DAZN-Producer Florian Gogel: „Wollen der Europa League genauso viel Liebe schenken wie der Champions League“

Für DAZN beginnt das Abenteuer Champions- und Europa League. Wir haben Florian Gogel getroffen, der für beide Wettbewerbe zuständig ist. Wie stellt er sich die DAZN-Übertragungen vor? Wie plant DAZN die große Zwölfer-Konferenz in der Europa League und welche Herausforderung ist es für den Streaming-Dienst, erstmals auch das Weltsignal bei einigen Matches herzustellen?

Zur Person: Flo Gogel

Florian Gogel arbeitet seit Frühjahr für DAZN und ist für die Produktion der Sendungen zur Champions- und Europa League verantwortlich. Gogel kommt von FC Bayern.TV, wo er Redaktionsleiter war. Zudem arbeitete er fast acht Jahre für Servus TV, unter anderem an der «Servus Hockey Night».
Herr Gogel, lassen Sie uns dieses Gespräch thematisch mit der Europa League beginnen. Nitro hat die Rechte am Topspiel eines jeden Spieltags. Alle 205 Spiele laufen bei DAZN. Wie sehen Ihre Pläne für den Wettbewerb aus?
Unser Grundsatz ist: Wir wollen der Europa League genauso viel Liebe schenken wie der Champions League. In der Vergangenheit ist der Wettbewerb in Deutschland vielleicht ein bisschen zu kurz gekommen. Für DAZN ist die Europa League genauso wichtig wie die Champions League. Inhaltlich werden wir den Fokus natürlich auf Spiele mit deutscher und österreichischer Beteiligung legen. Partiell werden wir mit Personal in den Stadien vor Ort sein.

Lesen Sie hier: So haben Sky und DAZN die Champions League Spiele aufgeteilt


Das heißt genau?
Wir müssen die exakten Konstellationen in den Gruppen abwarten, um das ganz genau sagen zu können. Wir schauen uns an, welche Spiele Puls 4 und Nitro auswählen. Was schon feststeht: Bei allen Spielen mit deutscher und österreichischer Beteiligung haben wir mindestens einen Reporter im Stadion, der für uns Fragen stellt und O-Töne einholt. Es gibt auch Spiele, bei denen wir das World Feed produzieren dürfen, bei denen sind wir dann mit der ganzen Mannschaft im Stadion.

DAZN legt seinen Fokus bisher bei Fußball-Spielen auf die Halbzeitpause, wo man 13, 14 Minuten Zeit hat um inhaltlich zu arbeiten. Wie sieht die Halbzeit bei der Europa League aus?
Sie wird anders werden als bei Sky – logisch. Bei Sky ist es ja so, dass man alle Einzelfeeds zusammenführt und dann die Studioshow auf allen Einzelfeeds zeigt. Wir geben jedem Feed eine eigene Halbzeitshow, die jedoch unterschiedlich aussehen wird. Spiele, die große Aufmerksamkeit genießen, haben einen eigenen Moderator und Experten. Auf anderen Feeds laufen Trailer oder Zusammenfassungen. Das entschieden wir von Spiel zu Spiel. Es wird je nach Spiel eine unterschiedliche Aufarbeitung geben.

