Mit 1,2 Millionen Besuchern wurde die Verfilmung des Bestsellers «Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand» vor drei Jahren zu einem Überraschungserfolg an den deutschen Kinokassen. Nun wird die Geschichte um den rüstigen Rentner Allan Karlsson fortgesetzt
Zugegeben: So richtig überzeugend fiel schon der erste Teil der Allan-Karlsson-Reihe nicht aus; «Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand» gefiel zwar mit einem kreativen und vor allem ausgefallenen Skript, das seinen Charme in erster Linie aus der sehr hanebüchenen Murphys-Law-Dramaturgie bezog. Doch während man der Geschichte die Defizite innerhalb der Glaubwürdigkeit noch gern verzieh, wurde die emotionale Beziehung zur so wichtigen Hauptfigur immer wieder auf die Probe gestellt. Die Einen mochten sich mit der eigenbrötlerischen Attitüde des ein Jahrhundert alten Greises gern arrangieren, während es den Anderen nicht zu verdenken war, sich an dem egomanischen Verhalten Allans zu stören. Auch der Humor wurde mit fortschreitender Laufzeit immer alberner, entlud sich in einer Szene, in welcher Allan von einem Elefanten – pardon – vollgekackt wurde und hievte den im Hollywoodkino so verpönten Fäkal-Humor damit in Programmkinogefilde. Den Fein- und Hintersinn eines «Forrest Gump» erreichte «Der Hundertjährige» also nur; lediglich das Konzept ließ den Vergleich zu. Doch immerhin sorgte Felix Herngren respektive Debütautor Jonas Jonasson für frischen Wind im von Sequels, Reboots und diversen anderen Adaptionen geprägten Weltkino.
Im Grunde verlässt sich diese über exakt dieselben Bausteine, wie es schon «Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand» tat: Auf seiner Reise von A nach B rekapituliert Allan Karlsson sein Leben als geheimer Doppelagent und deckt dabei allerhand historische Zufallsverwicklungen auf. Diese Rückblenden geraten stets amüsant und auch, wenn das Konzept der Reihe mittlerweile bekannt ist, bleibt ein wiederkehrender Überraschungseffekt nicht aus. Wenngleich man solche Dinge wie Logik oder inhaltliche Stringenz nicht hinterfragen sollte, macht es einfach Spaß, dabei zuzusehen, welche Ideen sich die Drehbuchautoren diesmal für ihren Allan haben einfallen lassen. Was für politische oder popkulturelle Größen der Hunderteinjährige diesmal trifft, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten; Immerhin entsteht ein Großteil des Spaßes aus genau jenen Aha-Effekten. Abseits davon präsentiert sich «Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand» dagegen weitaus weniger spektakulär als der Vorgänger. Der Grund: Die Beweggründe für Allans Flucht, die sich im ersten Teil noch auf die Langeweile im Altenheim zurückführen ließen, sind nicht mehr so bodenständig. Stolperte Allan im ersten Teil noch ansatzweise glaubhaft von einer Katastrophe in die nächste, wirkt die Szenerie ein Jahr später weitaus konstruierter und der forcierte Witz erstickt den Charme der ungezwungenen Vorlage im Keim.
Vollgepackt mit diversen (ergo: viel zu vielen) Subplots ist «Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand» wieder einmal eine Reise rund um den Erdball, doch anders als Teil eins tritt die Geschichte hier mehrmals massiv auf der Stelle. Szenen wiederholen sich, die spleenigen, klischeebehafteten Figuren vom faulen Beamten über die redselige alte Dame bis hin zum Berliner Hipster verkommen zum Selbstzweck und auch Robert Gustafsson («Eine schöne Bescherung») geht noch mehr in seiner Rolle des grantelnden Greises auf; eigentlich eine sehenswerte Performance, doch die wenigen sympathischen Facetten aus dem ersten Teil scheinen hier plötzlich verschwunden – nicht einmal mehr das späte Liebesglück mit seiner verflossenen Jugendliebe mag man ihm so recht gönnen, wird das gar nicht so geheime Schäferstündchen doch ohnehin wieder nur zum Teil eines Gags degradiert. Die Schlusspointe respektive Auflösung entpuppt sich dann leider auch noch als eine, die ihre Beschreibung als solche gar nicht verdient. So weit im Voraus hat man sie kommen sehen und so abgegriffen präsentiert sie sich in letzter Instanz dem Publikum. Einzigartige Erfolgsgeschichten auf Biegen und Brechen sowie ohne inhaltliche Rechtfertigung wiederholen zu wollen, bleibt auch im Jahr 2017 eine Sünde, die sich in der Regel in einem Verlust der Qualität äußert – «Der Hunderteinjährige, der die Rechnung nicht bezahlte und verschwand» bildet da das perfekte Beispiel.