Ein junges Mädchen wird getäuscht, emotional manipuliert und zur Prostitution gezwungen. Ein bewegendes Drama, das unter die Haut geht, und durch die Leistungen der Jungschauspieler besticht.
Caro (Anna Bachmann) ist ein ganz normaler Teenager, mitten in der Pubertät, unzufrieden mit ihrem Körper und unsicher in Bezug auf Jungs. Bis sie eines Tages zufällig auf Cem (Samy Abdel Fattah) trifft, der sie mit seiner lockeren, leidenschaftlichen Art sofort begeistert. Doch was zunächst als harmlose und gewöhnliche Teenager-Romanze beginnt, mündet schon bald in einen bodenlosen Abgrund. Was Caro nicht weiß: Cem ist ein Loverboy.
Ein wahres Pfund des Dramas stellen die zwei jungen Hauptdarsteller dar, die in ihren Rollen – oder besser ihren jeweils beiden Rollen – gänzlich überzeugen. Denn die beiden Hauptcharaktere sind mit zwei verschiedenen Gesichtern gezeichnet. Anna Bachmann verkörpert den Teenager Caro in all ihren Lagen herausragend. Sie spielt den verknallten Teenager ebenso überzeugend wie das verängstigte, gepeinigte Opfer. Zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt erlaubt die Figur viele Facetten, und Bachmann beherrscht die ganze Klaviatur. Den Gegenpart übernimmt Samy Abdel Fattah, der erneut sein Talent für ambivalente, düstere Rollen unter Beweis stellt. Als umschmeichelnder, zuweilen kitschiger Charmeur simuliert er Nähe zu Caro, um ihr im nächsten Moment mit aller Härte und Brutalität seine Macht zu demonstrieren. Besonders seine Wutausbrüche wirken beängstigend und hundertprozentig authentisch.
Das größte Identifikationspotential dürften die Eltern bieten, die sich zwar zunehmend um ihre Teenagertochter sorgen, denen das ganze Ausmaß der Situation aber nur langsam bewusst wird. Ihr Zuhälter achtet schließlich darauf, dass Caros Leben ganz normal weiter geht. Tagsüber lernen für die Schule, abends anschaffen auf dem Strich. Zunächst vertreten die Eltern noch gegenteilige Standpunkte, da die strenge Mutter, dort der gutmütige Vater. Es geht um Teenager-Themen wie Ausgehen, Rauchen und Trinken. Als sich jedoch die Anzeichen verdichten, dass Caro in wirklichen Schwierigkeiten steckt, ziehen sie an einem Strang. Spätestens ab diesem Moment haben auch die Nebendarsteller die Chance sich ins Rampenlicht zu spielen – und wissen diese zu nutzen. Maria Simon und Bernd Michael Lade wissen als tief verzweifelte Eltern zu gefallen und die Sorge sowie den Schmerz ihrer Figuren glaubhaft darzustellen. Der Rest des Castes rundet ein starkes Schauspielensemble ab.
Die Story entwickelt sich zu Beginn etwas zu schnell. Trotz der starken Schauspielerleistungen sind die Handlungen der Figuren zunächst nicht immer komplett nachvollziehbar, zumal Hinweise auf die vergangene Zeit fehlen. So entwickelt sich Caros psychische Abhängigkeit genauso schnell, wie Cem sein wahres Ich offenbart. Dessen kitschiges Gehabe ist bisweilen etwas dick aufgetragen. Dies sind jedoch nur Schönheitsfehler einer ansonsten äußerst packenden und glaubwürdigen Geschichte, die den Zuschauer emotional mitnimmt und ein beklemmendes Gefühl vermittelt.
Diese Beklemmung resultiert in erster Linie aus der Schonungslosigkeit, mit der sowohl die physische, als auch die psychische Gewalt an dem Mädchen dargestellt wird. Skrupellos wird sie zunächst getäuscht, dann erpresst, dann bedroht. Besonders prekär ist angesichts ihrer aussichtslosen Lage, dass sie immer noch glaubt, sie und ihr Peiniger würden das alles nur für eine gemeinsame Zukunft tun. Moralisch klagt das Drama zu Recht nicht nur die Zuhälter und ihre perfide Masche an, sondern auch die Freier, denen durchaus bewusst ist, wie jung das Mädchen ist und unter welchen Bedingungen sie ihre Wünsche erfüllt. So lange es eine Nachfrage nach minderjährigen Prostituierten gibt, wird es auch Kriminelle geben, die Angebote machen. So handelt es sich bei «Ich gehöre ihm» nicht nur um ein sehenswertes Drama, sondern auch um einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über das Thema.