Popcorn und Rollenwechsel: Im Kino ist es erfrischend, kapiert das doch endlich!

Es ist eines der ungelösten Rätsel der Bundesrepublik: Wieso scheuen Deutsche im Sommer das kühle Kino, bloß um sich ununterbrochen über die Temperaturen draußen zu beschweren?

Es gibt allerhand verwunderliche Eigenheiten an Deutschland. Das sollte kein Geheimnis sein und es sollte auch keinen Affront darstellen, das auszusprechen. Jede Nation hat so ihre kuriosen Macken. Aber eine Macke an der Bundesrepublik verwundert mich als Kinoliebhaber Jahr für Jahr mit einer besonderen Intensität: Wieso zum Geier meiden Durchschnittsdeutsche im Sommer das Kino wie der Teufel das Weihwasser?

Jedes verfluchte Jahr passiert in den heißen Monaten dasselbe: Die Kinos melden Woche für Woche deprimierende Zahlen, und erst, wenn die Temperaturen deutlich abkühlen und es Bäche regnet, steigen die Besucherzahlen wieder. Und ich frage mich nur: Warum?

Leute, kein Grund, entgeisterte Kommentare zu schreiben oder diese Kolumne kopfschüttelnd wegzuklicken. Ich bin ja nicht weltfremd. Ich verstehe, wieso es bei den ersten Sonnenstrahlen nach einigen verregneten, diesigen oder schlicht kühlen Tagen ins Warme lockt. Ab in den Park, den eigenen Garten, den Biergarten oder, oder, oder: Wenn nach langen Wochen des Stubenhockens der freie Himmel mit warmen Sonnenstrahlen ruft, ist das Kino verständlicherweise nur für absolut Filmverrückte attraktiv. Aber vom "Oh, endlich Sonne"-Phänomen spreche ich nicht.

Ich spreche davon, dass es seit Wochen supersonnig ist und es daher für viele Menschen nur noch ein Thema gibt: Ganz gleich wo ich hingehe, ganz egal, ob ich Freunden, Bekannten oder Fremden begegne, stets heißt es nur noch "Boah, ist das heiß!", "Also, diese Hitze ist auch kein Spaß mehr …" oder "Unerträglich, oder? Diese Temperaturen!" Das Klagen darüber, es sei viel zu warm, hat in Deutschland (wie schon in den vergangenen Jahren) vorübergehend das freundliche "Hallo" als Standardbegrüßungsformel abgelöst. Und was machen wir hier in Deutschland, wenn wir uns wochenlang über das Klima beklagen?

Wir sitzen schwitzend in unserem Garten, schmelzen auf der Terrasse von Freunden dahin, brüten in unseren Wohnzimmern vor uns hin und warten darauf, gleich meckernd an der warmen Luft Sport zu treiben, sobald es "ein klein wenig kühler" wird. Wir gehen ans Baggerloch oder ins Freibad und verbringen dort mehr Zeit außerhalb des Wassers, um uns ächzend und stöhnend von der Sonne grillen zu lassen, statt damit, uns im Wasser abzukühlen, "weil es viel zu voll ist, und, ist eh langweilig, ich war hier letztens erst."

Deutsche. Wir stellen uns im Sommer neben einen Grill und sitzen an der stickig-warmen Luft und meckern, dass es doch endlich kühl werden sollte – und planen währenddessen schon den nächsten Grillabend. Wir maulen im Sommer über das Sommerwetter und machen dennoch alles in unserer Macht stehende, um uns möglichst lange diesem Wetter auszusetzen. Während die schattigen, meist vollklimatisierten Kinos, in denen es kühle Getränke und oft auch Eis zu kaufen gibt, nahezu leerstehen. Wenn dann mal jemand wie ich die nächstbeste Wetterbeklagerei mit einem "Ja, warum gehst du dann nicht ins Kino?" beantwortet, wird das mit ungläubigen, ja schockierten Blicken entlohnt. Kaum frage ich eine Hitzehasserin, wieso sie sich nicht im Kino abkühlt, bekomme ich einen Blick verpasst, als würde ich sie fragen, warum sie sich nicht in einen voll aufgedrehten Backofen verkriecht.

Sommerleidende dieses Landes, hört mich: Im. Kino. Ist. Es. Kühl! Und dann ist da im Sommer auch noch verdammt wenig los. Also: Geht. Doch. Einfach. Ins. Kino! Momentan gibt’s für jeden Geschmack was zu sehen! Hört also endlich mit eurem masochistischen Schauspiel auf, andauernd übers Wetter zu klagen und dennoch nur Aktivitäten zu planen, bei denen ihr mit warmen Temperaturen konfrontiert werdet. Ab ins Kino, verflixt und zugenäht!
06.08.2018 10:10 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/102823