Große Enttäuschung: «Verkauf's zu Haus» schwächt RTL-Nachmittag noch mehr

Statt eines Aufbruchs in bessere Zeiten ohne das Schmuddelgenre Scripted Reality ging die erste Woche für die neue Daytime-Show eher in Richtung Rohrkrepierer - und setzt den Sender unter Druck.

Quotenvergleich A: RTL-Daytime (14-49 J.)

  • 12.-16. vs. 19.-22. (14h): 11,0% -> 8,6%
  • 12.-16. vs. 19.-22. (15h): 11,5% -> 7,2%
  • 12.-16. vs. 19.-22. (16h): 12,0% -> 7,8%
  • 12.-16. vs. 19.-22. (17h): 13,1% -> 9,3%
Durchschnittliche Marktanteile dieser Woche im Vergleich zur Vorwoche. In beiden Fällen liefen «Verdachtsfälle» um 16 Uhr sowie «Betrugsfälle» um 17 Uhr, neu waren «Verkauf's zu Haus» und «Blaulicht Report».
Ein Fall für TV-Idealisten war der RTL-Nachmittag in den vergangenen Jahren ohnehin nie, dominierten hier doch stets billig produzierte, substanzarme gescriptete Serien ohne jeden inhaltlichen Anspruch. Den Kölnern war das Geunke genau so lange egal, wie diese Formate beim Massenpublikum überdurchschnittlich gute Quoten erzielten - und das war über viele Jahre hinweg, jedoch zuletzt eben nicht mehr der Fall. Und so ist der 14-Uhr-Neustart «Verkauf's zu Haus» der erste Versuch, sich von den ruf- und eben mittlerweile auch quotenschädigenden täglichen Serien zu lösen. Allzu gut sieht es nach der ersten Ausstrahlungswoche allerdings nicht aus.

So war bereits das Interesse an der Auftaktfolge am Montag in beiden wichtigen Zuschauergruppen klar unterdurchschnittlich: Mit 0,62 Millionen Gesamt-Zuschauern gingen nur sehr enttäuschende 6,7 Prozent Marktanteil einher, in der werberelevanten Zielgruppe standen nur knapp überhaupt zweistellige 10,5 Prozent bei 0,28 Millionen auf dem Papier. Für einen Sender, der gemeinhin derzeit gut neun bzw. gut zwölf Prozent erreicht, war dies mit Sicherheit nicht zufriedenstellend - ließ aber zumindest noch Raum für Verbesserungen. Und: Die anschließenden Scripted Realitys schnitten mit 7,7 Prozent («Verdachtsfälle») bis 9,5 Prozent («Blaulicht Report») des jüngeren Publikums eben noch ein gutes Stück schlechter ab. Kein toller Auftakt also, aber einer, der Möglichkeiten ließ. Es sollte das emotionale Highlight der Woche bleiben.

Schon am Dienstag rutsche die Reichweite nämlich auf gerade einmal noch auf 0,47 Millionen, damit verbunden sank auch der Gesamt-Marktanteil um gleich anderthalb Prozentpunkte auf nur noch 5,2 Prozent - womit nur noch etwas mehr als die Hälfte der Sendernorm verzeichnet wurde. In der Zielgruppe war die Einstelligkeit in Anbetracht von nur noch 0,20 Millionen jetzt nicht mehr zu vermeiden, genauer gesagt wurden nur noch 8,0 Prozent verzeichnet. Und jetzt war man auch den gescripteten Reality-Shows im Anschluss nicht mehr überlegen - abgesehen vom «Blaulicht Report», der um 15 Uhr auf sogar nur 7,5 Prozent zurückfiel, bevor die «Verdachtsfälle» und «Betrugsfälle» wiederum auf etwas weniger schlechte 9,7 und 9,6 Prozent emporstiegen.


Traurige Tiefstwerte am Mittwoch - und ein erster Lichtblick


Die Mittwochsfolge wiederum prägte eine erstaunliche Divergenz zwischen Gesamtpublikum und werberelevanter Zielgruppe: Während insgesamt die Zuschauerzahl von 0,47 Millionen gehalten wurde und der Marktanteil sogar minimalst auf 5,4 Prozent stieg, ging der Sinkflug bei den 14- bis 49-Jährigen mit nur noch 0,13 Millionen und 5,2 Prozent nahtlos weiter. Damit wurde nicht einmal mehr die Hälfte der Sendernorm erreicht, innerhalb von nur zwei Tagen sackte der Marktanteil um mehr als fünf Prozentpunkte ab. «Der Blaulicht Report» machte seine Sache danach mit 4,1 Prozent Gesamt- und 3,3 Prozent Zielgruppen-Marktanteil bei 0,42 Millionen aber trotzdem noch eine deutliche Ecke schlechter, erst «Betrugsfälle» kam ab 17 Uhr dann auf einigermaßen erträgliche 7,8 und 9,3 Prozent bei 0,86 Millionen.

