NBC kriegt die Krise...

Das neue NBC-Drama «Crisis» macht auf den First Look keinen sonderlich guten Eindruck. Eine Rezension.

Staff von «Crisis»

  • Produktion: 20th Century Fox Television, Ravich-Shariat Productions
  • Schöpfer: Rand Ravich
  • Darsteller: Dermot Mulroney, Rachael Taylor, Lance Gross, James Lafferty, Max Martini, Michael Beach, Stevie Lynn Jones
  • Executive Producers: Rand Ravich, Philip Noyce und Far Shariat
Es gibt viele gute Serien, die sich mit der Frage befassen, was denn so wäre, wenn einmal das Unfassbare passiert. «Homeland» ist so ein Beispiel, «24», «Jericho» – oder im letzten Herbst auch der CBS-Flop «Hostages» mit Toni Collette und Dylan McDermott.

In «Crisis» (amüsanterweise mit Dylan McDermotts Beinahe-Namensvetter Dermot Mulroney in einer der Hauptrollen) werden zwar weder Atombomben gezündet noch der Präsident erschossen – bisher zumindest. Dennoch passiert im Piloten Entsetzliches, Unvorhersehbares, das Unfassbare: Sämtliche Insassen eines gecharterten Schulbusses werden von dubiosen Söldnern gekidnappt. Doch diese High-School-Kids sind keine Otto-Normal-Public-School-Schüler, sondern die Kinder der Elite der Vereinigten Staaten. Der Sohn des Präsidenten ist einer von ihnen; ebenso dabei sind die Sprösslinge von Geschäftsführern multinationaler Milliarden-Dollar Konzerne, hochrangigen Militärs und Spitzenpolitikern.

FBI, CIA und der (von den Tätern durchsetzte?) Secret Service setzen alle Hebel in Bewegung, um die entführten Kinder schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen. Doch was die Polizei- und Geheimdienstbehörden nicht wissen: Der Architekt der Geiselnahme ist Francis Gibson (Dermot Mulroney), ein brillanter, im Einsatz aber völlig untauglicher ehemaliger CIA-Agent, der sich – soweit zumindest der Kenntnisstand nach den ersten beiden Folgen – an Amerika dafür rächen will, dass ihm nach einem missglückten Einsatz die Schuld in die Schuhe geschoben worden ist.

Doch anders als in einer Tour de Force wie «Homeland» fasst «Crisis» den sicherheitspolitischen Supergau nicht als Ausgangspunkt für eine Diskussion über Staatsraison und aktuelle inner- wie intergesellschaftliche Friktionen auf, sondern will handlungszentrischer bleiben, psychologisch (deutlich) einfacher, strukturell weniger komplex – und eben auch deutlich weniger intelligent.

Nicht selten will man inmitten all des actiongeladenen Boheis gar einen Touch soapig werden. Dem in die Hände spielen die zahlreichen Figuren der allenfalls seit kurzem postpubertären Teenager, denen in dieser Extremsituation als Geiseln professioneller Entführer ausschließlich stereotype Rollenkonstrukte und Handlungsmuster zugedacht werden. Der Hunk, der gerne Grenzen austestet; die hübsche Vermittlerin, die die Schwächeren an der Hand nimmt; und der kleine dicke Junge, der nicht sonderlich schnell rennen kann, aber intellektuell einiges auf der Pfanne hat. Das ginge differenzierter.

Deutlich hinter den Möglichkeiten der dramaturgischen Grundsituation bleibt auch der folgenübergreifende Plot, die Frage nach den Motiven der Entführer, zurück – denn die scheinen mittlerweile tatsächlich zu einem beträchtlichen Anteil darauf hinauszulaufen, dass ein von der Regierung verstoßener Ex-CIA-Mann Rache an der Elite nimmt, zu der er einmal gehört hat. Dafür macht Mulroneys Francis Gibson sogar für Psychopathenverhältnisse ein ziemlich großes Fass auf. Und die Autoren hätten gut daran getan, diese Ebene mit etwas handfesteren Motiven zu unterfüttern.

In «Crisis» scheint also der Name Programm zu sein. Eine Besserung, hin zu einer größeren erzählerischen Schärfe, ist auch nicht zu erwarten. Im Gegenteil. Bei den aktuellen Quoten wird sich ein Schrecken mit Ende für NBC wohl als das gangbarste Szenario erweisen.
29.03.2014 12:40 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/69792