Der TV-Markt im November: ZDF dominiert immer klarer, ProSieben knackt die zehn Prozent

Während beim Gesamtpublikum die öffentlich-rechtliche Dominanz deutlicher denn je war, erreichte ProSieben in der Zielgruppe seinen besten Wert seit über einem halben Jahr. VOX wiederum ließ die große Chance auf einen Sensationsmonat ungenutzt verstreichen.

Im November war Zeit für den Münsteraner «Tatort» - und damit war eine klar zweistellige Millionenreichweite gesichert. Genauer gesagt kamen Thiel und Boerne im Fall «Gott ist auch nur ein Mensch» auf 12,89 Millionen Fernsehende und sensationelle 34,0 Prozent Marktanteil und enteilten damit der Konkurrenz um Längen. Aber auch Kollegin Charlotte Lindholm kam mit «Der Fall Holdt» noch auf äußerst respektable 10,22 Millionen Zuschauer, bevor der Bronzerang an die deutsche Nationalelf im Zuge ihres Länderspiels gegen England (9,68 Millionen) ging. Beachtlich: RTL knackte in diesem Monat mehrfach die Fünf-Millionenmarke, was in erster Linie «Bauer sucht Frau» mit bis zu 5,97 Millionen Zuschauern zu verdanken war - aber auch das Formel-1-Rennen in Brasilien schlug sich mit 5,25 Millionen sehr beachtlich.

In der werberelevanten Zielgruppe wiederum konnte sich hinter dem Trio Infernale «The Voice of Germany» auf den Rängen vier und fünf platzieren, da zwei Ausgaben der Blind Auditions auf ProSieben knapp mehr als zweieinhalb Millionen junge Menschen ansprachen und überragende Marktanteile von bis zu 27,0 Prozent generierten. Damit war zumindest der Marktanteil durchaus konkurrenzfähig mit jenem des Münsteraner «Tatorts» (28,5 Prozent), welcher aber am starken Sonntagabend eine bedeutend höhere Reichweite von 3,81 Millionen verbuchte. RTL bugsierte eine «Supertalent»-Folge auf 2,19 Millionen und 23,8 Prozent, da Promispecial von «Ninja Warrior Germany» lief hier mit 23,1 Prozent bei 1,92 Millionen ebenfalls bemerkenswert stark.

VOX wiederum begeisterte mit starken Marken und war damit RTL II und kabel eins ein weiteres Mal weit voraus. An «Die Höhle der Löwen» mit bis zu 3,16 Millionen kam erwartungsgemäß niemand vorbei, wenngleich «Club der roten Bänder» mit bis zu 2,46 Millionen trotz leichter Verluste gegenüber den Vorjahren immer noch sehr weit vorne zu finden war - und auch «Hot oder Schrott» gleich mehrfach die Zwei-Millionenmarke überbot. Ein Überraschungserfolg war indes die Vier-Stunden-Doku über die Kelly Family an einem Samstagabend, die erstaunlich starke 2,15 Millionen zum Einschalten mobilisierte - einzig «Grill den Profi» enttäuschte komplett und kam selbst an stärkeren Tagen nicht über 1,37 Millionen hinaus.

Eine echte Überraschung war indes das reichweitenstärkste Format von RTL II: «Mein neuer Alter» am Sonntagvorabend mit maximal 1,45 Millionen, das damit noch knapp vor dem Spielfilm «R.E.D.» (1,44 Millionen) landete. kabel eins entsprach seinem Ruf als Spielfilm-Sender und begeisterte in erster Linie mit altbekannten Streifen - am meisten mit «Stephen Kings Es» aus dem Jahr 1990, dessen erster Teil auf 1,38 Millionen Zuschauer und sehr gute 4,7 Prozent aller sowie 9,1 Prozent der jüngeren Konsumenten gelangte, bevor sich der zweite Teil nach 22:20 Uhr sogar noch auf 5,7 bzw. 11,2 Prozent zu steigern wusste.

