«Magda macht das schon!»: Lebensbejahend unterhaltsam

Die RTL-Sitcom kommt beim Publikum ziemlich gut an – wir versuchen, den Erfolg zu erklären.

Nice to know...

...wurde die erste Staffel von «Magda macht das schon» noch in einer Originalkulisse gedreht, ging es für die zweite Staffel (diesmal 14 Folgen) in ein Studio. Hauptdarstellerin Verena Altenberger sagt, der Unterschied sei kaum zu merken. "In diesem Studio wurde gezaubert! Hätte man mich mit verbundenen Augen hineingeführt, ich hätte lange nicht bemerkt, dass wir gar nicht im ´Originalhaus´ stehen! Alles ist perfekt nachgebaut, bis hin zu den obskuren Gegenständen, die man überall im Hause Holtkamp finden kann und den gelegentlichen Staubflusen, die Magda dann immer schnell beseitigt." Zudem verspricht die Darstellerin für die neuen Folgen: „Waltraud und Magda kennen sich nun noch besser, was ihre Schlagabtäusche noch perfider macht. Und sie können aufeinander zählen, wenn Waltraud Magda braucht, ist sie zur Stelle und auch Waltraud hilft Magda, als diese einmal in Not gerät. Und zusammen coachen sie Conny, als diese eine neue Portion Selbstvertrauen und geballte Frauenpower braucht.“
Wie viele polnische Frauen in deutschen Haushalten tatsächlich leben und arbeiten, ist schwer zu beziffern. Feststeht, dass es zehn- wenn nicht sogar hunderttausende sein dürften. Sie kommen zumeist als Altenpflegerinnen ins Land und retten das angespannte deutsche Pflegesystem vor dem vollkommenen Kollaps.

Dass das Engagieren von „Polinnen“ – wie es in der Alltagssprache oft und gerne heißt – unter gegebenen Umständen keine gute Lösung ist, liegt auf der Hand. Die Arbeitsbedingungen für die Frauen sind oftmals zweifelhaft und wohl nicht selten in rechtlichen Grauzonen. Und wenngleich Medien und Politik immer wieder den Pflegenotstand ausrufen, so bleibt er gerade für viele Jüngere doch ein eher abstraktes Thema.

Diesem abstrakten und gewiss auch schwierigen Thema hat sich im letzten Jahr ausgerechnet RTL angenommen. Mit seiner Sitcom «Magda macht das schon!» erzählt der Kölner Privatsender die Geschichte einer polnischen Altenpflegerin. Dass die Produktion gut beim Publikum ankommt, beweisen die Quoten. Im letzten Jahr schauten zeitweise mehr als vier Millionen Menschen zu. Und auch wenn die zweite Staffel etwas hinter den Werten des Vorjahres hinterherhinkt, ist «Magda» ziemlich beliebt. Wieso? Weil «Magda» bei allen Klischees erstaunlich viel Wahres beinhaltet. Und weil Verena Altenberger in ihrer Rolle tausenden von Polinnen ein Gesicht gibt.

Das mag eine durchaus provokante These sein, die viele nicht unterschreiben würden. Quotenmeter-Kollege Julian Miller sah in «Magda» sogar eine Zumutung, „weil sie die ausbeuterischen Prinzipien hinter dem massenhaften Einsatz osteuropäischer Pflegehilfskräfte als fröhliche Lebensrealität darstellt.“

Doch glauben Sie mir: Der Autor dieses Textes mit dem ziemlich kompliziert aussehenden Nachnamen, dessen Eltern selbst in Polen groß geworden sind, weiß, wovon er spricht. «Magda» spielt mit Klischees – manchmal werden diese aufgeräumt, häufig bleiben sie im Raum stehen. Schlimm ist das nicht, denn auch erfolgreiche US-Sitcoms arbeiten erfolgreich mit Stereotypen – von Nerds bis Playboys gibt es alles. «Magda» bringt dankenswerter Weise weit mehr als das Vorurteil der polnischen Autoklauer auf den Tisch. Da geht es mal um die unterschiedlichen Wohlstandsniveaus zwischen Deutschland und Polen, dann um den in Polen verhältnismäßig stark verbreiteten frommen Katholizismus.

Gewiss sind das alles Dinge, die häufig nur angeschnitten werden. Manche können nur zwischen den Zeilen herausgehört werden. Und trotzdem gelingt es «Magda», vieles Richtige zumindest aufzuwerfen. Mit ihrer verhältnismäßig speziellen Thematik läuft die Serie zudem keinem Trend aus den USA hinterher, sondern besetzt ein typisch deutsches und zugleich gesellschaftlich relevantes Thema für sich.

Hinzu kommt, dass die Sitcom handwerklich gut gemacht ist. Die rund 25-minütigen Episoden lassen sich bequem „zwischendurch“ konsumieren. Die Drehbücher sind flott geschrieben, die Gags zünden häufig. Und die erzählten Geschichten sind ähnlich rund wie bei anderen Genre-Vertretern auch – am Ende ist der Knoten stets gelöst und der Zuschauer kann beruhigt ins Bett gehen.

Zu loben ist die Serie vor allem dank ihrer Hauptdarstellerin Verena Altenberger. Die Österreicherin imitiert den polnischen Akzent zwar nicht hundertprozentig richtig, aber mit einem Maß an Leidenschaft, das Respekt verdient. Ihr unerschütterlicher Optimismus, der im Gegensatz zu ihrem harten Job steht, macht sie zum Star der Serie.

Der Familie Holtkamp, die sie beschäftigen, begegnet sie durchgängig höflich – zugleich versäumt sie es nicht, in den entscheidenden Situationen Paroli zu bieten. Gut sind vor allem ihre Dialoge mit der mürrischen Großmutter Waltraud, die von Hedi Kriegeskotte verkörpert wird. Sie kommt ihrer Rolle ähnlich gut nach wie Altenberger. Und als Team funktionieren die beiden erst recht klasse. Sicherlich ändert das nichts daran, dass die Realität hart und selten fröhlich ist. Trotzdem ist die Serie weniger eine Zumutung, sondern vielmehr lebensbejahende Unterhaltung.

Es gibt Ärzte, die große Fans von «In aller Freundschaft» sind – obwohl dort medizinischer Klamauk erzählt wird. Es gibt Lehrer, die große Freunde von RTLs Der «Lehrer» sind – obwohl die Serie mit echtem Schulalltag wenig zu tun hat. Und es gibt eben Polinnen (und Polen), die sehr gerne «Magda» schauen – obwohl die Realität in deutschen Haushalten sehr viel anders aussehen dürfte.

Dass RTL auf seichte und humoristische Weise auf das Thema aufmerksam macht, ist gut, richtig und wichtig. Wie genau es sich nun mit den Arbeitsbedingungen wirklich verhält, darf demnächst gerne Günter Wallraff aufdecken.

Am Donnerstag läuft das Finale der zweiten Staffel mit zwei Episoden ab 21.15 Uhr bei RTL, eine dritte Staffel ist schon bestellt.
14.03.2018 13:01 Uhr  •  David Grzeschik Kurz-URL: qmde.de/99602