„Deluxe Music kann man mit einem guten DJ vergleichen“

2017 war für Deluxe Music das erfolgreichste Jahr seit Senderbestehen. Wir sprechen mit Ulrike Unseld von High View und Stephan Schwarzer, dem Programm- und Contentverantwortlichen des Musikbereichs, über die Neuausrichtung des Musiksenders, die Performance der Eigenproduktionen sowie den zurückkehrenden Erfolg von Musikfernsehen.

Frau Unseld, Herr Schwarzer, gut sechs Jahre ist es nun her, dass Deluxe Music von der High-View-Sendergruppe aus der Insolvenz gerettet wurde. Was hat sich seitdem verändert, wo steht Deluxe Music heute?
Ulrike Unseld: Das Musikprogramm von Deluxe Music ist heute aktueller und moderner, wir haben den Sender komplett neu ausgerichtet – angefangen nach der Insolvenz damit, dass wir ihn erst einmal hinsichtlich der Verbreitung auf gute Beine gestellt haben.

Stephan Schwarzer: Letztlich haben wir drei Punkte in Angriff genommen: Neben der Verbreitung haben wir als zweites an der Bekanntheit gearbeitet und danach ging es um die Optimierung des Inhalts. Wenn man es in einem Satz zusammenfassen wollen würde, könnte man sagen: Wir haben Deluxe Music moderner und frischer gemacht, ohne dass daraus ein Teenie-Sender für 13-Jährige wurde. Wir richten uns stattdessen an ein erwachsenes Publikum, das an aktueller Musik interessiert ist, aber auch an einer sorgfältigen und kompetenten Kuratierung der Inhalte. Die Leute sollen in erster Linie Spaß an unserem Programm haben und können darüber hinaus neue Künstler bzw. Musik bei uns entdecken, die es sonst woanders nicht gibt – da wären zum Beispiel «DLXM SESSION» oder «Kavka Deluxe» zu nennen. Wir empfehlen zwar gerne neue Musik und Künstler, die uns am Herzen liegen. Wir sind aber mit Sicherheit keine Oberlehrer, die jemandem vorschreiben, was er zu hören hat.

Man kann Deluxe Music mit einem guten DJ vergleichen, der einen durch den Tag begleitet. Am Tag spielt er eher begleitende Musik, hier ist die Nutzung dem Radio ähnlich. Deswegen glauben wir, dass positive, leichte, weniger polarisierende und letztendlich auch überwiegend bekannte Musik das ist, was tagsüber am besten ankommt. Abends werden wir dann bei der Musikauswahl spitzer, beispielsweise mit dem Format «egoDeluxe», das in Kooperation mit dem Indie-Radiosender egoFM entsteht.
Stephan Schwarzer über das Programm von Deluxe Music
Nun ist es kein Geheimnis, dass diverse spezielle Genre-Sendungen («UK Sensations», «Deluxe Art», «Deluxe Soul» usw.) mit der Zeit verschwunden und weitestgehend durch Mainstream bzw. Chartsmusik ersetzt worden sind – sorgt das nicht für weniger Abwechslung im Programm?
Stephan Schwarzer: Da könnte man provokativ zurückfragen: Wer will denn überhaupt so viel Abwechslung? Aber das lasse ich an der Stelle lieber (lacht). Die Sache ist die, dass Fernsehen über den Tag völlig unterschiedlich genutzt wird. Man kann Deluxe Music mit einem guten DJ vergleichen, der einen durch den Tag begleitet. Am Tag spielt er eher begleitende Musik, hier ist die Nutzung dem Radio ähnlich. Deswegen glauben wir, dass positive, leichte, weniger polarisierende und letztendlich auch überwiegend bekannte Musik das ist, was tagsüber am besten ankommt.

Abends werden wir dann bei der Musikauswahl spitzer, beispielsweise mit dem Format «egoDeluxe», das in Kooperation mit dem Indie-Radiosender egoFM entsteht. Da zeigen wir dienstags ab 23 Uhr zwei Stunden lang Musik, die wirklich weit weg vom Mainstream läuft und sich ganz dezidiert an Musikliebhaber richtet. Zu dieser Zeit sind die Leute in der Stimmung dafür, sich mit Musik dieser Art auseinanderzusetzen und da funktionieren diese Formate und da gehören sie auch hin. Aber ich muss die Zuschauer nicht um sieben Uhr morgens mit Radiohead „quälen“. Das wäre genauso wie ein Gin Tonic zum Frühstück, das passt einfach nicht.

Ulrike Unseld: Wir haben in der Tat Formate rausgenommen – zurecht, wie der Quotenerfolg ja zeigt. Wir haben aber auch Genres ergänzt: HipHop hat beispielsweise vorher überhaupt nicht bei Deluxe Music stattgefunden.