Ich möchte, dass die Europa League optisch genauso gut aussieht wie die Champions League.
Flo Gogel, DAZN-Producer für CL und EL
Anders als in der Champions League wird DAZN bei deutschen Europa League-Spielen, die hierzulande stattfinden und nicht von Nitro gewählt werden, auch das Weltbild herstellen. Das kann man auf verschiedene Art und Weise machen. Sie haben früher mal bei Servus TV gearbeitet, wo der Eishockeysport mit zahlreichen Innovationen bedacht wurde. Die RTL-Gruppe setzt viel auf neue Technologien, um einen besonderen Look zu erzeugen. Aber man kann so ein Spiel natürlich auch mit zehn Kameras ordentlich einfangen.
Richtig. Wir müssen hier unterscheiden. Sind wir bei einem Spiel der Gruppenphase oder im Halbfinale? Es gibt von der UEFA aus bestimmte Richtlinien, wie so ein World Feed produziert sein muss. Ich kann schon sagen, dass je nach Wettbewerbsverlauf die von Ihnen erwähnten zehn Kameras nicht ausreichen. Grundsätzlich hat DAZN ein großes Interesse, dass wir einen eigenen Look entwickeln und unsere Ideen einbringen. Die UEFA ist da sehr aufgeschlossen, da auch sie ein großes Interesse hat, dass wir innovativ vorgehen. Es gibt also die Möglichkeit, mit eigenen DAZN-Kameras zu arbeiten. Sehen Sie: Die Perform-Group, die hinter DAZN steht, hat eine immense Erfahrung im Herstellen von World Feeds. Es ist nichts Neues für uns, das zu machen. Ich möchte, dass die Europa League optisch genauso gut aussieht wie die Champions League. Für Details ist es noch zu früh – aber es gibt gute Ideen, die im Laufe der Saison sichtbar werden.

Wir sprechen von 24 Spielen pro Donnerstag, zwölf um 18.55 Uhr, zwölf um 21 Uhr. Wie wird Ihre Highlight-Berichterstattung aussehen?
Es wird nicht, wie von Sky bekannt, «Alle Spiele, alle Tore» als lineare Show geben und der Fan muss also nicht 90 Minuten warten, bis „sein Team“ drankommt. Wir bieten zu jedem Spiel Highlights auf Abruf an. Grundsätzlich kommentieren wir zu jeder Anstoßzeit etwa sechs Spiele auf deutsch. Die sechs weiteren laufen mit internationalem Kommentar.

Es wird einen Moderator geben, etwa Tobi Wahnschaffe oder Alex Schlüter, die zu den sechs Einzelspiel-Kommentatoren schalten und sich immer da einklinken, wo es spannend ist. Darüberhinaus wollen wir – wenn in diesen Spielen mal weniger passiert – den Moderator auch Highlights der sechs weiteren Spiele en bloc präsentieren lassen.
Flo Gogel, DAZN-Producer für CL und EL
Und Sie bieten eine Konferenz im Red-Zone-Stil an.
Genau. Es wird einen Moderator geben, etwa Tobi Wahnschaffe oder Alex Schlüter, die zu den sechs Einzelspiel-Kommentatoren schalten und sich immer da einklinken, wo es spannend ist. Darüber hinaus wollen wir – wenn in diesen Spielen mal weniger passiert – den Moderator auch Highlights der sechs weiteren Spiele en bloc präsentieren lassen. Das soll dann ein kleiner Abriss werden, was auf diesen Plätzen passiert ist. Ob wir es schaffen, jedes Tor live zu zeigen, will ich nicht versprechen. Fallen in einer Halbzeit 48 Tore, könnte das schwierig werden (lacht). Aber wir versuchen einen optimalen Überblick hinzubekommen.

Lesen Sie auf der kommenden Seite: So zeigt DAZN die Champions League.


DAZN ist für Fans gemacht, also sollen Fans auch bei unseren Übertragungen eine wichtige Rolle spielen.
Flo Gogel, DAZN-Producer für CL und EL
Wie sieht die besondere DAZN-Idee der Topspiele der Champions League aus? In der Vorrunde werden Sie ja zwölf deutsche Spiele exklusiv in voller Länge ausstrahlen?
Wir werden an jedem Abend ein Spiel zum Topspiel machen. Das wird oft das deutsche Spiel sein, kann aber auch mal Barcelona gegen Juve sein. Wir sind der Platz, an dem alle europäischen Ligen zu Hause sind – daher halten wir die Augen auch immer nach solchen Hits offen. Wenn wir also Barcelona gegen Juve zum Topspiel machen, dann sind im Camp Nou ein Moderator, ein Kommentator, ein Experte und zwei Field Reporter vertreten. Wir bieten schon Stunden und Tage vorher Interviews, Statistiken und Beiträge auf Abruf und starten 15 Minuten vor Anpfiff mit dem Vorlauf aus dem Stadion. Wir können zu unserem Field-Reporter auf dem Rasen geben oder zu unserem Reporter vor dem Stadion. Wir sind da mit einer Steady-Cam unterwegs und wollen die Sichtweise der Fans einfangen. Wie ist die Stimmung vor den Toren, draußen in der Stadt? DAZN ist für Fans gemacht, also sollen Fans auch bei unseren Übertragungen eine wichtige Rolle spielen. Und natürlich sorgen unser Kommentator und der Experte für eine taktische Einschätzung.

