sex und Mitleid» ist wahrlich kein Film, den jedermann in den richtigen Hals kriegen wird – aber einer, der niemandem zu intensiv empfohlen werden kann. Denn es wäre eine Schande, diese gewieft-provokante Satire auf das selbstgefällige deutsche Arthouse-Kino und die hochneurotische deutsche Flirtkultur im frühen 21. Jahrhundert zu versäumen. Unerschrocken, doppelbödig, in poetisch-farbintensive Bilder getaucht und bei aller genussvollen Gemeinheit noch immer einfühlsamer und gefühlsechter als die meisten "normalen" Dramödien über den alltäglichen Beziehungswahnsinn. Ein absolutes Muss für alle, die sich mal wieder was trauen wollen!

Platz 4: «Blade Runner 2049» (Regie: Denis Villeneuve)
Hypnotisierende Bilder, eine ungeheuerlich gelassene Erzählweise, überaus atmosphärische Hintergrundmusik und ein so minimalistisch agierender, aber so aussagekräftiger Ryan Gosling in der Hauptrolle: «Sicario»-Regisseur Denis Villeneuve nimmt den Sci-Fi-Klassiker «Blade Runner», potenziert seine Stimmung um ein Vielfaches und erschafft mit «Blade Runner 2049» einen entschleunigten Zukunftskrimi über Liebe, Menschlichkeit und trügerische "Wahrheiten".

Platz 3: «Planet der Affen – Survival» (Regie: Matt Reeves)
Ein drittes Mal steht der von Andy Serkis (Gollum in den «Der Herr der Ringe Filmen») via Motion Capturing verkörperte, hochintelligente Schimpanse Caesar im Mittelpunkt eines Effektblockbusters, der deutlich geistreicher ist, als diverse Genrekollegen: Regisseur Matt Reeves nimmt eine Prämisse, die auch für einen hohlen Mensch-gegen-Affe-Actioner hätte herhalten können, und formt daraus eine erschreckend berührende Geschichte über Vergeltung, Verrat und verlorene Hoffnung. Die Effekte sind so überzeugend, dass sie nach wenigen Filmminuten nicht weiter nach Beachtung schreien, die Gefühle der handelnden Figuren sind tiefgreifend und glaubwürdig, und Michael Giacchinos traurig-eingängiger Score rundet dieses überraschende Popcornkinopaket formidabel um: Das hier ist ganz großes Schauspielkino in einem hoch aufwändigen Spezialeffektkleid.

Platz 2: «Sieben Minuten nach Mitternacht» (Regie: Juan Antonio Bayona)
Nach «Manchester by the Sea» der zweite Film über Trauerverarbeitung in unserer Jahresbestenliste: «Sieben Minuten nach Mitternacht» handelt von einem Jungen, der mit dem nahenden Krebstod seiner Mutter konfrontiert wird und beim Umgang mit diesem schweren Thema Hilfe von einem monströsen, sprechenden Baum erhält. Begleitet von liebevollen Animationssequenzen in Aquarellästhetik und mit einer kraftvollen Darbietung von Jungdarsteller Lewis MacDougall sowie nuancierten Performances von Sigourney Weaver und Felicity Jones aufwartend legt es dieses Drama darauf an, seinem Publikum das Herz zu brechen – und das auf heilsame Weise.

Platz 1: «La La Land» (Regie: Damien Chazelle)
Traumhafte Farben, eine Parade an Ohrwürmen und mittendrin ein herzzerreißendes Leinwandpaar: Emma Stone und Ryan Gosling verzaubern in diesem nostalgischen, und dennoch zeitgemäßen Musical, das die perfektionistisch-künstlichen MGM-Musicals von einst genauso sehr liebt wie die emotional aufgekratzte französische Filmepoche Nouvelle Vague. «Whiplash»-Regisseur Damien Chazelle ignoriert bei aller Leinwandnostalgie nicht die modernen Seh- und Hörgewohnheiten, und so beschert er sein Publikum mit einem kleinen, feinen Filmwunder, das vor Energie nur so platzt und dennoch einen zurückhaltenden, melancholischen Nachhall aufweist. Herrlich, einfach nur herrlich!

Ehrennennungen: Denkbar knapp versäumten das Coming-of-Age-und-Coming-out-Drama «Moonlight» sowie das intelligente, nervenaufreibende Jackie-Kennedy-Biopic «Jackie» den Einzug in unsere Top Ten. Das altmodische Abenteuer «Die versunkene Stadt Z» und der satirische, gesellschaftskritische Horrorfilm «Get Out» hätten es ebenfalls beinahe in die Kollektivliste geschafft.

Und mit diesen höchst empfehlenswerten Filmen im Sinn wünscht Quotenmeter.de seiner kompletten Leserschaft frohe Festtage!
24.12.2017 13:13 Uhr  •  Sidney Schering, Antje Wessels und Gast-Juror Dominik Porschen Kurz-URL: qmde.de/97959