«Sanft schläft der Tod»: Ein alter Hut, nicht gut verpackt

Der Segelurlaub von Familie Mendt wird zum Alptraum, als ihre Kinder entführt werden – zum Alptraum für den Zuschauer werden dagegen stereotypische Charaktere, lauter Klischees und eine Nebenhandlung.

Cast und Crew

  • Regie: Marco Kreuzpaintner
  • Drehbuch: Holger Karsten Schmidt
  • Darsteller: Manfred Zapatka, Marleen Lohse, Fabian Busch, Matthias Brandt, Bernhard Schütz, Christina Große und andere
  • Kamera: Peter Joachim Krause
  • Produzent: Hans-Hinrich Koch
  • Musik: Tim Stanzel, Moritz Denis, Eike Hosenfeld
  • Produktionsfirma: ndF Berlin GmbH, Degeto
Mit Kindesentführungen in Film und Fernsehen erfindet man das Rad heutzutage gewiss nicht neu, dutzende Male wurde eine solche Idee bereits auf die ein oder andere Art umgesetzt. «The Missing», «Steven – Die Entführung», «Taken» … die Liste ist lang. Insofern ist es keine leichte Aufgabe, bei dieser Thematik einen neuen Dreh zu finden. «Sanft schläft der Tod» meint, diesen gefunden zu haben – bietet jedoch vor allem stereotypische Charaktere, Klischees und eine unnötige B-Story.

Doch zuerst einmal zur Ausgangssituation: Schauplatz des Films ist Rügen, das Ostseebad Binz garantiert nebenbei bemerkt wenigstens schon einmal ansehnliche Bilder. Dort verbringt Familie Mendt ihren Urlaub – für wenige Minuten zumindest, denn glücklicherweise ist das Vorgeplänkel relativ schnell vorbei und die Geschichte nimmt rasch an Fahrt auf. Dennoch reicht die kurze Zeit vor der Katastrophe, um zu verstehen, dass es sich bei Familie Mendt um eine typische Patchwork-Family handelt; auch wenn das eher mit dem Holzhammer als mit gescheiten Dialogen geschieht („Du bist nicht meine Mutter!“). Obacht: Das wird später noch wichtig.

Weil das Ehepaar Frank und Anja ihre Kinder für einen Moment alleine lässt, kommt es wie es kommen muss: Das Boot mitsamt ihren Sprösslingen ist mir nichts dir nichts verschwunden. Daraufhin sehen wir nicht nur zum ersten Mal den geschockten Gesichtsausdruck von Schauspieler Fabian Busch. Wir machen auch das erste Mal Bekanntschaft mit der örtlichen Polizei, in Form von Christoph Ninnemann und Bentje Vogt. Der eine ist schusselig und unerfahren, die andere deutlich selbstsicherer – und schwanger.

Auf der Polizeistation trudelt wenig später der auf den Fall aufmerksam gewordene Herbert Winter ein. Er sieht Parallelen zu einem älteren Verbrechen aus dem Jahr 1988: Gekidnappte Geschwister, die vorher mit einem Straßen-Zauberer in Berührung kamen, die Mutter mit roten Haaren, keine Kontaktaufnahme durch den Täter, keine Aufklärung. Seine Vermutung ist, dass ein Serientäter weiterhin sein Unwesen treibt – und es in erster Linie nicht auf Lösegeld abgesehen hat. Der hinzugezogene LKA-Beamte Werner Kempin hält von dieser These zuerst nicht viel, schließlich nimmt er die Rolle des besserwisserischen Höhergestellten ein.

Bevor diese wichtigen Details aber überhaupt ans Licht kommen, muss unbedingt offenbart werden, dass Herr Winter der gehasste Vater von Frank ist. Die beiden haben aufgrund früherer einschneidender Ereignisse kein allzu gutes Verhältnis. Somit liefern die Produzenten neben der Kriminalgeschichte gleichzeitig ein kleines Familiendrama ab. Was dann erklärt, weshalb der Zweistünder durchaus Längen vorzuweisen hat. Der Klischee-Counter hat jedenfalls alleine wegen dieser im Grunde genommen vollkommen unwichtigen Nebenhandlung umso mehr zu tun gehabt.

Durch einige Hausbesuche des Vater-Sohn-Gespanns bei Angehörigen ehemaliger Opfer wird das Motiv des Entführers klarer. Unvermeidlich also, dass der Vater-Sohn-Konflikt hier zwischendurch angesprochen wird. Ärgerlicherweise dürfen die anderen Protagonisten so ziemlich jeden klassischen Fehler machen, über den man sich als geübter Rezipient mittlerweile nur noch an den Kopf fassen kann: So verschweigt Anja zunächst, dass sie vom Entführer angerufen wurde, was die Ermittlungen selbstredend nicht zügiger von statten gehen lässt. Dem schließen sich einige nicht sonderlich gut durchdachte Alleingänge an. Ebenso unverständlich, weshalb beim letzten großen Einsatz nicht mehr Einsatzkräfte involviert sind – außer natürlich, weil das Drehbuch es so verlangt. Das Ende an sich ist einigermaßen erwartbar, obgleich der Weg dahin teilweise arg unglaubwürdig anmutet. So viel sei gesagt: Dem Samstagabend-Publikum des Ersten wird ein einigermaßen verdaulicher Schlusspunkt serviert, der Mut für ein düsteres Ende fehlte leider.

«Sanft schläft der Tod» ist am 7. Oktober 2017 um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
05.10.2017 08:00 Uhr  •  Daniel Sallhoff Kurz-URL: qmde.de/96254