Mit einigen fragwürdigen Änderungen vermittelte Sat.1 in den vergangenen Wochen den Eindruck, als hielte man die Reality-Show in diesem Jahr weitgehend auf Sparflamme. Und die Auftaktfolge? Die landete ein paar Punkte in der B-Note und vermittelte nicht den Eindruck eines «Promi BB Light» - der erhoffte Turbo nach dem schwachen Vorjahr wurde aber auch noch nicht gezündet.
Die drei größten Privatsender des Landes sind in diesen Tagen zum Punkten verdammt, hat sich doch die ohnehin seit Jahren schon andauernde Krise des Privatfernsehens zuletzt noch deutlich verschärft. Mittendrin im Kampf gegen den schleichenden Bedeutungsverlust ist bereits seit Jahren Sat.1, das nun immerhin zwei Wochen lang am späten Abend dank «Promi Big Brother» auf die mediale Relevanz hoffen darf, die dem Routineprogramm zunehmend abgeht. Zur selbstinszenatorischen Folklore gehört da fast schon standesgemäß, auch die neueste fünfte Staffel als kleine Revolution eines Formats anzupreisen, das in seiner Ursprungsform bereits steil auf die Volljährigkeit zugeht. Härter, spannender und spektakulärer sollten die Lebensbedingungen für die Bewohner, der in guter alter Orwell-Tradition bedrohlich heroisch über allem thronende große Bruder und die Duelle werden, glaubte man der Sat.1-PR.
Im Gegenzug befördert wurde dafür Jochen Bendel, der gemeinsam mit Jochen Schropp nun durch die Hauptshow führen darf. Und das tut er im ersten Anlauf gleich einmal sehr wortreich und leicht überdreht. Dabei ergänzt sich das Duo gleich bei der ersten gemeinsamen Live-Show überraschend gut, neigt allerdings auch dazu, jeden Moment "totzuquasseln". So gerne man das «Big Brother»-Urgestein auch da sehen mag und so sehr man es ihm gönnt, drei Jahre nach dem vermeintlichen Tiefpunkt seines Schaffens - dem Einzug ins RTL-Dschungelcamp - wieder in moderierender Funktion im Hauptprogramm angekommen zu sein, so sehr beschleicht einen auch das Gefühl, dass zwei Jochens auf einmal über 15 Abende hinweg doch schnell anstrengend werden können. An Klasse und Witz haben die Moderationstexte jedenfalls nicht zugelegt, wenngleich sie zumindest die allerschlimmsten marzahn'schen Vulgarismen hinter sich gelassen haben. Aber die Menge und Rasanz an bemüht humorigen Anmerkungen ist bei der Premiere schon recht hoch ausgefallen - nur zünden wollte eben kaum etwas.
Was allerdings dafür umso mehr im Nichts verpufft, ist die vollmundige Ankündigung, dass die Duelle in diesem Jahr eine deutliche Aufwertung erfahren und in einer großen Arena stattfinden sollen. Groß wirkte das am Ende der Show gezeigte Spiel zwar durchaus, aber zugleich auch reichlich fantasielos von etlichen bereits bestehenden Action-Spielshows abgekupfert: Die beiden Duellanten (oder besser: ihre Vertreter, weil Sarah Knappik und Zachi Noy (Foto) zwar vom Publikum auserwählt wurden, aber ihre Körper dieser Belastung offenbar nicht standhalten) steigen in überdimensioniert große Kugeln und müssen sich durch einen Pool kämpfen, bevor sie anschließend im Mittelteil eines großen Kreisels zehn Sekunden lang ausharren sollen. Nett, ganz kurzweilig, aber auch beliebig - und sicherlich kein einleuchtendes Argument dafür, das Studiopublikum zu verbannen. Blöd für das Duell-Konzept überdies, dass sich die Gruppe ohnehin schon im Vorfeld komplett einig war, dass es doch bitte Zachi nach all seinen Strapazen zu gewinnen habe - selbst Sarah Dingens.
Im Haus selbst steht natürlich zunächst einmal das gegenseitige Beschnuppern im Vordergrund, wobei die ersten Impressionen durchaus die Hoffnung des eventorientierten Reality-Teilzeit-Touristen und Profi-Twitterers auf Kasalla und hirnzerreißende Dümmlichkeit nähren. Als heißeste Anwärterin auf die Superbrain-Goldmedaille spielt sich in Folge eins die nach ihrer Teilnahme beim «Bachelor» wohl in irgendeinem Paralleluniversum fast schon bekannte Evelyn Burdecki (Foto) in den Mittelpunkt, als sie wenig verständig, aber umso begeisterter wirkend über das Konzept der künstlichen Befruchtung aufgeklärt wird. Es wird weiterer Unterrichtsstunden bedürfen, um ihr zu erklären, dass Mütter gemeinhin weniger dafür bekannt sind, "ihre Spermien dazuzugeben", aber amüsant ist diese intellektuelle Unbedarftheit zweifelsfrei. Und auch sonst ist das Teilnehmerfeld dieser Staffel zwar nominell weitaus schwächer besetzt als in den Vorjahren, lässt allerdings sein Potenzial schon in der einen oder anderen Szene aufblitzen.
Alles in allem macht die Auftaktfolge der fünften «Promi Big Brother»-Staffel nun wahrlich nicht den Eindruck, als wolle Sat.1 zumindest das Hauptformat in diesem Jahr ähnlich ambitionsarm runterspulen wie viele andere Bestandteile seines Programms. Zwar hat man so viele Fragezeichen wie noch nie im Gesicht, wenn man die Namen der Teilnehmer hört, doch wer zu einer äußerst weiten "Promi"-Definition bereit ist, wird eine Show geliefert bekommen, die ähnlich gut bis schwach werden kann wie in den vergangenen vier Jahren - je nachdem, welche Dynamiken in den kommenden beiden Wochen noch auftreten werden. Ob man den "Härter, besser, geiler"-Parolen der Programmverantwortlichen jedoch besondere Bedeutung beimessen darf, sollte auch in Frage gestellt werden. Die Auftaktfolge deutet nämlich eher darauf hin, dass die gewohnte Unterhaltung mit neuen Namen und ein paar ganz amüsanten kreativen Einfällen dargeboten wird, die aber das Gesamtbild letztlich weder signifikant bereichern noch schmälern dürften. Ob das reicht, um dieses Format zufriedenstellend zu tragen? Das ist zum jetzigen Stand schlichtweg nicht seriös vorherzusagen.