Fake News bei «Galileo»: Warum die Welt nicht nur schwarz oder weiß ist

Das Team von «Galileo» dreht sehr aufwändige Geschichten, doch das eine oder andere Fazit fällt dagegen sehr einseitig aus.

Seit fast 20 Jahren wollen die Produzenten von «Galileo» Wissen vermitteln. Einst war man mit der Ambition gestartet, die Dinge des Alltags zu erklären. Wie fliegt beispielsweise ein Hubschrauber oder warum erscheint ein Regenbogen? Der beliebteste Beitrag mit über vier Millionen Zuschauern war die Entstehung von Hausstaub. Doch diese Zeiten sind schon lange vorbei: Damals hatte man Top-Quoten, sendete aber auch nur 25 Minuten.

Inzwischen ist das Format 70 Minuten lang und hat zudem noch mehrere Ableger erhalten. In «Galileo the Game» wurde am Sonntagvorabend gequizzt, «Galileo Mystery» wollte unheimliche Dinge erklären und «Galileo Big Pictures» erzählt die Geschichte von atemberaubenden Fotos. Zwischenzeitlich hat man die Pflege der Hauptmarke außer Acht gelassen, die Folge davon waren rückläufige Reichweiten. Seit einigen Jahren ist das Format allerdings wieder auf Kurs und gehört zu den wenigen starken Marken der ProSiebenSat.1-Gruppe.

Zuletzt beschäftige man sich häufig mit der Reihe „Fake News“, die Falschmeldungen aufklären soll. Ein Beispiel: Chinesische Erfinder bauten ein Versuchsfahrzeug, das über Schienen durch den Verkehr rollt. Im Gegensatz zu Straßen- und S-Bahnen kann der Transporter Autos aufnehmen und rollt über den fließenden Verkehr. Die Meldungen überschlugen sich im Frühjahr 2016, als die Medien von diesem Autobus schrieben. „Ist das die Staulösung“, fragten sogleich mehrere relevante deutsche Medien.



In diesem Jahr wurde es ruhig um diese Erfindung, die damals sogar in Videoform vorgestellt wurde. Das «Galileo»-Team fuhr deshalb nach Qinhuangdao, einer chinesischen Metropole mit drei Millionen Einwohnern. Nach einiger Zeit wurde man auch fündig – den Prototyp gibt es wirklich. Dieser steht jedoch auf einem privaten Gelände, Zugang erhält das Sendungsteam nicht. Die Reporter graben tiefer und finden heraus: Der Geschäftsführer brach das Projekt ab und machte sich mit 650 Millionen Euro aus dem Staub. Für «Galileo» ist der Autobus daher eine „Fake News“.

Ähnlich harsch urteilte «Galileo» im Fall eines Videos über einen Minihubschrauber, der optische Ähnlichkeiten mit einem Motorrad hatte. Das Reporter-Team reiste quer durch Russland, um sich diese ungewöhnliche Gerätschaft zeigen zu lassen. Es bekam immer wieder Ausreden präsentiert und am Ende machte einer der Entwickler öffentlich: Einer der Prototypen flog zwar kurzzeitig, aber dauerhaft kann die Entwicklung nicht in der Luft bleiben. Auch hier vergab man das Label „Fake News“.



Bei einer „Fake News“ handelt es sich um eine ganz klare Falschmeldung – in diesen Fällen ist dies aber nicht richtig. Dem ProSieben-Vorabendmagazin muss man lassen: Kein Medium hat sich die Mühe gemacht, diese und ähnliche Internetmeldungen konkreter zu analysieren und auf Echtheit zu überprüfen. Doch die Wahrheit liegt bei diesen und weiteren Exempeln zwischen „echt“ und „Fake News“. Es gibt Prototypen und entsprechende Geschichten dahinter. Doch es sind Geschichten von (vorerst) gescheiterten Erfindungen – und nicht etwa hanebüchene Lügen.

Grundsätzlich ist die Reihe innerhalb von «Galileo» lobenswert, nur das binäre Fazit, nach dem sie schreit, ist es nicht. Das rüttelt dennoch nicht daran, dass es noch Magazine gibt, die außerhalb von Deutschland recherchieren. Trotzdem sollte man solche Geschichten nicht als Falschmeldungen deklarieren. Das ist genauso absurd, wie ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling „Fake News“ vorzuwerfen, weil er bis heute nicht den Fernsehsender „Galileo TV“ umgesetzt hat. Diesen hatte man nämlich im Februar 2013 ganz selbstbewusst neben „ProSieben Stars“ und „ran+“ angekündigt – und nur, weil eine vorgenommene Entwicklung keine Flügel bekam, würde sich Ebeling wohl ungern mit diesem negativ aufgeladenen Label wohlfühlen, das «Galileo» in ähnlichen Situationen auspackt.
04.08.2017 20:10 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/94890