Die 10 'Bester Film'-Oscar-Gewinner mit den wenigsten Kinobesuchern in Deutschland

«Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs», «Titanic», «American Beauty», «Forrest Gump», «Amadeus», und viele mehr: Viele massive Hits räumten den Oscar für den besten Film ab. Doch hier soll es um das genaue Gegenteil gehen: Preisgekrönte Filme, die wenig Publikum anlockten.

Rang 10: «No Country for Old Men» (Regie: Ethan & Joel Coen)


Einspielergebnisse in Deutschland: Eine lückenhafte Sache

Die Erhebung der Besucherzahlen ist in Deutschland erst seit vergleichsweise wenigen Jahren eine strenge Wissenschaft. Vor 1980 sind die Geschichtsbücher hinsichtlich der hiesigen Kinozahlen eher lückenhaft, und über Filme, die vor 1970 starteten, gibt es nur in den seltensten Fällen verlässliche Zahlen. Daher haben wir uns in unserer Misserfolgssuche auf Filme beschränkt, die ab 1980 in der Bundesrepublik starteten.
Von herausragenden Kritiken begleitet, marschierte dieser schwarzhumorige Neo-Noir-Westernthriller der Coen-Brüder in den USA unbeirrbar vom Geheimtipp zum Oscar-Gewinner. Und mit 74,28 Millionen Dollar an den nordamerikanischen Kinokassen schnitt «No Country for Old Men» zwar wesentlich schwächer ab als der Vorjahresgewinner, jedoch lief der nachdenkliche und düstere Film ziemlich erfolgreich für einen Vertreter seiner Art. Die in Deutschland gelösten 620.090 Eintrittskarten sind zwar ebenfalls nicht zu verachten, den einst so verlässlichen Oscar-Bonus hat die hierzulande 2008 gestartete Miramax-Produktion aber nicht ausreichend nutzen können, um ein klassischer Hit zu werden. Und so rutscht sie gerade noch in diese nicht ganz schmeichelnde Rangliste.

Rang 9: «Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)» (Regie: Alejandro González Iñárritu)


Superheldenfilme mögen in Hollywood seit Jahren in Mode sein. Von wenigen Superhelden abgesehen, hat sich das deutsche Publikum jedoch nicht mit der Intensität mit dem in den USA grassierenden Superheldenfieber angesteckt. Und auch smarte Dekonstruktionen des Superheldenhypes, die zudem als Psychogramm der Schauspielszene dienen, kommen in der Bundesrepublik nur verhalten an. Auf den Schwingen ihres Oscar-Sieges gelang es Anfang 2015 der dramatischen Komödie mit Michael Keaton als entrückten Theaterschauspieler und Regisseur nur, 558.439 Filmliebhaber in die Lichtspielhäuser zu locken.

Rang 8: «Million Dollar Baby» (Regie: Clint Eastwood)


Boxfilme haben eine lange cineastische Tradition, und wie einige der «Rocky»-Filme bewiesen haben, kann dieses Genre in Deutschland durchaus für Begeisterung sorgen. Clint Eastwoods Drama, das vier Academy Awards ergatterte, zählt jedoch nicht dazu. 2005 lösten nur 540.654 Filmliebhaber in der Bundesrepublik ein Ticket, um Hilary Swank dabei zuzuschauen, wie sie sich durch den Kampfsport in der Rolle einer jungen Träumerin von ihren White-Trash-Wurzeln entfernt, nur um dann einen herben Schicksalsschlag zu erleiden.

Rang 7: «Erbarmungslos» (Regie: Clint Eastwood)


Und noch einmal Clint Eastwood: Die frühere Westernlegende hat als Regisseur in Deutschland eine wahre Berg-und-Talfahrt zu erdulden. Mit «American Sniper», «Perfect World» und «Brücken am Fluss» feierte er einige stattliche Erfolge, allerdings gibt es auch diverse Totalflops für Eastwood, die nicht einmal die 100.000-Kinogänger-Marke geknackt haben. Vor diesem Hintergrund wirken die 522.872 verkauften Eintrittskarten, auf die es Eastwoods blutiger Spätwestern 1992 brachte, prompt wieder wie ein kleiner Triumph.