Alle Zuschauer (November 2017)


ALLE ZUSCHAUER (NOVEMBER)
11,3
10,9
13,5
12,4
9,0
9,4
3,1
3,1
5,2
5,2
6,6
6,8
4,8
4,7
3,3
3,6
Marktanteile in %  |  November 2017 gegenüber Oktober 2017

In der Rolle des Dauer-Marktführers gefällt sich das Zweite Deutsche Fernsehen nachvollziehbarerweise bereits seit Jahren, doch ein Monatswert von 13,5 Prozent ist auch für die selbstbewussten Mainzer nochmal ein besonders guter Grund zum Jubel. Damit übertraf man nämlich sowohl den Vormonats- als auch den Vorjahres-Vergleichswert um rund einen Prozentpunkt, wobei sich ohnehin beide Vergleichsmaßstäbe bei 12,4 Prozent beliefen. Einen höheren Anteil des Publikums generierte das ZDF im laufenden Kalenderjahr übrigens nur ein einziges Mal: direkt zum Jahresstart im Januar mit überragenden 13,9 Prozent. Weitaus weniger spektakulär, aber dafür grundsolide schnitten die Kollegen im Ersten ab, die auf 11,3 Prozent zu verweisen hatten und damit einmal mehr die werbefinanzierten Mitbewerber deutlich abzuhängen wussten.

Von denen war standesgemäß RTL am stärksten frequentiert, entfernte sich allerdings von der inzwischen längst zur kaum mehr erreichbar scheinenden Zielmarke verkommenen Zweistelligkeit mit nur noch 9,0 Prozent allerdings wieder etwas deutlicher als vor Monatsfrist, als noch 9,4 Prozent erzielt worden waren. Noch dramatischer liest sich jedoch der Verlust im Vergleich zum November 2016, wo besagte Zielmarke mit 10,0 Prozent noch soeben erreicht wurde. Ebenfalls nur wenig Grund zur Freude gibt es in der Führungsetage von Sat.1, wo einmal mehr eher triste 6,6 Prozent vermarktet werden müssen, nachdem man sich im Vormonat noch auf etwas weniger schwache 6,8 Prozent hatte steigern können.

Wenig Bewegung gab es beim schwächeren Quartett der Top Acht - mit Ausnahme von kabel eins, das nach einem recht soliden Saisonstart mit 3,5 und 3,6 Prozent den Rückwärtsgang betätigte und mit 3,3 Prozent gar nicht mehr so deutlich vor RTL II lag, das sich konstant bei eher enttäuschenden 3,1 Prozent hielt - womit man, am Rande erwähnt, mittlerweile im Dauerclinch mit ZDFneo um Position acht liegt. ProSieben hat die Rehabilitation nach einem desolaten Auftreten im Sommer geschafft und hielt sich bei recht ordentlichen 4,8 Prozent, auch VOX bleibt weiterhin sehr konstant bei 5,2 Prozent. Hier allerdings dürfte man sich sogar etwas mehr erhofft haben, schließlich liefen mit «Die Höhle der Löwen», der finalen «Club der roten Bänder» sowie «Grill den Profi» gleich drei vermeintliche Primetime-Hits - doch die Kochshow hat sich ohne Henssler vom Erfolgsgaranten zum Sorgenkind entwickelt und die Montagabend-Serie läuft zwar weiter stark, muss allerdings leichte Rückschläge hinnehmen.


14- bis 49-Jährige (November 2017)


14- BIS 49-JÄHRIGE (NOVEMBER)
6,3
6,4
5,8
5,6
12,3
12,3
5,3
5,2
7,3
7,2
8,8
8,7
10,4
9,8
4,6
4,7
Marktanteile in %  |  November 2017 gegenüber Oktober 2017

Nach wie vor nicht so recht in die Gänge kommt RTL, das allerdings nach einer äußerst schläfrigen Sommer-Performance auch erst einmal wieder das Gaspedal ausfindig machen musste. Das gelang nun ähnlich mittelmäßig wie schon im Oktober, in beiden Monaten kam man auf 12,3 Prozent. Die raschere Wiedererweckung nach dem ausgiebigen Sommerschlaf durchlebt hingegen ProSieben, das sich im November sogar über einen zweistelligen Marktanteil in Höhe von 10,4 Prozent freuen konnte - was dem höchsten Marktanteil im aktuell laufenden Kalenderjahr entsprach und darüber hinaus erstmals seit März (10,0 Prozent) wieder einem zweistelligen. Worauf dieser beachtliche Erfolg im Kern zurückzuführen ist: «The Voice of Germany», ohne dessen durchgehend herausragende Performance wohl nicht möglich gewesen wäre (mehr dazu hier).

