Sky Media-Chef Deissenberger: ‚Investieren in diesen Monaten massiv in Inhalte‘

Dabei hat bei Sky durchaus ein Umdenken stattgefunden. Der Sky-Media-Chef erklärt, wieso es so wichtig ist, künftig auch mehr Haushaltsführende zu begeistern, wie viel Werbung im Pay-TV sein darf, welche Ziele man mit Sky Sport News HD und Sky1 hat sowie wie schmerzhaft die fehlerhafte Quotenmessung in Sky-Haushalten 2016 war.

Zur Person: Thomas Deissenberger

Thomas Deissenberger (geboren 1964) ist seit 1. September 2015 Geschäftsführer der Sky Media GmbH. Vor seinem Einstieg bei Sky Media war Deissenberger bis 2014 Vorsitzender der Geschäftsführung des Sport1-Vermarkters Sport1 Media und Geschäftsführer der DSF Deutsches Sportfernsehen GmbH (heute Sport1 GmbH). Zuvor war er Mitglied des Executive Board Council der EM Sport Media AG, der heutigen Constantin Medien AG.
Wie lief das Jahr 2016 für Sky Media?
Wir sind wirklich sehr zufrieden. Und das aus unterschiedlichen Gründen. Unser Umsatzwachstum lag bei 23 Prozent gegenüber Vorjahr und wir verzeichnen im fünften Jahr in Folge ein zweistelliges Wachstum. Bei unseren Partnerkanälen haben wir sogar um 52 Prozent zugelegt. Damit ist Sky Media das am stärksten wachsende Unternehmen im deutschen Werbemarkt und hat nun einen Marktanteil von rund zwei Prozent. Und dieses Wachstum wollen wir 2017 und darüber hinaus fortsetzen. Wir streben in Kürze einen Netto-Umsatz in dreistelliger Millionen-Höhe an. Wachstumstreiber ist dabei auch das Mandantengeschäft, das wir stark ausgebaut haben und weiter ausbauen werden. Im vergangenen Jahr kamen Zee.One im Free-TV und die Sportplattformen der Deutschen Telekom hinzu - in diesem Jahr bereits die High View-Sender Jukebox, RCK.TV, PLANET sowie ab April die Sender SPIEGEL TV Wissen und SPIEGEL Geschichte. In einer sich konsolidierenden Medienwelt haben wir uns also eine gute Ausgangsposition erarbeitet..

Schauen Sie sich die Entwicklung von Sky an: Wir waren früher ein Unternehmen, das vor allem für erstklassige Sportberichterstattung stand und eine überwiegend männliche Zielgruppe damit ansprach. Das hat sich gewandelt. Wir sind heute ein Medienunternehmen, das mit einer breiten Sendervielfalt viele neue Zielgruppen weit über die der Sportinteressierten hinaus anspricht. Längst sind auch für die Haushaltsführenden relevant geworden – und die machen immerhin mehr als die Hälfte des Werbemarkts aus. Damit haben wir inzwischen auch große Markenunternehmen wie Procter & Gamble, Ferrero und Co. von uns überzeugen können. Sky 1, unser neuer Entertainment-Sender, ist für uns das Flaggschiff dieser Strategie. Hinzu kommt, dass wir im digitalen Bereich neue Vermarktungsansätze bieten. Sky bietet mittlerweile überall Kontaktpunkte: im Pay-TV, Free-TV, linear, On Demand, Online, mobil…

Stichwort Entertainment: Es scheint, als sei einiges lockerer geworden bei Sky. Der Schlips bei 35 Grad Sonne ist weg bei den Bundesliga-Moderatoren.
Lockerer, ja. Aber wir bieten weiterhin die beste Qualität Das bleibt auch in Zukunft das wichtigste Credo von Sky. Dass wir dabei mal auf Krawatten verzichten, finde ich gut (lacht). Sport ist auch Entertainment. Wir wollen auf all unseren Kanälen unterhalten: Mit Filmen, mit Serien, mit Dokumentationen, mit Nachrichten und mit Live-Sport. Und – das ist nicht zu vergessen: Auch mit kulturellen Angeboten, wie etwa auf Sky Arts. Es gibt eine große Anzahl an Unternehmen, die sehr daran interessiert sind, in diesen Umfeldern zu werben, auch weil sie im kulturellen Bereich sonst keine vergleichbare Plattform finden.

Und wir entwickeln uns ständig weiter. Denken Sie an den Wechsel von Sky Sport News HD ins Free-TV. Im Sommer startet mit skysport.de ein neues digitales Sportportal von Sky für alle Fans. Wir wollen künftig alles auf allen Wegen abbilden. Bei Sky Sport News HD wird künftig das Programm neben dem Rolling News Prinzip sukzessive auch durch Dokumentationen, Highlights, Talk und Live-Sport ergänzt – jedoch immer mit dem Fokus auf News.

Sky Sport News HD ist seit zweieinhalb Monaten im Free-TV. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Der Start ist gut gelaufen. Im Januar hatten wir 0,2 Prozent Marktanteil in der Kernzielgruppe der Männer zwischen 14 und 59 Jahren. