Immer mehr große Unternehmen in der Filmindustrie planen auf kurz oder lang den Schritt in die lukrative Streaming-Welt zu wagen. Wie wird der Branchenprimus Netflix damit umgehen und wie groß ist der Druck auf die Plattform wirklich? Steht uns ein Overkill der Streaming-Dienste bevor?
Der Großteil aller Filme und Serien auf dem US-Markt werden nur von einer Hand voll Studios in Auftrag gegeben. Über 80 Prozent aller Kino-Einspielergebnisse in den USA 2017 wurden von den sechs wichtigsten Filmstudios, Disney, Warner Bros., Sony, Paramount und Universal, generiert. Selbst manche Produktionen, die unter dem Titel „Netflix Originale“ laufen, stammen aus den Federn dieser Studios, so zum Beispiel «The Crown» von Sony Pictures Entertainment oder «Tote Mädchen lügen nicht» von Paramount Pictures. Bisher konnten die führenden Streaming-Anbieter immer auf die Produktionen der großen Studios für ihr Sortiment zählen. Das könnte sich aber schon bald ändern.
Jüngst beendete Disney die Zusammenarbeit mit Netflix. Es werden also keine neuen Filme und Serien mehr an Netflix ausgeliehen. Bedeutet für den Nutzer: Kein «Star Wars», Marvel oder Pixar mehr auf Netflix und da Disney auch bereits 21st Century Fox für über 70 Milliarden US-Dollar unter sich vereinigen konnte, werden Produktionen, wie «Avatar», «Titanic» oder «Die Simpsons» hier auch nicht zu sehen sein. Außerdem kündigte Disney-CEO Bob Iger den eigenen Streaming-Dienst Disney+ für Ende 2019 an. Disney+ will vor allem mit Qualität statt Quantität punkten; ein Kritikpunkt, den viele User der Entwicklung von Netflix für die breite Masse in vergangenen Zeit vermehrt vorwerfen. Inhalte aller großen Marken, die sich mittlerweile im Besitz von Disney befinden, sollen auf kurz oder lang Teil des Angebots werden. Auch eigenen Produktionen wie beispielsweise eine neue Staffel «Star Wars: The Clone Wars» sind bereits angekündigt. Ein weiterer Vorteil mit dem Disney+ die etablierte Konkurrenz ausstechen will: Das Streaming-Portal soll monatlich deutlich weniger als Netflix und Co. kosten.
Bleibt streng genommen noch ein großes Studio für Netflix: Universal. Dieses untersteht Mutterkonzern Comcast, welcher vor kurzem erst Sky aufgekauft hat (mehr dazu). Eigentlich ebenfalls ein direkter Konkurrent von Netflix. Doch erst vor kurzem haben Sky und Netflix eine engere Zusammenarbeit verkündet und ab dem 15. November 2018 haben Sky-Kunden über das Angebot „Entertainment Plus“ die Möglichkeit Netflix dazu zu buchen. Auch wer schon ein separates Netflix-Abo hat, kann dieses nun mit dem Sky-Abo verbinden (mehr dazu).
Alles in allem steht uns also eine große Aufteilung der Angebote in der Streaming-Landschaft bevor. Man muss selektieren, welche Plattform für den eigenen Geschmack das richtige ist oder man holt sich einfach Abonnements für jeden einzelnen Dienst, um Nichts zu verpassen. Dafür wird man allerdings immer tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Entwicklung erinnert ein bisschen an die Fußballwelt: Hier muss man für ein vollkommenes Sporterlebnis auch einige Dienste, wie Sky, DAZN oder Eurosport-Player, abonnieren. Es bleibt also abzuwarten, ob sich der riesige Haufen an VoD-Diensten wirklich etablieren kann oder ob die ein oder andere groß angekündigte Plattform auch schnell wieder von der Bildfläche verschwindet. Netflix jedenfalls ist der Vorsprung und die bereits gewaltige Anhängerschaft nur schwer zu nehmen und der Anbieter wappnet sich bereits gegen die aufkommende Konkurrenz. Der Fokus liegt auf Eigenproduktion: Im Oktober kaufte man das erste Produktionsstudio in den USA…