DAZN hat die Sportberichterstattung schon verändert – Moderationen aus dem Off gab es vorher eigentlich nicht. Dass Sie jetzt bei der Champions League recht klassisch ins Stadion gehen ist als Annäherung an den Mainstream-Fan zu verstehen?
Jein. Unsere Übertragungen werden sich auch weiterhin deutlich abheben. Schon früh war uns klar, dass wir kein Studio haben wollen. Studios wirken leicht steril. Natürlich haben sie auch Vorteile und ich finde, dass Sky einen guten Job macht, aber wir wollen ganz nah dran sein. Wir wollen die Leute anders abholen. Daher gibt es bei uns auch nur einen kurzen und schnellen Vorlauf und dann soll der Ball rollen.

Das führt mich zur Frage: Wie viel Wert legt der junge Sportfan den eigentlich auf die Rahmenberichte? Hält er diese für langweiliges Gelaber?
Es wird bei uns keine lineare Pre-Show geben, sondern eine kurze Einstimmung. Ich glaube, dass das eine seriöse Berichterstattung nicht ausschließt. Wir wählen eine andere Form. Wenn wir schon zwei Tage vorher Interviews und Analysen anbieten, hat der Fan den Vorteil, dass er sich diese anschauen kann, wenn er mag und wann er mag.

Sie haben mit Marco Hagemann, Jan Platte und Uli Hebel drei Haupt-Kommentatoren für die großen Spiele ausgesucht. Wieso setzen auf diesen festen Pool und ziehen damit ja quasi auch eine Schranke für weitere Talente?
Zunächst einmal: Natürlich sind bei uns auch weitere Stimmen bei den Spielen der Champions und Europa League zu hören. Aber es ist jetzt unsere Aufgabe, DAZN-Gesichter zu entwickeln. Ich bin als Zuschauer auch kein Fan davon, wenn ich bei einem Sender jedes Mal jemand anderen sehe oder höre. Wir gehen also mit ein paar unserer Leute vorneweg. Ich sehe das sogar als positiv für unsere „Young Guns“ an. Sie sehen, was bei uns möglich ist, wenn man gute Leistung bringt. Unser Champions- und Europa-League-Team besteht großteils aus eigenen Talenten. Wer also heute gute Arbeit liefert von unseren Jungen, der wird vielleicht in der nächsten Saison die Champions League im Stadion präsentieren. Das ist eine ungeheure Motivation.

Zum Abschluss eine sportliche Frage: 17/18 war kein gutes Jahr für deutsche Mannschaften in Champions- und Europa League. Sehen Sie eine ähnliche Flaute nun auch in der kommenden Saison?
Nein. Ich habe eigentlich ein gutes Gefühl. So früh in der Saison muss man mit Prognosen immer vorsichtig sein. Ich wünsche mir natürlich, dass die deutschen Mannschaften weit kommen. Es täte der Bundesliga gut. Ich traue dem FC Bayern in der Champions League viel zu. Ich bin sehr gespannt auf den BVB unter Lucien Favre. Gut vorstellbar, dass drei oder vier deutsche Mannschaften lange international dabei sind. Ich sehe die Bundesliga nämlich nicht so weit von den anderen europäischen Ligen weg wie es manche momentan sagen. Klar ist aber auch: Die Premier League ist schon eine Liga für sich…

Danke für das Gespräch.
04.09.2018 12:00 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/103495