Der Fernsehfriedhof: Kein Wunder von Bern

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Heute: Sönke Wortmanns erfolglose Fußball-Serie.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir einem weiteren Versuch das Thema Fußball zum Gegenstand einer Fernsehserie zu machen.

«Freunde für immer – Das Leben ist rund» wurde am 02. Mai 2006 in Sat.1 geboren und entstand somit kurz vor der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land. Rund ein Jahr vor dem Turnier versuchte RTL erfolglos mit seiner Serie «Das geheime Leben der Spielerfrauen» vor allem das weibliche Publikum für die fiktiven Geschichten rund um das Leder zu begeistern. Sat.1 konzentrierte sich dann eher auf die Leidenschaft des Spiels und rückte die Fußballer wieder in den Fokus.

Im Zentrum der Adaption der niederländischen Serie «All Stars» standen sieben Männer, die sich bereits aus den Kindertagen kannten und sich im Laufe der Zeit auseinanderentwickelt haben. Sie verband nur noch die gemeinsame Liebe zum Fußball. Dieser Liebe gingen sie auch nach über 20 Jahren noch immer gemeinsam auf dem Platz nach. Allerdings mittlerweile nicht mehr in einer offiziellen Liga, sondern lediglich als Freizeitkicker in der sogenannten „Bunten Liga“. Tätowierte Hardrocker oder die satanischen Fersen - ihre Gegner waren ebenso skurrile Truppen wie sie selbst. Trotz übermächtiger Widersacher, mangelndem Talent, ahnungslosen Schiedsrichtern, Familienchaos und zwischenmenschlichen Dramen zählte für die Freunde nur ein Ziel: Die Meisterschaft der „Bunten Liga“.

Als Darsteller entschieden sich die Macher ausschließlich für unbekannte Gesichter, von denen auch nach dem Ende der Serie kaum jemand in anderen Produktionen mitspielte. Komplettiert wurde das Stamm-Ensemble mit Gastauftritten von Peter Lohmeyer und Christoph Maria Herbst sowie den Fußballern Robert Huth und Toni Schumacher. Die Begegnungen wurden hauptsächlich auf dem Platz des BSV Wissersheim bei Köln gefilmt.

Die Zeichen für die neue Fußballserie standen gut, vor allem, weil Sönke Wortmann als Produzent, Co-Autor und Regisseur maßgeblich an ihr beteiligt war. Wortmann hatte mit «Das Wunder von Bern» einen erfolgreichen Kinofilm zum Thema abgeliefert, der zudem wenige Tage vor dem Start der Serie als Free-TV-Premiere mit knapp sechs Millionen Zuschauern und 27 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe hervorragende Quoten erreichte.

Nicht nur der Gegenstand, sondern auch der Look der Serie erinnerte stark an Wortmanns Kinoerfolg - operierte jedoch abseits der offiziellen Ligen auf einem ganz anderen, charmanteren Level. Die ironische und liebevolle Produktion wurde von den Kritikern bereits vor dem Start hoch gelobt und war der RTL-Serie inhaltlich und ästhetisch überlegen. Wortmann selbst äußerte sich in einem Interview über die «Spielerfrauen»: „Nach der ersten Folge wusste ich, wie ich es nicht machen sollte.“ Er glaubte so sehr an den Erfolg seines Projektes, dass er sogar schon vor der Ausstrahlung der ersten Staffel die Drehbücher für eine zweite in Auftrag gab. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Trotz Wortmanns Prominenz, der allgemeinen Fußballhysterie und der Zugkraft des «Wunder von Berns» wurde die Serie zu einem Flop. Schon die erste Ausgabe sahen am Dienstagabend um 22.15 Uhr nur 1,25 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil in der Zielgruppe blieb mit 9,5 Prozent im einstelligen Bereich. Da der Wert bei der zweiten Ausgabe auf acht Prozent fiel, wurde das Format ab der dritten Folge auf einen späteren Sendeplatz am Montagabend verlegt. Dort tat sich die Serie mit Marktanteilen um fünf Prozent noch schwerer. Selbst die Ausstrahlung der letzten Episoden während der Weltmeisterschaft brachten keine Wende, sodass das ambitionierte Vorhaben nicht verlängert wurde. Ironischerweise war die wesentlich schlechtere RTL-Serie letztendlich bedeutend erfolgreicher.

«Freunde für immer – Das Leben ist rund» wurde am 19. Juni 2006 beerdigt und erreichte ein Alter von sieben Folgen. Die Serie hinterließ den Regisseur Sönke Wortmann, der während der WM 2006 den offiziellen Dokumentarfilm des DFBs drehte und mit ihm unter dem Titel «Deutschland – Ein Sommermärchen» den größten Erfolg seiner Karriere landen konnte.

Möge die Serie in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer legendären Fußballserie für Kinder.
24.06.2010 09:20 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/42804