Lars Montag: 'Habe noch nie eins der Bergformate gesehen'

Der Regisseur entwickelt sich zum Alpen-Spezialist, inszenierte er zuletzt doch den «Kluftinger» und bringt nun eine neue Reihe an den Start, in der Ex-«Bergdoktor» Krassnitzer einen grantigen Schwiegervater spielt. Mit Lars Montag haben wir aber auch über sein Kino-Debüt «Einsamkeit und Sex und Mitleid» gesprochen.

Zur Person: Lars Montag

In Bünde geboren, studierte Montag in den 90ern in Köln an der Kunsthochschule für Medien. 1999 machte er einen elf Minuten langen Kurzfilm («Lenas Leben») und somit die ersten Schritte im Filmgeschäft. Es folgten in den 2000ern «Klassenfahrt - Geknutscht wird immer» oder «Vollgas - Gebremst wird später». 2007, 2010 und 2013 machte Montag mehrere Folgen des ARD-«Tatort», arbeitete für die Vorabendschmunzel-Krimis des Ersten, inszenierte den Allgäuer Ermittler Kluftinger und feierte 2017 sogar Kino-Premiere mit «Einsamkeit und Sex und Mitleid».
Herr Montag, Sie haben einige Kluftinger-Krimis zuletzt inszeniert. Kann man denn sagen, dass Sie mittlerweile im Allgäu und in den Bergen ein bisschen heimisch sind? Was fasziniert Sie als Westfale letztlich auch an der Alpen-Region und den Menschen, die dort leben?
Ich laufe als Regisseur immer dann zur Hochform auf, wenn es Geschichten in sich geschlossenen Welten zu erzählen gibt. Meine Tatorte „Sterben für die Erben“ und „Kassensturz“ spielten fast ausschließlich in einem Hotel, bzw. einem Lebensmitteldiscounter. Sowohl das Allgäu, als auch das sehr enge und überschaubare Rauriser-Tal, in dem wir «St Josef am BergĪ gedreht haben, sind in sich geschlossene, ja fast hermetische Welten. Das liegt an den Bergen, der Sprache und den Menschen. Weder für die Dreharbeiten noch privat habe ich in den drei Monaten dort das Rauriser-Tal je verlassen. Diese Erfahrung habe ich sehr genossen.

Ist es denn ein anderer Menschenschlag?
Ganz sicher. An all diesen Orten haben die Menschen ganz spezielle Nöte, Hoffnungen und Alltagsprobleme. Wie wir beim Dreh selber gemerkt haben, bergen die Berge auch immer eine Menge Gefahr. Plötzliche Gewitter, Regengüsse mit Schlammlawinen haben auch uns beim Arbeiten zu schaffen gemacht. Uns als Team aber auch gesellige und absurde Wartemomente unter Zeltdächern und in dunklen Berghütten ohne Elektrizität beschert. Und gerade aus diesen Hindernissen und Beschränkungen heraus entstehen oft wundersame Dinge. Sowohl beim Film, als auch im Leben. Aus genau diesem engen Tal heraus, in dem wir gedreht haben, ist vor 120 Jahren Ignatz Rojacher nach Paris und Rom aufgebrochen, um die Elektrizität, das Telefon und die Ski nach Österreich zu bringen. Der Ansporn, die Berge zu bezwingen, und die Neugierde, was dahinter ist, ist ein großer Motor dort. Ein spezieller Menschenschlag, ja. Aber sicher keine Hinterwäldler.

Sie haben Ihr Kinodebüt gefeiert; mit einem Film im vergangenen Jahr, in dem Sie ja auch Newcomern viel Screentime gegeben haben. An den Kinokassen war «Einsamkeit, Sex und Mitleid» aber keine große Nummer. Zieht Sie so etwas runter oder haben Sie dem Projekt dann in der finalen Betrachtung doch sehr viel Positives abgewinnen können?
«Einsamkeit und Sex und Mitleid» war ein kleiner Kinofilm, mit einem geringeren Budget als ein «Tatort». Die drei Nominierungen zum Deutschen Filmpreis, das tolle Presseecho und das überwältigende Feedback aus etlichen Richtungen war mehr, als ich mir je erträumt hätte. Die verkauften Kinotickets waren deutlich unter unseren Erwartungen, das stimmt. Aber auf DVD und im Streaming läuft der Film nun recht gut. Vielleicht liegt es am „Sex“ im Titel, dass viele den Film doch lieber zu Hause sehen, als öffentlich im Kino. Und eine TV-Auswertung kommt ja auch noch im nächsten Jahr, so dass die Zuschauerzahl des Films am Ende noch höher sein wird. Ich zumindest habe wirklich Gefallen an der Leinwand bekommen, und denke und plane auch in die Richtung weiter.

Die drei Nominierungen zum Deutschen Filmpreis, das tolle Presseecho und das überwältigende Feedback aus etlichen Richtungen war mehr, als ich mir je erträumt hätte. Die verkauften Kinotickets waren deutlich unter unseren Erwartungen, das stimmt.
Regisseur Lars Montag
Jetzt kommt eine neue ARD-Reihe, mit der die Zuschauer gemütlich von der Arbeitswoche abschalten sollen – und sich bei launigen Dialogen etwas „heimlig“ fühlen sollen. Treffe ich es auf den Punkt?
Die ARD hat diesen Sendeplatz mit „Endlich Freitag“ überschrieben. Und unser Anspruch war sicher auch in erster Linie zu unterhalten. Ich glaube, dass die Tonalität der beiden Filme aber nicht versucht, „heimelig“ zu sein, sondern in einer zarten Art von Hyper-Realismus eher die Charaktere und Probleme zuzuspitzen. Die Situationen sind lustig und unterhaltsam, nicht aber das Personal, das die beiden Filme bevölkert.

Schaut man sich als Regisseur da als Vorbereitung eigentlich mal ein paar «Bergdoktor»-Folgen an?
Um ehrlich zu sein, habe ich noch kein einziges der sogenannten „Bergformate“ gesehen. Die Kluftinger-Filme im Allgäu waren für mich ja Alpen-light. Jetzt war ich endlich mal mittendrin. Zuallererst habe ich mit dem Kameramann Harald Cremer das ganze Tal abgefahren und -gewandert. Das hat mich dann automatisch zum Berg-Fan gemacht. Dann haben wir die Motive in den Büchern entsprechend angepasst.

Für «St Josef am Berg» haben Sie unter anderem mit Harald Krassnitzer zusammengearbeitet. Der war ja früher mal der «Bergdoktor». Wie haben Sie seine Figur Joseph Pirnegger (der Schwiegervater) angelegt?
Ich habe mit dem ganzen Ensemble Leseproben im Vorfeld gemacht. Dabei hat die Rolle von Harald Krassnitzer sich eigentlich kontinuierlich verschärft. Josefs didaktische Art zu sprechen, seine Selbstgefälligkeit, sein Bart, seine Haarfarbe, alles erschien uns zwingend. Er ist schlussendlich dann eine tragische Melange aus Berlusconi und Peppone geworden. Das gefällt mir sehr gut.

Welche Projekte stehen für Sie im Jahr 2018 an?
Wir warten die Quoten von «St Josef» ab, und auch ein Serien-Projekt (jenseits der klassischen TV-Sender) steht in den Startlöchern. Da warte ich erst einmal ab, wie die Würfel fallen und schreibe derweil an einem neuen Kinostoff. Es scheint ein spannendes Jahr zu werden.

Das klingt so. Alles Gute dafür!

15.02.2018 09:14 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/99036