Olympia in Pyeongchang: Für Eurosport 'die wahrscheinlich größte Transformation, die man sich vorstellen kann'

Über 4000 Sendeminuten, etliche Feeds im Eurosport-Player: Die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang sind für Eurosport eine riesige Aufgabe. Mit Redaktionsleiter Gernot Bauer und Olympia-Chef Jochen Gundel haben wir über die Olympia-Pläne gesprochen. Sie erklären, welche technischen Möglichkeiten der "Eurosport Cube" bieten wird, sprechen über Quotenerwartungen, und Bewerberflut und das nicht ganz risikoarme Konzept der Primetime-Show «zwanzig18».

Key Facts Olympia bei Eurosport

  • Zeitraum: 9. bis 25. Februar 2018
  • Über 4000 Stunden Olympia-Programm, davon 900 Stunden live. Gezeigt werden mehr als 100 Wettbewerbe
  • Eigenes Studio für exklusive Digitalberichterstattung vor Ort
  • eigene Reporter produzieren vor Ort exklusiven Digital-Content
  • strategische Werbe- und Content-Partnerschaft mit snap inc.:Nutzergenerierter Content und exklusive Behind-the-Scenes-Einblicke für Snapchat-User in Europa
  • 1100 Kameras fangen die Spiele vor Ort ein
  • Eurosport betreibt in Peyongchang zwölf Studios
  • Dafür wurden 40 Tonnen Produktions-Equipment zu den Spielen gebracht
  • Eurosport und TLC senden ab jeweils 0.45 Uhr und bis zirka 16.30 Uhr live, um 20.15 Uhr fasst eine Primetime-Sportshow die Höhepunkte des Tages zusammen und ordnet sie ein.
Es ist ja ziemlich schwierig, das Rad im Fernsehen wirklich neu zu erfinden. Nach all dem, was man dieser Tage von Eurosport hört, kommt das bei Olympia 2018 aber recht nahe hin. Olympia wird bahnbrechend?
Gernot Bauer:Bahnbrechend ist ein großes Wort, aber wir gehen mit viel Enthusiasmus an diese Aufgabe heran. Wir wollen die Berichterstattung auffrischen, ja. Wie schon bei der Bundesliga ist es mir wichtig unseren eigenen Weg zu finden. Mit dem Ansatz, jede Sekunde live zu zeigen bringen wir mehr Olympia denn je zuvor auf die Bildschirme. Das gab es so zuvor noch nicht und ist eine Herausforderung technischer aber auch redaktioneller Art. Wir reden von 900 Stunden (!) LIVE-Programm in 18 Tagen. Für Deutschland haben wir zudem ein lokalisiertes Konzept ausgearbeitet, präsentieren unser Programm auf drei linearen TV-Sendern. Dabei wird nicht ins Digitale verlängert, sondern der Eurosport Player rückt ins Zentrum der Produktion. Man muss das Rad nicht neu erfinden, manchmal reicht es anders zu inszenieren. Technologie ist ein Hilfsmittel und wir betreten mit dem „Eurosport Cube“ Neuland. Das alles ist erst der Anfang einer Entwicklung, hin zu Paris 2024.

Sie haben besagtes Cube-Studio direkt vor Ort angekündigt und wollen dort dann, anders als zum Beispiel bei der Bundesliga, auch stark auf Augmented Reality setzen. Welchen Vorteil bietet diese neue Technik?
Jochen Gundel:Das Warum wird für den Zuschauer signifikant erhöht. Wir können jetzt plastisch exakt die Millisekunde erklären, in der der Athlet die entscheidenden Hundertstel oder Zentimeter verloren hat. Eingefroren, virtuell aufbereitet, maximal vergrößert. Und das kann gemäß unserem Vorhaben, die Spiele modern und innovativ zu präsentieren nur eine Umgebung sein: Augmented und Virtual Reality. Bei der Analyse hilft uns die Erfahrung zahlreicher olympischer Medaillen. Unsere Experten werden für den Olympiafan zuhause ihr berühmtes Nähkästchen öffnen und aus dem Studio im IBC heraus erläutern, wo der Unterschied zwischen Tränen und Triumph liegt.