In Anbetracht dessen hätte auch Sat.1 eigentlich mehr leisten müssen als nur 8,8 Prozent, womit der Bällchensender weiterhin nur auf dem Durchschnittsniveau der Vorsaison herum dümpelt. Immerhin hat man im Gegensatz zum Schwestersender aber noch drei statt nur einer «The Voice»-Folgen in Aussicht. Bei VOX blickt man genau wie beim Gesamtpublikum auf einen weiteren sehr soliden Monatswert, muss sich allerdings nun leichte Sorgen darum machen, ob man sich nach 7,3 Prozent in diesem doch sehr höhepunktreichen Monat auch im Dezember noch oberhalb der Sieben-Prozentmarke wird halten können, wenn die herausragenden Marken in nicht mehr ganz so großer Zahl über den Äther gehen werden.

ARD und ZDF taten sich derweil ein weiteres Mal trotz großer Dominanz beim Gesamtpublikum recht schwer, die junge Zuschauerschaft zu erreichen: Das Erste lag hier mit 6,3 Prozent wie so oft vor dem ZDF, das sich mit 5,8 Prozent den Vorwurf gefallen lassen muss, an zu vielen Ecken und Enden seines Programms die Bedürfnisse der Altersgruppen unter 50 Jahren zu vernachlässigen. Auf der anderen Seite langte es aber wieder einmal problemlos, um die beiden schwächsten Akteure der Big Eight auf Distanz zu halten - was auch an abermals phlegmatischen 5,3 Prozent bei RTL II und sogar nur 4,6 Prozent bei kabel eins zusammenhängt.

Was die Gesamt-Performance der acht größten Kanäle des Landes anbetrifft, ist zu sagen, dass diese sich mit 60,8 Prozent der 14- bis 49-Jährigen etwas besser schlugen als noch im Vormonat (59,9 Prozent), im direkten Vorjahresvergleich jedoch einmal mehr ziemlich schlecht aussehen - damals wurden nämlich noch 63,2 Prozent generiert. Die größten Verlierer gegenüber dem November 2016: Sat.1 und RTL II mit jeweils gut einem halben Prozentpunkt weniger, aber auch die restlichen Privatsender büßten ausnahmslos an Relevanz ein. Und beim Gesamtpublikum? Da gab es mit 56,8 statt 56,1 Prozent gegenüber dem Oktober ebenfalls ein leichtes Plus, gegenüber dem November 2016 aber zugleich ebenfalls ein deutliches Minus zu verbuchen, obwohl das ZDF sogar einen saftigen Zugewinn verbuchte. Da aber auch hier das werbefinanzierte Fernsehen ausnahmslos zum Teil deutliche Rückschläge zu verkraften hatte, reichte dies nicht einmal zur ansatzweisen Manifestation des damaligen Status quo.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Langzeitentwicklung – wie schlagen sich die Sender nach drei Monaten im TV-Jahr 17/18? Wer gewinnt, wer verliert?


Alle Zuschauer (Fernsehjahr)


ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,1
11,3
12,9
12,7
9,1
9,7
3,0
3,3
5,2
5,3
6,6
7,1
4,7
4,9
3,5
3,6
Marktanteile in %  |  Sep. 2017 – Nov. 2017 gegenüber Sep. 2016 – Mai 2017

Ein Drittel der TV-Saison liegt mittlerweile hinter uns und so allmählich ist diese Statistik mehr als nur eine nette Spielerei, sondern kann als seriöser Anhaltspunkt hinsichtlich der zu erwartenden Markttendenz betrachtet werden. Und diese erste Tendenz ist ganz im Sinne des Marktführers ZDF, das schon 2016/17 als beinahe einziger großer Sender noch zuzulegen wusste (von 12,4 auf 12,7 Prozent) und momentan mit 12,9 Prozent ebenfalls wieder auf einem guten Weg ist. Die öffentlich-rechtlichen Kollegen des Ersten hatten dagegen die schlechteste Saison ihrer Geschichte hinter sich und könnten die damit verbundenen 11,3 Prozent angesichts eines Zwischenstands von 11,1 Prozent abermals untertreffen.

