Deutsche Animationsfilme sind eine Seltenheit. Erst recht, was den Erfolg angeht. Und so kann man Holger Tappes «Happy Family» nur wünschen, dass dieser ein wenig mehr Beachtung findet, als die nationale Konkurrenz.
Die Wünschmanns sind alles andere als eine glückliche Familie. Mutter Emmas Buchhandlung schreibt schon seit Monaten tiefrote Zahlen, der völlig überarbeitete Vater Frank leidet unter seinem Chef, das Gehirn der pubertierenden Tochter Fee ist gerade wegen Umbaus geschlossen und der hochintelligente Sohn Max wird in der Schule gemobbt. Doch damit nicht genug: Auf einem Kostümfest verwandelt die Hexe Baba Yaga die gesamte Familie in Monster – Emma wird zur Vampirin, Frank zu Frankenstein, Fee zur Mumie und Max zum Werwolf. Gemeinsam jagt die Monster-Familie die Hexe über den halben Globus, um den Fluch wieder loszuwerden. Auf ihrem Holterdipolter-Trip fetzen sich die Wünschmanns mit einigen echten Monstern, nicht zuletzt mit dem unwiderstehlich charmanten Graf Dracula (Oliver Kalkofe) persönlich, der sich unsterblich (logisch, weil untot!) in Emma verliebt hat.
Unter diesen Voraussetzungen mögen Kenner des Romans der Verfilmung ein wenig die fehlende Reife und den Mangel an Bissigkeit vorwerfen, für einen familientauglichen Abenteuerfilm ist diese Prämisse indes gut geeignet. Denn auch, wenn die Wünschmanns hier nicht ganz so sehr am Verzweifeln sind, wie noch in der Vorlage und die Probleme allesamt lösbar erscheinen, bleibt die Prämisse allein deshalb glaubhaft, weil sich der eigentliche Hauptplot ohne die zerstrittene Familie gar nicht in Gang setzen könnte: Die böse Zauberin Baba Yaga kann die Wünschmanns nämlich nur deshalb verfluchen, weil sie unglücklich sind – und so können sich die fortan als Vampir, Werwolf, Mumie und Zombie durch die Gegend laufenden Zeitgenossen auch nur selbst aus dem Schlamassel ziehen, indem sie endlich wieder zueinander finden. Das offenbart zwar bereits eine recht austauschbare, im Familienkino nur allzu überdominante Botschaft mitsamt sämtlichen „Glaub an Dich selbst!“-Motivationssprüchen und Toleranz-Appellen, doch die Autoren nehmen sich zu Beginn genug Zeit, um selbst noch so abgedroschene Szenen charakterlich zu unterfüttern. In den ersten zwanzig Minuten erfährt man genug, um spätestens im letzten Drittel einfach nur noch mit den Hauptfiguren mitzufiebern. Da wird selbst eine reichlich plakative Szene im Finale, in denen die Wünschmanns erwartungsgemäß doch endlich zueinander finden, ziemlich rührend, denn das sukzessive Wieder-zueinander-Finden gerät hier ebenso glaubhaft, wie der vorab etablierte Dauerzwist.
Trotzdem treffen nicht sämtliche Ideen voll ins Schwarze: Anspielungen auf deutsche Modelcastingshows wirken in dem ansonsten so bodenständigen Szenario völlig fehl am Platz, genau wie die Zeichnung des Schurken Dracula zwar angenehm komplex gerät, doch der zwischen missverstandenem Opfer seiner eigenen Existenz und egoistischem Bösewicht chargierende Blutsauger könnte allzu kleine Zuschauer durchaus überfordern. Selbst wir wussten bis zum Ende des Films immer noch nicht so recht, was wir von dem liebeskranken Untoten nun eigentlich halten sollen. Weitaus gefestigter zeigen wir uns dagegen in unserer Meinung zu den Synchronsprechern: Entertainer Hape Kerkeling («Die Eiskönigin») zeigt sich als Graf Dracula wieder einmal von seiner besten Seite, während wir von Oliver Kalkofe («Epic - Verborgenes Königreich») als Butler Renfield gern mehr gehört hätten. Auch optisch kann «Happy Family» überzeugen. Wenn die Familie Wünschmann sowie die tollpatschige Hexe Baba Yaga auf ihrer Leinwandodyssee von Ägypten über Venedig bis hin nach London reisen, sind die animierten Weltstädte in ihrem Detailreichtum schlicht wunderschön anzusehen – auch wenn es schon erstaunlich ist, dass hier selbst in den Touristenhochburgen fast nirgendwo andere Menschen zu sehen sind, als unsere Hauptfigurenfamilie.