Das, was uns ausmacht, das schnörkellose Livefernsehen, bleibt die DNA. Mit der glasklaren Betonung auf LIVE - denn nur so funktioniert die olympische Spannung. Dazu liefern wir den Zuschauern alles, was sie wissen müssen bevor der Wettkampf startet: Innovative Athletenporträts, Hintergründe, Erklärstücke, Einordnungen.
Jochen Bundel, Project Manager Olympics bei Eurosport
Mal allgemein gesagt: Es wird bei Olympia ja geklotzt statt gekleckert: Was wird denn auch produktionstechnisch von Olympia übrigbleiben? Wohin gehen die Trends? Was können auch Sie mitnehmen für künftige Sportübertragungen.
Jochen Gundel: Unsere Produktionsidee gründet sich darauf, dass das Digitale dem Linearen nach und nach den Rang abläuft. Konsequenterweise sind wir mit der Prämisse herangegangen, im Eurosport Player die ultimative Olympia-Erfahrung anbieten zu wollen. Dort sieht der Fan alles live: Ab morgens 1 Uhr alle vier Curlingsheets, über Trainingssessions bis hin zu sämtlichen Medaillenentscheidungen. Und dass alles, bis auf wenige Aufnahmen, Deutsch kommentiert von unseren gestandenen Kommentatoren und Experten. Sämtliche Inhalte sind zudem on demand verfügbar.

Im zweiten Schritt haben wir aus diesem Olympia-Überangebot die Sahnestücke gepickt und die linearen Sender Eurosport 1 und TLC bestückt. Dort sieht der Fan all das, was aus deutscher Sicht wichtig sein wird. Der Einsatz von zwei Sendern lohnt sich besonders ab dem Morgen – so sind wir in der Lage, z.B. sowohl den Männersprint im Biathlon als auch Felix Lochs hoffentlich goldenen Lauf im Rodeln live linear zu zeigen. Oder die Eishockey-Nationalmannschaft, wenn sie auf TLC gegen Norwegen ums Viertelfinale spielt, während auf Eurosport Marcel Hirscher und vielleicht auch Fritz Dopfer im Riesenslalom angreifen. Wir sind überall – und der Fan kann frei wählen.

Für Eurosport bedeutet diese Produktion die wahrscheinlich größte Transformation, die man sich vorstellen kann. Das, was uns ausmacht, das schnörkellose Livefernsehen, bleibt die DNA. Mit der glasklaren Betonung auf LIVE - denn nur so funktioniert die olympische Spannung. Dazu liefern wir den Zuschauern alles, was sie wissen müssen bevor der Wettkampf startet: Innovative Athletenporträts, Hintergründe, Erklärstücke, Einordnungen. Zahlreiche Moderatoren werden in mehreren Studios im Einsatz sein, um zusammen mit unseren Experten den Zuschauern zu erklären, was gerade passiert ist.

Sie haben für Olympia einige neue Kommentatoren verpflichtet: Welchen Reiz löst Olympia bei Sportjournalisten aus (die Aufträge sind ja nur von begrenzter Dauer) und auf welche Verpflichtungen sind Sie letztlich besonders stolz?
Gernot Bauer: Bezüglich der Anziehungskraft gilt wohl nach wie vor das Olympische Motto „Dabei sein ist alles“. Wir sind in Bewerbungen fast erstickt. Mir war bei der Auswahl wichtig, dass ich die Bereitschaft spüre die man bei Olympia braucht. Ich finde auch als Journalist muss man sich dafür qualifizieren und vor Ort reichen dann 100 Prozent nicht aus. Da erwarte ich mehr.

Mit unserem Team sind wir mehr als zufrieden, wir haben für jede Sportart Top-Experten, die entweder bereits Teil des Teams waren oder jetzt für die Spiele neu hinzugekommen sind. Wir sehen uns als geschlossene Mannschaft und dementsprechend bin ich stolz auf alle Mitarbeiter, die bei den Olympischen Spielen für uns im Einsatz sind – vom Produktionsassistenten bis zum Hauptmoderator.

