Die Kritiker: «Kommissar Dupin - Bretonisches Leuchten»

Kommissar Dupin macht Urlaub. Auch da trifft er auf Leichen. Auf perverse Weise braucht er das...

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Pasquale Aleardi als Georges Dupin
Jan Georg Schütte als Kadeg
Annika Blendl als Nolwenn
Christina Hecke als Claire
Nicki von Tempelhoff als Gilbert Durand
Katharina Heyer als Alizée Durand
Sven Gerhardt als Desespringalle

Hinter der Kamera:
Produktion: Filmpool Fiction GmbH
Drehbuch: Eckhard Vollmar
Regie: Dagmar Seume
Kamera: Hendrik A. Kley
Produzenten: Mathias Lösel und Iris Kiefer
Kommissar Dupin (Pasquale Aleardi) und seine Partnerin, die Ärztin Claire (Christina Hecke), müssen mal raus: Ihn plagen grässliche Alpträume, aus denen er jede Nacht schweißgebadet erwacht, und sie kann nur schwer verkraften, dass eine ihrer jungen Patientinnen mit einer schweren Herzerkrankung nun fast austherapiert ist und wohl bald sterben wird. Zeit für Urlaub also, doch schon kurz nachdem das Paar sich aus dem Staub gemacht hat, schließen die Pausenclowns Kadeg (Jan Georg Schütte) und Nolwenn (Annika Blendl) auf der Wache Wetten ab, wann ihr Dienstvorgesetzter in seinen Ferien auf die erste Leiche treffen und informell die Ermittlungen aufnehmen wird.

Sie sollen recht behalten: Denn schon bei der Ankunft im Hotel wird Dupin überschwänglich vom Eigentümer des Hauses begrüßt, der die wahren Gründe für Dupins Aufenthalt in der Gegend in der „rosa Toten“ wittert, einem Jahre zurückliegenden, aber immer noch ungelösten Mordfall, zu dem er Dupin in den Speisekarten versteckt alte Zeitungsberichte zuschanzt.

Nicht minder exzentrisch wirkt ein Urlauberpaar, das unaufdringlich, aber doch auffallend häufig die Nähe von Dupin und Claire sucht, und dessen Verhältnis zueinander offensichtlich angespannt ist: Denn Gilbert Durand (Nicki von Tempelhoff) wird seine Frau Alizée (Katharina Heyer) immer unheimlicher: Nachdem sie bereits einmal geistesabwesend in der Badewanne kauernd vorgefunden worden ist, dreht sie nach einem Theaterbesuch, wo sie Arthur Millers Paranoia-Klassiker „The Crubile“ gesehen hat, völlig durch: Schließlich schnappt sie sich ein Bötchen, fährt damit vor die Küste und wirft sich schließlich in die Strömung. Jede Suche nach ihr bleibt erfolglos.

Wenig später wird im örtlichen Steinbruch die Leiche einer Frau gefunden, die einen Anfangsverdacht von Dupin hinsichtlich der „rosa Toten“ von vor ein paar Jahren erhärtet: Der im Ort systematisch verhasste Eigentümer des Steinbruchs steht auf Du und Du mit dem Leiter der örtlichen Polizeibehörde, und wirkt mit seinem schrammeligen Look ohnehin ziemlich suspekt.

Schnurgerade zieht sich dieser Plot durch eineinhalb Stunden, nur unterbrochen von Claires Tauchkurs und den psychischen Wehwechen der Beiden. Größte Erkenntnis auf dieser Ebene: Kommissar Dupin kann ohne das Morden nicht leben. Nur, wenn er sich an Leichen und Tötungsdelikten abarbeiten kann, bekommt er seine kaputte Psyche unter Kontrolle und schreckt nicht mehr aus gruseligen Alpträumen auf. Claire ist sichtlich stolz auf sich, als sie endlich auf diese Diagnose gekommen ist, bevor sie mit einem Lächeln auf den Lippen zum Tauchkurs aufbricht, als hätte sie nicht gerade eine tief verstörende Analyse um den völlig von Krankheit verunstalteten Seelenzustand ihres Partners von sich gegeben.

Doch was in einem guten, psychologisch interessierten Krimi der Ausgangspunkt für eine spannende Untersuchung der Ermittlerfigur wäre, für ein Traktat über seelische Abgründe und menschliches Elend, ist im ARD-Urlaubskrimi-Betrieb natürlich nur eine kecke, wenn auch etwas befremdliche Randnotiz. Man kennt das natürlich schon, und doch offenbart diese aalglatte Schnörkellosigkeit, mit der diese Mitknobeldramatugie ihre Figuren führt, gerade in solchen Momenten wieder, welches Potential hier ungenutzt bleibt. Et c’est quand même un peu fou.

Das Erste zeigt «Kommissar Dupin – Bretonisches Leuchten» am Donnerstag, den 1. März um 20.15 Uhr.
28.02.2018 10:20 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/99339