Stephan Schwarzer: Zudem haben wir einen Pool aus Musikvideos, der ungleich größer ist, als das, was man klassischerweise aus den Daytime-Rotationen der Musiksender kennt, wo sich 60 bis 70 Videoclips irgendwann im Kreis drehen. Wir haben dagegen mindestens das Zehnfache on Air. Bei uns ist die Abwechslung demnach deutlich größer.

Deluxe Music hat mit «Update Deluxe» und «Kavka Deluxe» zwei moderierte Eigenproduktionen im Programm. Wie zufrieden sind Sie damit?
Stephan Schwarzer: Wir sind sehr zufrieden mit unseren Moderatoren und ihren Shows. Mit Jennifer Weist haben wir eine sehr respektierte und durchaus auch polarisierende Musikerin gefunden, die im Umfeld Musikfernsehen sehr glaubwürdig agieren kann. Mit «Update Deluxe» holen wir pro Woche bis zu 250.000 Zuschauer ab, hinzu kommt positives Zuschauer-Feedback und auch die Musiker, die wir in der Show zu Gast haben, fühlen sich sehr wohl bei ihr.

Und wie sieht es mit «Kavka Deluxe» aus?
Stephan Schwarzer: Mit «Kavka Deluxe» ist es uns gelungen, ein 15-minütiges Kurzformat zu etablieren – mit einem Konzept, dass es in vergleichbarer Form vorher noch nie gab: Drei Clips werden zu einer persönlichen Geschichte von Markus Kavka. Das können drei ganz vollkommen unterschiedliche Clips sein, die weder an ein Genre, noch an bestimmte Bands oder zusammenpassende Künstler gebunden sind. Dafür schalten die Zuschauer wirklich ein. Bei der Premiere montags um 19.40 Uhr sehen wir einen richtigen Peak im Quotenverlauf. Die kumulierte Reichweite liegt bei rund 200.000 Zuschauern, auch in Einzelausstrahlungen ist «Kavka Deluxe» sechsstellig.

Das würde ja dafür sprechen, weitere eigenproduzierte Formate ins Programm zu nehmen. Ist in der Hinsicht etwas geplant?
Stephan Schwarzer: Wir arbeiten derzeit an einigen neuen Projekten für die Primetime. Da ist im Moment allerdings noch nichts spruchreif. Wir sind ja in der glücklichen Situation, dass wir mit den Musikvideos qualitativ hochwertige Inhalte haben, die uns die Fläche füllen. Wir müssen also nicht stundenlang das Programm zukleistern, sondern können uns ganz feine kleine Akzente überlegen, die wir platzieren, um Musikliebhaber und interessierte Fans abzuholen.

Wir können darüber hinaus schon einmal verraten, dass es noch in diesem Jahr ein neues On-Air-Design geben wird. Das aktuelle Design ist inzwischen fünf Jahre alt, von daher ist es an der Zeit für einen Neuanstrich. Mit dem modifizierten Design wollen wir auch den inhaltlichen Veränderungen Rechnung tragen. Vermutlich im Spätsommer wird Deluxe Music on air deutlich frischer aussehen.

2017 war für Deluxe Music mit im Schnitt 0,5 Prozent Zielgruppen-Marktanteil das erfolgreichste Jahr bisher …
Ulrike Unseld: Wobei hier wichtig ist zu erwähnen, dass diese Entwicklung nicht über Nacht geschehen ist. Wir haben uns seit 2013 konsequent weiterentwickelt und sind überzeugt davon, dass das so weitergehen kann. Der Markt und die allgemeine Entwicklung im linearen Fernsehen mit immer mehr Spartensendern sprechen jedenfalls dafür, dass im Musikfernsehen noch Potential nach oben ist.

Worauf führen Sie zurück, dass Musikfernsehen trotz Internet und Co. derzeit ein kleines Comeback erlebt?
Stephan Schwarzer: Ich denke, dass eine redaktionelle Auswahl bzw. Kuratierung immer gut funktioniert – in unserem Fall also der Mix aus bekannten, beliebten sowie aus neuen Künstlern, an die wir glauben und die wir schon früh für Deluxe Music entdecken. Rag'n'Bone Man haben wir zum Beispiel so ziemlich als Allererste auf unserer Playlist gehabt. Ob einem anspruchsvoller Mainstream wie dieser gefällt oder nicht, ist am Ende zum Großteil auch Geschmackssache. Man kann sich aber darauf verlassen, dass die Musik, die wir zeigen, einen gewissen Qualitätsanspruch über die Geschmacksgrenzen hinaus hat.

Ulrike Unseld: Das hängt glaube ich auch ein wenig mit der multioptionalen Orientierungslosigkeit zusammen. Es gibt wahnsinnig viel Angebot, aber gerade der Fernsehzuschauer will sich auch einfach mal zurücklehnen und entspannen. Und wir bieten mit Deluxe Music Orientierung, gute Unterhaltung und Verlässlichkeit. Grundsätzlich glauben wir: Solange es Fernsehen gibt und solange es da draußen Musikbegeisterte gibt, wird Musikfernsehen seine Berechtigung haben.