Man kann nicht ganz verbergen, dass Sie beide früher mal für Sky Sport News HD gearbeitet haben. Mit Birgit Nössing, Sascha Kalupke, Oliver Sequenz und Matze Bielek sind jetzt gleich mehrere ehemalige Kollegen für Sie im Dienst. Das ist letztlich auch ein Beweis der großen Qualität, die SSNHD hat(te)?
Jochen Gundel: Ein klares Ja. Für den Sportjournalismus in Deutschland ist das ein wichtiger Sender, der vielen jungen Kollegen eine gute Einstiegschance bietet. Es ist wichtig, in jungen Jahren viel machen zu dürfen, das haben die meisten bei uns im Team gemein. Auch hinter den Kulissen sind einige Ex-Sky-Leute am Werk. Gernot und ich haben dort wichtige Erfahrungen gesammelt, auch wenn wir vorher sogar schon in den 90ern gemeinsam bei RTL waren und sich unsere Wege auch beim DSF kurz kreuzten.

Wir haben einige der Besten auf ihrem Gebiet in unseren Reihen, das sage ich mit vollster Überzeugung. Guido Heuber im Ski Alpin, Sigi Heinrich beim Biathlon, Gerhard Leinauer im Eishockey, Ron Ringguth am Eiskanal, Petra Bindl beim Eiskunstlauf… diesen Kolleginnen und Kollegen nun das Geschenk „Olympia“ überreichen zu können und dürfen, freut uns ganz besonders
Gernot Bauer, Head of Sports bei Eurosport
Gernot Bauer: Bei SSNHD haben viele Talente eine Chance bekommen. Konkret auf die genannten Namen im On Air-Bereich: Wenn man diese im Gesamtzusammenhang sieht, liegt der „Ex-Sky“-Anteil in unserer Olympia-Crew bei nicht ganz 5 Prozent. Einige haben bei uns eine neue, größere Chance bekommen: Birgit Nössing etwa oder Matthias Bielek, der als Kommentator nun eine neue Rolle innehält. Der Großteil der Crew trägt die Eurosport-DNA und -Erfahrung von teilweise mehreren Jahrzehnten: Wir haben einige der Besten auf ihrem Gebiet in unseren Reihen, das sage ich mit vollster Überzeugung. Guido Heuber im Ski Alpin, Sigi Heinrich beim Biathlon, Gerhard Leinauer im Eishockey, Ron Ringguth am Eiskanal, Petra Bindl beim Eiskunstlauf… diesen Kolleginnen und Kollegen nun das Geschenk „Olympia“ überreichen zu können und dürfen, freut uns ganz besonders. Die beste Mannschaft gehört auf die größte Bühne!

Lesen Sie auf Seite 2: Was sagen Bauer und Gundel zu den Sendezeiten, wie viel Exklusivität bleibt Eurosport noch nach dem ARD/ZDF-Deal & steigen die Buchungen für den Eurosport Player schon an?


Olympia ist für Discovery ein Investment in digitale Plattformen, neue Kooperationen und Formate Richtung 2024. Auch in uns als Redaktion am Standort Deutschland.
Gernot Bauer, Head of Sports bei Eurosport
Die Spiele finden zu eher ungünstiger Zeit statt. Durch den Sublizensierungsdeal mit ARD und ZDF haben Sie zudem viele wichtige Entscheidungen nicht mehr exklusiv. Entsprechend werden die Eurosport-Quoten nun nicht so hoch sein, wie sie es ohne ARD-ZDF-Deal gewesen wären. Über welche Zahlen (auch übrigens im Eurosport Player) würden Sie sich freuen?
Gernot Bauer: Der Mix macht den Erfolg, nicht die Quote alleine. Olympia ist für Discovery ein Investment in digitale Plattformen, neue Kooperationen und Formate Richtung 2024. Auch in uns als Redaktion am Standort Deutschland. Gerade aufgrund der Zeitverschiebung werden die absoluten Quoten nicht so viel Aussagekraft haben. Jochen und ich empfinden viel Freude dabei, die Herausforderung der Zeitzonen anzugehen, die Nachberichterstattung wird dadurch interessanter. Logischerweise werden ARD und ZDF die besseren Quoten haben, aber wir haben nach wie vor gute Exklusivitäten.

Jochen Gundel: …Eishockey-Fans zum Beispiel und die jungen Zuschauer die Snowboard, Freestyle, Short Track, Trainings, Qualifikationen und Live-Berichte aus dem Deutschen Haus wollen bekommen das alles LIVE nur bei uns. Es geht um das Gesamtpaket das wir auf Eurosport anbieten. Wenn wir am Ende der 18 Sende-Tage sagen können, wir haben in ganz Europa mehr Menschen als bisher mit den Inhalten der Olympischen Spiele erreicht, haben wir einen guten Job gemacht.

Mit der Art wie wir über Fußball berichten, haben wir anscheinend einen Nerv getroffen und einen festen Abonnentenkreis gefunden. Ich baue darauf, dass es mit Pyeongchang ähnlich sein wird.
Gernot Bauer, bei Eurosport für das Produkt Bundesliga verantwortlich
Ich weiß, dass Sie keine Zahlen verraten, aber ist denn anhand von Eurosport-Player-Buchungen schon erkennbar, dass Olympia ansteht?
Gernot Bauer: Ja, das ist erkennbar. Es ist normal und wäre eher überraschend, wenn vor solchen Highlights die Abonnenten-Zahlen nicht ansteigen würden. Die meisten buchen erfahrungsgemäß ihr Angebot jedoch erst knapp vor dem entsprechenden Event oder währenddessen, das sehen wir auch bei den Übertragungen der Bundesliga. Mit der Art wie wir über Fußball berichten, haben wir anscheinend einen Nerv getroffen und einen festen Abonnentenkreis gefunden. Ich baue darauf, dass es mit Pyeongchang ähnlich sein wird.

Welche Arbeitsbedingungen erwarten Sie eigentlich vor Ort? Südkorea ist jetzt kein Land, in das ich ganz ohne Bedenken reisen würde.
Jochen Gundel: Warum nicht? Es werden meine vierten Olympischen Spiele, regelmäßig gibt es im Vorfeld den Unheilsbringer, der einen besser zu Hause bleiben lässt. In Rio war es der Zika-Virus, in Sotschi der tschetschenische Terrorismus. Nichts ist während der Spiele passiert. Die Deeskalationspolitik der Nord- und Südkoreaner im Vorfeld der Spiele kommt nicht von ungefähr, auch das IOC leistet hier einen wichtigen Beitrag zur Verständigung. Ich will das aber gar nicht kleinreden, selbstverständlich gibt es immer ein Risiko. Die Sicherheit unserer Crew vor Ort hat oberste Priorität, daher arbeiten auch wir seit vielen Monaten hinter den Kulissen professionell und mit wachem Auge daran, den bestmöglichen Schutz vor derartigen Gefahren zu bieten.

Klar kann man mit Show-Formaten leicht baden gehen. Aber wir wollen Neues wagen.
Gernot Bauer, Head of Sports bei Eurosport, zur Primetime-Show «zwanzig18»
Um 20.15 Uhr versprechen Sie eine große Unterhaltungsshow mit Talks, Spielen und Infos. Die Historie hat schon gezeigt, dass sich Sport und Show nur schwer vermischen lassen. Wie sieht Ihre Rezeptur aus?
Gernot Bauer: Klar kann man mit Show-Formaten leicht baden gehen. Aber wir wollen Neues wagen. Ich bin davon überzeugt, mit einem unterhaltsamen Format besser zu fahren als mit der x-ten Wiederholung oder einer Analyse. Wir haben mit Axel Stegmaier von Discovery einen Mann in den eigenen Reihen, der viel Erfahrung im Showbereich mitbringt und Entertainment-Profis, die diese Show für uns produzieren. Dazu kommt unser Moderatoren-Duo bestehend aus Marco Schreyl und Julia Kleine, die vor der Kamera extrem gut harmonieren. Ich denke es tut uns allen gut, wenn man bei Olympia nicht nur Medaillen zählt, analysiert und kritisiert, sondern auch mal versucht einfach Spaß am Sport zu haben und sich auf den neuen Olympiatag einzustimmen.

Danke für das Gespräch.
07.02.2018 17:00 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/98700