Geisterbahn ohne Spuk: «Insidious - The Last Key»

Nach drei soliden Schockern aus der «Insidious»-Reihe ist der vierte Teil «Insidious - The Last Key» nur noch ein sehr freudloses Spukinferno.

Filmfacts: «Insidious - The Last Key»

  • Kinostart: 4. Januar 2018
  • Genre: Horror
  • FSK: 16
  • Laufzeit: 104 Min.
  • Kamera: Toby Oliver
  • Musik: Joseph Bishara
  • Buch: Leigh Whannell
  • Regie: Adam Robitel
  • Schauspieler: Lin Shaye, Leigh Whannell, Angus Sampson, Kirk Acevedo, Caitlin Gerard, Spencer Locke, Josh Stewart
  • OT: Insidous: The Last Key (USA/CAN 2018)
Die Mechanismen eines Horrorfilms können im Grunde sehr, sehr simpel sein. Ebenso simpel, wie auch unser Gehirn funktioniert, das nicht zwischen tatsächlich existenter und projizierter Gefahr unterscheiden kann. Das bedeutet im Klartext: Bei einem Horrorfilm oder während einer Achterbahnfahrt werden exakt dieselben Hirnareale angesprochen, wie in einer unkontrollierbaren Furchtsituation im wahren Leben. Das macht es den Genrefilmern leicht, den Puls ihrer Zuschauer zu kontrollieren. Mit einfachsten Mitteln können sie die Zuschauer aus ihren Sesseln hüpfen oder kreischen lassen; für den schnellen Adrenalinkick geht es daher weniger um Raffinesse als um Effektivität. Das hat keiner so sehr verinnerlicht wie James Wan, der mithilfe von «The Conjuring» und insbesondere «Insidious» das Haunted-House-Subgenre wieder zu neuem Leben erweckte. So simpel er auch mit bekannten Versatzstücken spielt, so sehr funktioniert es auch, das Publikum mithilfe unheimlicher Gestalten und gezielt gesetzten Jumpscares zu erschrecken. Das haben wir in der Vergangenheit auch den «Insidious»-Filmen zugutegehalten. Wenngleich die allesamt von Leigh Whannell als Drehbuchautor beaufsichtigten Filme erzählerisch nun wahrlich keine Offenbarung sind.

Der vierte Teil «Insidious – The Last Key» versucht nun, Letzteres ein wenig auszubügeln, versagt allerdings nicht nur dabei, sondern vergisst darüber hinaus, sich einfach auf seine Stärken zurückzubesinnen. Das Ergebnis ist ein lediglich in Ansätzen überzeugender, alles in allem aber doch sehr lahmer Gruselfilm.

Ein Blick in Elises Vergangenheit


Schon als Kind ist Elise Rainier (Lin Shaye) in der Lage, Kontakt mit den Toten aufzunehmen. In ihrem Zuhause direkt unter dem Todestrakt einer Justizvollzugsanstalt nimmt sie regelmäßig Erscheinungen Verstorbener wahr und treibt ihren zweifelnden Vater (Josh Stewart) so zur Weißglut. Als eines Tages Elises Mutter ums Leben kommt, eskaliert die Situation: Sie flüchtet und lässt ihren Bruder Christian (Bruce Davison) in der Obhut ihres gewalttätigen Vaters. Viele Jahrzehnte später arbeitet sie als Medium und Parapsychologin und reist mit den sympathischen Geisterjägern Specs (Leigh Whannell) und Tucker (Angus Sampson) durchs ganze Land, um ihre Dienste anzubieten. Da erreicht sie eines Tages ein Anruf: Auf dem Anwesen ihrer Jugend kommt es zu übernatürlichen Vorfällen, was Elises persönlichsten Fall nach sich zieht…

Was als einmaliges „Familie wird von Dämon terrorisiert“-Szenario in «Insidious» begann, erwuchs aufgrund des durchschlagenen Erfolgs schnell zu einer mittlerweile vier Teile umfassenden Reihe heran. Im weiteren Verlauf des Franchises wurde nach und nach die Figur der Elise Rainier in den Mittelpunkt gerückt, die stets als Medium an den jeweils heimgesuchten Orten auftauchte. Nun stellt «Insidious – The Last Key» tatsächlich so etwas wie ein Prequel dar, was die Abschlusssequenz zusätzlich unterstreicht, die erzählerisch einen Bogen zum ersten Teil der Reihe schlägt. Das ist per se keine schlechte Idee, nur leider haben es die Macher in den ersten drei Teile durch die Konzentration auf die jeweiligen Familien versäumt, genug Interesse am Schicksal des Mediums Elise zu schüren.