Angesichts dessen dürfte die Erleichterung groß gewesen sein, dass «Verkauf's zu Haus» den Schalter am Donnerstag nicht nur umlegen konnte, sondern mit 10,7 Prozent bei den Werberelevanten sogar einen neuen Bestwert erzielte. Beim Gesamtpublikum ging es immerhin leicht auf 0,56 Millionen bergauf, doch die damit verbundenen 6,1 Prozent waren eigentlich noch immer viel zu wenig - viel mehr hatten aber auch die anschließenden Sendungen nicht zu bieten, mit durchweg einstelligen 7,9 bis 9,6 Prozent lief es bei den 14- bis 49-Jährigen dann sogar noch deutlich schlechter. Die fünfte und vorerst letzte Folge fiel dann am Freitag allerdings wieder deutlich auf nur noch 5,1 Prozent aller und 7,6 Prozent der umworbenen Konsumenten bei einer Sehbeteiligung von 0,49 Millionen zurück.


Des RTL Leid ist des Sat.1 Freud...


Quotenvergleich B: Sat.1-Daytime (14-49 J.)

  • 12.-16. vs. 19.-22. (14h): 9,0% -> 11,6%
  • 12.-16. vs. 19.-22. (15h): 9,5% -> 10,2%
  • 12.-16. vs. 19.-22. (16h): 10,9% -> 10,6%
  • 12.-16. vs. 19.-22. (17h): 7,8% -> 7,3%
Durchschnittliche Marktanteile dieser Woche im Vergleich zur Vorwoche. Das Aufgebot war in beiden Fällen identisch: «Auf Streife», dessen Berliner Ableger, «Klinik am Südring» und «Die Schulexperten».
Freuen durfte sich dagegen Sat.1, das mit altbekannter Konsequenz weiter auf Scripted Entertainment setzte und damit richtig gut fuhr. «Auf Streife» etwa kam schon am Montag auf schöne 10,0 Prozent Zielgruppen-Marktanteil, am Dienstag verbesserte sich die Serie auf 11,7 Prozent und am Mittwoch dann sogar nochmals auf 12,8 Prozent. Im Vergleich zum Senderschnitt lief die Sendung beim Gesamtpublikum mit bis zu 12,2 Prozent bei 1,11 Millionen sogar noch stärker, kommt der Bällchensender doch mittlerweile im Normalfall gerade einmal noch auf etwas mehr als sieben Prozent. Und auch als das direkte RTL-Alternativangebot am Donnerstag deutlich zuzulegen wusste, wurden noch immer in beiden Zuschauergruppen starke knapp zwölf Prozent bei über einer Million Fernsehenden verzeichnet.

Der Ableger aus Berlin sowie «Klinik am Südring» schlossen zumeist mit etwas weniger tollen, aber immer noch höchst respektablen Zahlen an, erst das noch recht frische «Die Schulexperten - Jugendhelfer im Einsatz» tat sich dann um 17 Uhr doch weitaus schwerer. Im Normalfall erreichte diese Sendung nur zwischen sieben und acht Prozent der Werberelevanten.

Welches Nachmittagsformat hat euch besser gefallen?
«Verkauf's zu Haus»
13,1%
«Verdachtsfälle»
12,4%
Ganz ehrlich: Beide Sendungen sind schlecht.
54,9%
Habe (mindestens) eine der Sendungen noch nicht geschaut.
19,6%


Kleines Zwischenfazit: RTL mit dem Rücken zur Wand


Blickt man nun einmal auf die Wochenbilanz des zumindest teilweise neuen RTL-Nachmittagsprogramms (siehe auch Infobox ganz oben), bedarf es keiner allzu hoher Empathie, um sich vorstellen zu können, dass die Enttäuschung überwiegen dürfte: Rund zweieinhalb bis vier Prozentpunkte sind auf allen vier vakanten Slots verloren gegangen, überall fiel man in die Einstelligkeit und ist weit vom eigenen Senderschnitt entfernt. Für die stolzen Kölner ebenfalls dramatisch: Zwischen 14 und 17 Uhr lag man noch nicht einmal mehr vor Sat.1, das wiederum mit seinen gewohnten Angeboten sehr gut fuhr und teilweise sogar deutlich zuzulegen wusste - bezeichnenderweise vor allem mit «Auf Streife», das in direkter Konkurrenz zum RTL-Neustart lief.

Und noch ein Problem tut sich für die Macher von «Verkauf's zu Haus» auf: Da der Privatsender bei seiner Bestellung äußerst risikoavers zur Tat schritt und vorerst nur fünf Folgen orderte, gibt es zunächst keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten. Schon in der kommenden Woche kehrt der große «Verdachtsfälle»-Overkill zurück und Norddeich bleibt nur die Hoffnung, trotz nicht grad vertrauenserweckender numerischer Fakten doch noch einmal einen Folgeauftrag zu erlangen. Die Wahrscheinlichkeit dürfte allerdings eher gering sein, dass der auch kommt.
24.06.2017 15:00 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/93990