Rang 6: «Spotlight» (Regie: Tom McCarthy)


Bei der 88. Academy-Award-Verleihung waren acht Filme in der Hauptkategorie nominiert, nur drei von ihnen durchbrachen in Deutschland die Marke von 500.000 Kinobesuchern. Mit 367.863 losgeschlagenen Tickets ist das geerdete, unaufgeregt erzählte Journalismusdrama die dritterfolgloseste Produktion aus besagtem Oscarjahr. Mit nur zwei Oscar-Siegen ist der geistreiche Kommentar über den Wert des ungehetzten, sorgfältigen Investigativjournalismus darüber hinaus einer der am wenigsten dekorierten Gewinner der Academy-Hauptsparte.

Rang 5: «L.A. Crash» (Regie: Paul Haggis)


Das Rassendrama «L.A. Crash» zählt zu den Oscar-Gewinnern der Hauptkategorie, die am häufigsten zitiert werden, wenn Filmfreunde oder Kinohistoriker darauf hinweisen wollen, dass die Academy gelegentlich am Cineasten- und Massengeschmack gleichermaßen vorbeientscheidet. Paul Haggis' Regiearbeit trat unter anderem gegen den Kritikerdarling «Good Night, and Good Luck.» von George Clooney an sowie gegen Ang Lees Überraschungskassenschlager «Brokeback Mountain». Letzteren sahen viele Oscar-Experten als den klaren Gewinner voraus. Stattdessen zog Haggis' Film mit der Trophäe davon. In Deutschland gingen 2005 dennoch nur 257.581 Menschen in die Kinos, um das Werk zu begutachten.

Rang 4: «Eine ganz normale Familie» (Regie: Robert Redford)


Bester Film, beste Regie, bestes adaptiertes Drehbuch und ein Oscar für Timothy Hutton als bester Nebendarsteller: Robert Redford stieß mit seinem Regiedebüt in der Filmbranche auf große Gegenliebe. Das auf einem Roman basierende, verbal drastische Drama über eine Familie aus der gehobenen Mittelschicht, die durch den Unfalltod eines Mitglieds droht, auseinanderzubrechen, hatte allerdings wenig Strahlkraft in den deutschen Kinos. Lediglich 244.104 Eintrittskarten wurden 1981 gelöst.

Rang 3: «Argo» (Regie: Ben Affleck)


Fast möchte man glauben, dass Kinodeutschland Probleme damit hat, wenn Schauspieler zu Regisseuren werden und ihre Filme daraufhin Oscars einheimsen. Denn auch Ben Afflecks Thrillerdrama «Argo», das die unfassbare, doch wahre Geschichte erzählt, wie die CIA sechs US-amerikanische Botschaftsangehörige aus dem Iran rettet, indem sie vorgibt, vor Ort einen Science-Fiction-Film drehen zu wollen, brachte es nur auf äußerst wenige Kinobesucher. 2012 rafften sich nur 238.536 Menschen auf, um den Mix aus Politdrama, Agententhriller und Showbizkomödie im Kino zu sehen. Im selben Jahr erreichte der 2011 produzierte Oscar-Gewinner «The Artist», die Stummfilmhommage «The Artist» indes 674.766 Filmfreunde in den hiesigen Lichtspielhäusern.

Rang 2: «Tödliches Kommando – The Hurt Locker» (Regie: Kathryn Bigelow)


Die 82. Verleihung der Academy Awards war eine Preisverleihung der Extreme. Mit «Avatar – Aufbruch nach Pandora» wurde der bis dato erfolgreichste Film aller Zeiten (zumindest, wenn man die Inflation ignoriert) in mehreren Kategorien prämiert. Und mit Kathryn Bigelows Kriegsdrama «Tödliches Kommando – The Hurt Locker» wurde einer der finanziell schwächsten Oscar-Gewinner der Awardsgeschichte auserkoren. Bloß 67.336 sahen 2009 in Deutschland den Film mit den späteren «Avengers»-Mitgliedern Jeremy Renner und Anthony Mackie und «Lost»-Mimin Evangeline Lilly.

Rang 1: «Die Stunde des Siegers» (Regie: Hugh Hudson)


Hugh Hudsons Sportdrama ist eine Anomalie in der Filmgeschichte. Der Film über zwei Laufsportler, die 1924 an den Olympischen Spielen teilnehmen, hat mit Vangelis' Score eines der am häufigsten zitierten Stücke Filmmusik zu bieten. Es startete zu einer Zeit, als dem Oscar-Gewinner in der Sparte 'Bester Film' auch in Deutschland üblicherweise großer Erfolg gewiss war – und brachte es 1982 trotzdem nur zirka auf verschwindend geringe 35.000 Besucher.
09.03.2017 14:14 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/91706