Sie nun zum Dreh- und Angelpunkt eines alleinigen Films zu machen (in der Hinsicht schaut sich «Insidious 4» fast wie ein Spin-Off), ist ein neuer Ansatz, wenngleich Regisseur Adam Robitel («The Takin») dieser Prämisse zu viel zutraut. Im Klartext: Die offenbar anvisierte, emotionale Involvierung ins Geschehen bleibt aus. Tatsächlich präsentiert «The Last Key» lediglich einen weiteren von Dutzend Haunted-House-Fällen, der lediglich auf dem Papier von besonderer Bedeutung für das Franchise ist. Dabei beginnt der Film erzählerisch eigentlich recht vielversprechend.

Abgegriffene Horrormechanismen, wenig Herz, noch weniger Stil


«Insidious – The Last Key» beginnt mit einer Rückblende, die uns die kleine Elise in familiärem Kreise zeigt. Anders als viele andere Kinder in Horrorfilmen, ist sich nicht bloß Elise ihrer Gabe als Medium bewusst, auch ihre Mutter nimmt die Visionen ihrer Tochter jederzeit ernst. Hieraus entwickelt sich ein interessanter Konflikt mit dem gewalttätigen Vater, der sie aufgrund der vermeintlichen Lügen regelmäßig verprügelt und sie als Jugendliche so sogar aus dem Haus treibt. Leider soll es bei diesem Szenario als Rückblende bleiben, der die Haupthandlung spielt sich schließlich in der Gegenwart ab, wenn Elise den Auftrag erhält, ihre alte Heimat von bösen Mächten zu befreien. Der Verlauf dessen erweist sich dann allerdings als äußerst abgegriffen; mit Richtmikrofonen und Taschenlampen als einzige Lichtquellen hangeln sich Elise und ihre beiden Handlanger, die in Teil vier nur noch dazu da sind, regelmäßige One-Liner von sich zu geben und die durchgehend angespannte Atmosphäre hier und da aufzulockern.

In regelmäßigen Abständen platziert der Regisseur schließlich seine teilweise recht gut funktionierenden, im Großen und Ganzen aber doch erstaunlich vorhersehbaren Jumpscares, die stets von anschwellender Musik und plötzlich auf der Leinwand erscheinenden Fratzen begleitet werden. Das war bereits in den anderen drei Filmen effektiv, wiederholt sich hier allerdings bis zum Erbrechen und ist so letztlich kaum noch wirklich gruselig.

Dabei besitzt «Insidious – The Last Key» durchaus einen erzählerischen Höhepunkt mitsamt Twist, der aufgrund seiner Verwurzelung in der Realität tatsächlich überraschend kommt – schließlich muss nicht jeder Grusel in einem Horrorfilm direkt übernatürlichen Ursprungs sein. Leider nutzen die Macher diesen Kniff im Drehbuch (Leigh Whannell, der auch schon für die ersten drei Skripte der Reihe verantwortlich zeichnete) nicht aus, sondern verwenden ihn nur als kurzweiliges Highlight und lassen die Geschichte anschließend noch knapp 40 Minuten weitergehen Das eigentliche Finale spielt sich in jener Parallelwelt ab, mit der Elise bereits in den anderen Teilen Bekanntschaft machte; was kommt, ist ein emotionsloses CGI-Feuerwerk mit einem Showdown, dessen Ausmaße man außerdem kaum versteht. Der Widersacher – im Abspann KeyFace genannt (übrigens verkörpert von einem echten Schauspieler!) – ist in seiner Bedeutung nämlich kaum dechiffrierbar. Was es mit diesem Wesen auf sich hat und auch, welche Bedeutung die Schlüssel, geschweige denn der Filmtitel besitzen, war nach der ersten Sichtung des Films nur schwer zu erkennen. Dafür gibt es einige nette Designideen, wenn KeyFace seinen Opfern mittels Schlüssel Atem und Stimme raubt, auch wenn schlussendlich nur eine Frage bleibt: Warum? Wir hoffen, mit diesem Kapitel ist dann auch wirklich dass aller letzte aus dem «Insidous»-Universum erzählt.

Fazit


Langsam reichts! Trotz eines vielversprechenden Anfangs ist «Insidious – The Last Key» der mit Abstand schlechteste Film des Franchises und taugt nicht einmal mehr als kurzweiliger Gruselschocker.
05.01.2018 15:30 Uhr  •  Antje Wessels Kurz-URL: qmde.de/98197