Sonntagsfragen an Dr. Torsten Rossmann (Teil II)

Herr Rossmann, schön, dass Sie nochmals Zeit für uns gefunden haben. Schauen wir ein wenig in die Zukunft: Welche Pläne haben Sie mit N24?

Wir werden N24 in mehrfacher Hinsicht weiterentwickeln. Priorität hat das Thema technische Reichweite. Ende 2005 werden wir in voraussichtlich knapp 90 Prozent aller TV-Haushalte zu empfangen sein. So beteiligen wir uns an den DVB-T-Projekten, die in diesem Jahr beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und Bayern anlaufen.. Fast genauso wichtig wie die Steigerung der technischen Reichweite ist die Vergrößerung des Bekanntheitsgrades des Senders. Dies ist eine Aufgabe für unseren Presse- und Marketingchef, Thorsten Pütsch, der mit viel Herzblut und Kreativität dafür sorgt, dass die Zuschauer uns wahrnehmen. Wir müssen den Leuten bewusst machen, dass es einen Nachrichtensender gibt, der jünger positioniert und moderner ist als die Konkurrenz und der inzwischen auch höhere Marktanteile erzielt.



Das muss man den Leuten erzählen – und das werden wir auch tun. Nicht zu vergessen die Weiterentwicklung im Programm: Neben der Berichterstattung über die Großereignisse konnten wir in diesem Jahr einige Highlights setzen, wie z.B. die Dokumentations-Reihe «Die Farbe des Krieges», die Original-Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg in Farbe zeigt. Seit Ende April strahlen wir dienstags um 20.05 Uhr «Kronzuckers Kosmos» aus, ein Wissensmagazin mit Dieter Kronzucker, das wir bewusst gegen die Zweitverwertung von «Welt der Wunder» auf n-tv gesetzt haben. Außerdem arbeiten wir weiterhin an unseren Nachrichtenstrecken. Hier werden wir in die Live-Berichterstattung investieren, die wir ausbauen wollen. Wir sind hier also ganz guter Dinge.



Wie werden Sie diese Live-Berichterstattung genau ausbauen?

Unser Ziel ist es, vor allem in Deutschland täglich vor Ort zu sein, überall dort, wo etwas passiert, werden unsere Reporter sein. Dadurch wird die Lebendigkeit nochmals erhöht.



Welcher Sender macht Ihrer Meinung nach die beste Nachrichtensendung?

Der deutsche Fernsehmarkt ist einzigartig vielfältig. Wir haben zahlreiche Nachrichtenangebote, die für jeden Geschmack und jede Zielgruppe etwas bieten. Wenn man sich anschaut, wie die Marktverteilung momentan aussieht, besetzen Nachrichtensender nur ein sehr kleines Segment. Wir sprechen hier von 1,0 bis 1,5 Prozent Marktanteil. Im Trend des laufenden Jahres liegt N24 momentan vor n-tv. Aber nicht nur deshalb bin ich davon überzeugt, dass N24 unter den Nachrichtensendern die besten Nachrichten macht. Dann haben wir natürlich die klassischen Seher, die bei den Öffentlich-Rechtlichen Sendern sehr gut bedient werden. Allerdings muss man sagen, dass es sich dabei im Kern um die über 50 Jährigen handelt. Bei den «Sat.1 News» und der ProSieben «Newstime» werden die Bedürfnisse der für die Werbewirtschaft relevanten Zielgruppe hervorragend abgedeckt.



Dass RTL mit seinen Nachrichten seit Jahren auch einen guten Job macht, ist bekannt. Nachrichten spielen im deutschen Privatfernsehen eine wichtige Rolle, ungeachtet der doch eher kulturpessimistischen Diskussion über die Qualität des Privatfernsehens. Was das Thema Nachrichten anbelangt, muss sich kein Privatsender verstecken. Gerade große Ereignisse nehmen einen großen Stellenwert in der Programmplanung und Programmierung der Privatsender ein. Das ist ein gutes Zeichen.



Wo Sie von der Programmplanung sprechen. Kommen wir kurz zum Tod von Papst Johannes Paul II. Sämtliche Sender unterbrachen das Programm, um über die Ereignisse aus Rom zu berichten. ProSieben machte eine Ausnahme und sendete planmäßig den Film «Stirb langsam 2». Geschmacklos?

Nein, das halte ich nicht für geschmacklos. Die Artikel im Feuilleton, die ProSieben dafür kritisiert haben, waren unangemessen. Viele Fernsehsender haben ja die Ereignisse in Rom aufgegriffen und Sondersendungen gezeigt. Auf der anderen Seite muss es aber auch erlaubt sein, dass einige Sender ein Komplementär-Programm anbieten und bei ihrer ursprünglichen Programmierung bleiben. ProSieben hat diese Linie von Anfang an vertreten und ist sich selbst und seinem Publikum auch in diesem Fall treu geblieben, auch wenn an diesem Tag gerade «Stirb Langsam 2» vorgesehen war. Über das Sterben und den Tod von Johannes Paul II wurde in den Nachrichten bei ProSieben ausführlich berichtet. Man darf auch nicht vergessen, dass der Film einen sehr sehr guten Marktanteil verbuchen konnte. Offensichtlich gibt es in Deutschland viele Zuschauer, die den Papst-Tod zwar zur Kenntnis genommen haben, sich aber dadurch in ihrem Freizeitverhalten nicht beeinflussen ließen und das ProSieben-Angebot angenommen haben. Das sollte man insgesamt nicht überbewerten.



Wer ist Ihrer Meinung nach der beste Nachrichtensprecher Deutschlands?

Auch das lässt sich pauschal nicht beantworten. Die N24-Moderatoren tun zum Beispiel etwas, was für die meisten Formatnachrichten-Anchors undenkbar ist: stundenlang mehr oder weniger frei und live Nachrichten zu präsentieren. Das ist eine Kompetenz, die bei Leibe nicht jeder Anchor hat. Natürlich liefern auch die Anchor klassischer Formatnachrichten, egal ob ich jetzt Michael Marx, Thomas Kausch oder Peter Kloeppel nehme, Tag für Tag eine große Leistung ab. Sie wirken glaubwürdig, sie wirken sympathisch, sie sind kompetent… Das sind Talente, die nicht jeder hat, der beim Fernsehen arbeitet. Insgesamt denke ich, dass sich unsere Moderatoren vor niemandem verstecken müssen. Im Gegenteil: Wir setzen hier eigene und sehr erfolgreiche Akzente.



Nun spielen wir auch mit Ihnen noch ganz kurz unsere VIP-Schaukel. Zwei kleine Fragen für Sie zum Abschluss unseres Interviews.

Welchen TV-Moment werden Sie nie vergessen?

Die Mondlandung.

Welche Fernsehsendung verpassen Sie nie?

(überlegt): Ich muss es gestehen: den «Tatort». Zum Leidwesen meiner Familie bin ich aber ein leidenschaftlicher Zapper, ich schaue die Sendungen in der Regel gleichzeitig.



Vielen Dank für das Interview Herr Rossmann und alles Gute für N24.
08.05.2005 12:45 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/9705