«Master of None»: Meisterlich Irreführend

Die Generation-Y Komödie, die Aziz Ansari im November 2015 kreierte, ist mit neuen Folgen zurückgekehrt. Fans und Kritiker jubilieren, der Rest sagt „Na und?“, und verpasst damit wohl eine der besten Netflix Eigenproduktionen.

Zugegeben, der Einstieg in die Serie ist gewöhnungsbedürftig. Aziz Ansari, bekannt aus seiner Rolle in «Parks & Recreations», ist ein Schauspieler, den die meisten mit Humor assoziieren. Es ist fast schon enttäuschend, wenn die ersten paar Witze, keine richtigen Lacher, sondern eher ein Schmunzeln produzieren. „Was ist da los?“, fragt der Zuschauer sich. Der Grund dafür ist das Konzept der Serie «Master Of None».

Comedians sind von Natur aus nachdenkliche und beobachtende Menschen. Denn die besten Witze basieren auf einem Funken Wahrheit, gemischt mit Gesellschaftskritik. Doch es ist selten, dass ein Comedian seine Generation so sehr versteht, wie es Ansari tut. Besonders fokussiert ist Ansari auf moderne Beziehungen in der heutigen Gesellschaft. Das zeigt sich auch daran, dass er 2015 ein Buch namens „Modern Romance: An Investigation“ veröffentlichte.

Auch in «Master of None» navigiert Ansari, als 32-jähriger Schauspieler Dev, durch die ungewissen Tiefen der modernen Beziehungen. Dabei ist vor allem die Authentizität der Serie in den Vordergrund zu rücken. Die Dialoge sind organisch und beinhalten echte Themen. Dadurch würden sie auch in einem Tarantino-Streifen nicht fehl am Platz wirken. Die Handlung findet primär On-Screen statt. Fast nichts passiert, ohne dass der Zuschauer genau beobachten kann, was genau vor sich geht. Denn das wahre Leben ist selten so ordentlich und unkompliziert, wie es in den meisten Sitcoms dargestellt wird.

Der nervenaufreibende Prozess ein Date zu organisieren wird hier ungeschönt und realitätsnah dargestellt. So trifft sich Dev zum Beispiel mit seinen drei engsten Freunden. Die beraten ihn darüber, was er am besten schreibt, nachdem ihm eine Frau plötzlich nicht mehr antwortet. Dabei werden diverse Strategien besprochen und ausdiskutiert. Es werden aber auch gewisse soziale Regeln aufgezeigt, wie dass ein dreimaliges beschäftigt sein bedeutet, dass der andere einfach nicht interessiert ist. Dies ist selten wirklich lehrreich, aber verleiht den Charakteren eine gesunde Erdung. Das stellt einen wunderbaren Kontrast zu den überdrehteren Charakteren von «Master of None» her. Denn «Master of None» ist durchaus witzig. Der Humor zeigt sich zwar erst in späteren Episoden so wirklich, bewirkt aber dafür umso mehr. Er lockert die kontroversen Themen auf, die hier besprochen werden.

Die durch und durch persönliche Natur von «Master of None» macht die Netflix-Produktion zu einem Unikat in der momentanen Fernsehlandschaft. Zwar spielt Ansari in der Serie einen Charakter, aber es ist schwierig einzugrenzen wo Ansaris Persönlichkeit endet und Devs beginnt. Die Serie ist offen, clever und weiß ganz genau was sie tut. Man kann es fast nicht vermeiden, Parallelen zwischen der Serie und dem eigenen Leben zu ziehen.

Auch die Besetzung scheint von Episode zu Episode lockerer zu werden und sich selbst in ihren Rollen zu finden. Zum einen wäre da Ansari selbst, der als Dev am Anfang noch stark an seinen abgedrehten Charakter aus «Parks & Recreations» erinnert. Doch Ansari zeigt mit dieser Serie, dass noch mehr in ihm steckt als ein oberflächlicher Klassenclown. Dev zeigt zunehmenden Tiefgang, was nicht zuletzt an Ansaris eigenem Talent liegt. Denise (Lena Waithe), Devs lesbische Freundin, sollte zum Start der Serie weder lesbisch, noch Afroamerikanerin sein. Doch Ansari wollte, dass Denise Waithes Persönlichkeit besitzt. Daraufhin entschloss man sich, die Rolle umzuschreiben. Brian Cheng (Kelvin Yu) ist der Sohn eines taiwanischen Immigranten. Obwohl er sich nicht selbst spielt, repräsentiert sich der Mitschöpfer Alan Yung mit diesem Charakter. Arnold (Eric Wareheim) ist ein sanfter Riese, der als einziger kaukasischer Freund der Gruppe, laut Ansari die Rolle der Alibi-Minderheit einnimmt.

«Master of None» liefert ein überragend schlüssiges Gesamtbild. Jede Episode thematisiert einen gesellschaftlichen Aspekt, fügt sich aber dennoch nahtlos in die übergreifende Geschichte ein. Die Musik ist durchgehend stimmig. Die Kameraarbeit schwankt von Episode zu Episode, irgendwo zwischen clever und beeindruckend. Die Serie braucht ihre Zeit, um so richtig in Fahrt zu kommen, weiß jedoch dafür umso mehr in welche Richtung sie sich bewegen möchte. Dank des fliegenden Starts durch die erste Staffel wird Staffel wwei der Serie wohl nicht mit solchen Problemen zu kämpfen haben. Anhand des Trailers für die zweite Staffel darf man mutmaßen, dass der Fokus zwar immer noch auf Beziehungen und Alltagsproblemen liegen, aber einen saftigeren Teil weiterführender Handlung bieten wird.

Die zweite Staffel von «Master of None» ist seit 12. Mai 2017 um 9 Uhr bei Netflix verfügbar.
12.05.2017 10:30 Uhr  •  Lukas Brübach Kurz-URL: qmde.de/93079