Die Kritiker: «München Mord: Einer der’s geschafft hat»

Zum fünften Mal begibt sich das bayrische Ermittler-Trio auf eine unterhaltsame Verbrecherjagd, die besonders vom Zusammenspiel der Hauptdarsteller lebt.

Cast & Crew «München Mord: Einer der's geschafft hat»

  • Buch: Florian Iwersen
  • Schnitt: Dirk Grau
  • Kamera: Nathalie Wiedemann
  • Musik: Ali N. Askin
  • Regie: Anno Saul
  • Szenenbild: Michael Köning
  • Produktion: tv60
  • Produzenten: Sven Burgemeister, Andreas Schneppe
  • Redakteur: Stefanie von Heydwolff, Petra Tilger, Manuel Meinhardt (Assistenz)
  • Besetzung: Bernadette Heerwagen, Marcus Mittermeier, Alexander Held, Christoph Süß, Mette Lysdahl, Fred Stillkrauth, Gundi Ellert, Wolfgang Pregler, Anna Unterberger, Tom Lass, Danny Exnar, Lasse Mehr, Nikolas Beyer
Seit 2014 bewegt sich das dreiköpfige Team durch die ZDF-Krimilandschaft und legt dabei bayerischen Verbrechern und Mördern mit den ungewöhnlichsten Methoden das Handwerk. Insbesondere der exzentrische Kriminalhauptkommissar Ludwig Schaller (Alexander Held) wird mit seinen induktiven Ermittlungsmethoden von seinen Kollegen gern als Irrer verschrien und wurde unter anderem deswegen fast schonmal in den Ruhestand verbannt. Harald Neuhauser (Marcus Mittermeier) ist der schlagkräftige und mürrische Draufgänger des Trios. Angelika Flierl (Bernadette Heerwagen) ist mit dem Polizeipräsidenten verwandt und muss sich als Anfängerin in diesem ungewöhnlichen Team bewähren.

Die Drei haben immer wieder die zweifelhafte Ehre, die Fälle übernehmen zu dürfen, die sonst niemand haben möchte. Als dezidierte Außenseiter besitzen aber gerade sie immer einen speziellen Blickwinkel auf das Geschehen. Die Figurenkonstellation könnte zu einem gewissen Grade aus einem Klischeehandbuch stammen, allerdings muss das nicht unbedingt schlecht sein. Vor allem, wenn sich das Zusammenspiel so wunderbar zusammenfügt.

Großunternehmer Tomas Horvath (Tom Lass) wird in einer Blutlache in seinem Haus aufgefunden. Erstaunt müssen die beiden Ermittler Harald Neuhauser und Angelika Flierl feststellen, dass das Angriffsopfer noch lebt und sich sein Angreifer noch im Haus befindet. Fliehen kann er/sie dennoch, aber nicht bevor er/sie Kommissar Neuhauser eine kräftige Kopfverletzung verpasst. Der ist sowieso schon geladen. Zum einem, weil er von seinem Chef zu einem Anti-Aggressionstraining verdonnert wurde. Zum anderem hat er auch noch erfahren, dass er einen 14-jährigen Sohn hat, von dem er bis dato nichts wusste. Bei dem Angriff handelt es sich allerdings nicht um einen simplen Einbruch.

Die Kriminalbeamten müssen viel weiter in Horvaths Vergangenheit eintauchen, um das Rätsel des Überfalls zu lösen. Der Unternehmer hat selbst eine düstere Vergangenheit und floh lange vor seinen großen Geschäftserfolgen aus Tschechien nach Deutschland. Seine Flucht umgibt allerdings ein dunkles Geheimnis und die Dämonen seiner Vergangenheit holen ihn nun ein. Was die gesamten Ermittlungen und die Polizeiarbeit generell weder einfacher noch angenehmer macht, ist die Tatsache, dass Kriminaloberrat Zangel (Christoph Süß) die Chaotentruppe mit Argusaugen beobachtet und am liebsten loswerden möchte. Das Team hat nicht mehr viel zu verlieren, denn dessen Auflösung steht scheinbar kurz bevor. Aber genau dann handelt es sich meist um den Zeitpunkt, an dem unberechenbare TV-Polizisten noch einmal aufs Ganze gehen.



Der Fall gestaltet sich auch für den Zuschauer komplexer als zunächst vermutet: Skelette, Menschenschmuggler, alte Identitäten, die abgelegt, und neue, die wieder aufgenommen werden. Ein komplexer Plot ist nicht immer eine Tugend, aber im Krimi (vielmehr im Noir-Krimi, den der «München Mord» zumindest ansatzweise streift) fast schon eine Genre-Verpflichtung. Hier gereicht es der Erzählung jedenfalls zum Vorteil. Man darf Regisseur Anno Saul zugute halten, dass er oftmals assoziativ Rückblenden und Bilder ins Geschehen wirft, die zunächst nicht so recht in das Puzzlespiel passen wollen. Hierbei handelt es sich nicht notwendigerweise um einen erzählerischen Trick, der die Zuschauer verwirren soll. Vielmehr darf das Publikum zwischendurch auch selbst die grauen Zellen etwas anstrengen. Erklärt und Aufgeklärt wird in der Krimi-Welt schließlich immer genug.

Der Krimi nimmt sich viel vor, dabei bleibt leider die persönliche Reise des Kommissar Neuhauser etwas auf der Strecke. Alles was bleibt, ist ein kurzes Kennenlernen zwischen Vater und fremden Sohn, das kaum ausreicht, um der Figur mehr dreidimensionale Tiefe zu geben. Allerdings wirft diese kleine Ablenkung ihre Schatten auf die Arbeit des Kommissars und beeinflusst immerhin die nach außen hin albern wirkenden Ermittlungsmethoden seines Vorgesetzten Schaller. An diesen möchte Neuhauser schon einmal gar nicht teilhaben. Das führt immer wieder zu amüsanten Situationen, wenn die Kollegen zum Beispiel mit ihren induktiven Methoden das Familienleben des Opfers nachstellen.

Die Inszenierung und der Plot überzeugen beide nicht unbedingt mit Spannung, es sind vielmehr die schrulligen Charaktere, welche die Krimireihe zu etwas Besonderem machen. Während Oberhaupt Ludwig Schaller stets die Ruhe bewahrt und jeden noch so merkwürdigen Instinkt nachgeht, sind es seine beiden Schützlinge, die oftmals auf äußerst unterhaltsame Art und Weise aneinander geraten und nebenbei auch sonst überall anecken. Der manchmal vorhersehbare Witz wird vor allem durch dieses gemeinsame Zusammenspiel getragen, welches «München Mord» gelegentlich sogar über das übliche Krimi-Einerlei emporhebt. Spiel und Dialoge gleiten allerdings nie in Zoten oder Klamauk ab. Regisseur Saul beweist eine ruhige Hand und ein Faible für eine interessante Bildgestaltung. Was an Spannung fehlt, gleicht er durch eine reizvolle und stellenweise beunruhigende Atmosphäre wieder aus, die gerne aber noch etwas dichter hätte sein können.

Fazit: Ein Krimi, der nicht unbedingt durch Spannung und Aktion besticht, dafür aber umso mehr mit seinem Ermittler-Trio und eine solide Regie-Hand überzeugt. Auch interessierte Zuschauer, welche die ersten vier Episoden der Reihe noch nicht gesehen haben, können sich hier schnell zurechtfinden.

Das ZDF zeigt «München Mord: Einer der’s geschafft hat» am Samstag, den 18. März um 20.15 Uhr.
16.03.2017 13:00 Uhr  •  Stefan Turiak Kurz-URL: qmde.de/91849