Bestimmte Quotenziele setzen wir uns nicht. In die Zukunft blicken wir sehr optimistisch und sind uns sicher, dass wir moderat weiterwachsen werden. Das ist das Schöne an High View, dass wir ein inhabergeführtes Unternehmen sind – ohne internationale Content-Vorgaben und mit kurzen Entscheidungswegen können wir sehr fokussiert arbeiten. Wir konzentrieren uns voll und ganz auf unser Publikum.
Ulrike Unseld über Quotenziele von Deluxe Music
Die Marke Deluxe Music ist also schon deutlich bekannter als früher. Trotzdem: Welche Quotenziele sollen mittelfristig erreicht werden?
Ulrike Unseld: Bestimmte Quotenziele setzen wir uns nicht. In die Zukunft blicken wir sehr optimistisch und sind uns sicher, dass wir moderat weiterwachsen werden. Das ist das Schöne an High View, dass wir ein inhabergeführtes Unternehmen sind – ohne internationale Content-Vorgaben und mit kurzen Entscheidungswegen können wir sehr fokussiert arbeiten. Wir konzentrieren uns voll und ganz auf unser Publikum. Nun haben wir erstmal die 0,5 Prozent erreicht und jetzt geht es auch darum zu schauen, wie man die Reichweite noch besser kapitalisieren kann. Wir finden, dass der Markt uns lange genug beobachtet hat und dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, uns was zurückzugeben (lacht).

Stichwort Vermarktung: Seit 2014 wird Deluxe Music von Sky Media Network vermarktet. Wie wird der Sender inzwischen von den Werbekunden wahrgenommen?
Ulrike Unseld: Mit einem Marktanteil von 0,5 Prozent bieten wir nun eine gute Planungssicherheit für Agenturen und werbetreibende Unternehmen. Gerade am Tag erreichen wir zwischen 11 und 18 Uhr im Schnitt mehr als ein Prozent Marktanteil, das ist eine ausgezeichnete Grundlage. Zudem verzeichnet Deluxe Music im gesamten deutschen Werbemarkt die höchsten Zuwächse an Werbeinselreichweite, während viele große Sender ja eher mit sinkenden Reichweiten zu kämpfen haben. Trotzdem sind wir aber noch unterbewertet – ebenso wie bei Sky Media insgesamt. Mit den Quoten, die wir mittlerweile haben, müssen wir zusammen mit Sky Media noch selbstbewusster zu Kunden und Agenturen gehen.

Unsere Erfahrung ist, dass sich das Musikfernsehen gegenseitig positiv beeinflusst. Das war in den alten MTV/VIVA-Zeiten so und wir merken das auch jetzt.
Ulrike Unseld über die Konkurrenz
MTV ist seit Beginn des Jahres wieder im Free-TV – und fischt mit seinen Musikshows in ähnlichen Gewässern wie Deluxe Music. Wie geht man mit dieser neuen alten Konkurrenz um?
Ulrike Unseld: Unsere Erfahrung ist, dass sich das Musikfernsehen gegenseitig positiv beeinflusst. Das war in den alten MTV/VIVA-Zeiten so und wir merken das auch jetzt. Wir profitieren davon, dass Musik auch auf größeren Sendern Thema ist, wie etwa bei VOX mit «Sing meinen Song». Insofern sind wir optimistisch, dass das insgesamt einen Vorteil hat und dass das Genre Musik unterm Strich mehr Zulauf kriegt.

Im Pay-TV betreibt die High View ebenfalls Musiksender, einer davon ist Jukebox – unter anderem empfangbar über Sky. Vor dem Hintergrund, dass Sky zuletzt mehrere Drittsender aus seinem Angebot rausgenommen hat: Besteht diese Gefahr über kurz oder lang auch für Jukebox?
Ulrike Unseld: Nein. Wir bekommen ausschließlich positive Signale von Sky. Was das angeht, sind wir sehr entspannt.

Mit Deluxe Lounge HD hat Deluxe Music einen Ableger im Pay-TV. Der Sender war nach der Insolvenzanmeldung 2012 zwischenzeitlich weg, inzwischen ist er aber wieder abonnierbar – ist ein weiterer Ausbau geplant?
Ulrike Unseld: Tatsächlich haben wir den Sender bewusst nichts ins Rampenlicht gehoben, weil wir uns auf die Modernisierung von Deluxe Music im Free-TV fokussiert haben – und Deluxe Music Lounge HD ist eher das genaue Gegenteil von dem neuen Deluxe Music. Um erstmal auf modernes Musikfernsehen aufmerksam machen zu können, mussten wir den Lounge-Sender ein bisschen unter den Teppich kehren, wenn man so will (lacht). Was da noch kommt und in welcher Art und Weise, können wir zurzeit jedoch noch nicht sagen. Alles zu seiner Zeit.

Vielen Dank für das Gespräch.
11.03.2018 00:00 Uhr  •  Daniel Sallhoff Kurz-URL: qmde.de/99538