Und doch tut man sich schwer damit, die ARD als echten Verlierer unserer Zeit zu deklarieren, wenn man auf die verheerende Bilanz der großen Privaten blickt: RTL nämlich scheint seinen kontinuierlichen Abwärtstrend der 2010er-Jahre ungebremst fortzusetzen und klatscht nach jetzigem Stand von 9,7 auf 9,1 Prozent zurück. Schon seit mehr als fünf Jahren fernab der Zweistelligkeit performt Sat.1, das jedoch eindrucksvoll zeigt, dass eine anschließende Stabilisierung auf schwächerem Niveau kein Automatismus ist. Nach 8,1 Prozent 2014/15 und 7,6 bzw. 7,1 Prozent in den Jahren darauf erscheint auch diesmal wieder ein Verlust um etwa einen halben Prozentpunkt realistisch, nach den ersten drei Saisonmonaten jedenfalls muss man sich mit gerade einmal 6,6 Prozent begnügen. Und auch ProSieben ist trotz der leichten monatsbezogenen Aufwärtstendenz noch lange nicht über den Berg, was mögliche dramatische Saison-Einbußen anbetrifft. Hier stehen aktuell 4,7 statt 4,9 Prozent auf dem Papier.

Einen inzwischen recht deutlichen Vorsprung auf den Konkurrenten hat sich VOX erarbeitet, das in den vergangenen vier Saisons stets sehr konstant zwischen 5,2 und 5,3 Prozent changierte und auch aktuell wieder bei 5,2 Prozent steht. Von einer solchen Konstanz können kabel eins und RTL II nur träumen, wobei vor allem letztgenannter Sender eine äußerst schwierige Zeit durchlebt und mit nur drei Prozent unter die Drei-Prozentmarke zu fallen droht. Zum Vergleich: Noch 2015 hatte man die Saison mit 3,9 Prozent beendet. Die Formkurve der Big Player zeigt insgesamt erwartungsgemäß übrigens ebenfalls wieder deutlich nach unten und entspricht damit einer jahrelangen Markttendenz: Nach 57,9 Prozent zuletzt kommt man bisher nicht über 56,1 Prozent hinaus.


14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)


14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,5
6,5
5,9
5,9
12,1
12,8
5,2
5,5
7,3
7,4
8,4
8,7
9,9
10,0
4,6
4,9
Marktanteile in %  |  Sep. 2017 – Nov. 2017 gegenüber Sep. 2016 – Mai 2017

Vieles von dem, was über die Marktentwicklung beim Gesamtpublikum bereits angeführt wurde, lässt sich beinahe 1:1 auch auf die jungen Zuschauer übertragen. Die immer prekärere Lage der werbefinanzierten Kanäle etwa, deren größter Akteur RTL in den vergangenen sechs Jahren einen beispiellosen Sinkflug von 19,2 auf 12,8 Prozent hingelegt hatte und diesen nach momentanem Stand mit nur noch 12,1 Prozent wohl nahtlos fortsetzen wird. ProSieben schöpft nach dem guten November wieder etwas Hoffnung, den historischen Sturz unter die Zehn-Prozentmarke noch zu verhindern, doch nach denkbar knappen 10,0 Prozent zuletzt steht man aktuell dennoch nur bei 9,9 Prozent. Und in Sat.1 spricht aktuell angesichts von 8,4 Prozent auch wenig für eine große Kehrtwende, zumal die größten Hits mit «Promi Big Brother» und «The Voice» bereits zum Großteil gezeigt sind.

Eine dem Markt diametral entgegenlaufende Tendenz hatte im Vorjahr VOX mit einem saftigen Plus von 6,7 auf 7,4 Prozent geschafft, wobei es nun gilt, nicht dieselben Fehler zu machen wie RTL und ProSieben, die sich zu lange auf ihren einst mühsam erarbeiteten Pfründen ausgeruht haben und zunehmend zu kränkeln begannen. Ein kleines Signal in diese Richtung sind die aktuell eher unspektakulären 7,3 Prozent trotz der in den letzten Jahren mühsam zu Superhits entwickelten Top-Marken, die aktuell zuhauf laufen. Kaum Bewegung zeigt sich derweil bei ARD und ZDF, während der Daumen bei RTL II und kabel eins wiederum sehr deutlich nach unten zeigt. Was fehlt also bislang komplett in dieser Saison? Ein Gewinner. Und da es andererseits durchaus den einen oder anderen Verlierer gibt, sackt auch der kumulierte Marktanteil der acht großen Sender weiter ab, nach derzeitigem Stand von 61,7 auf 59,9 Prozent.
01.12.2017 09:09 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/97477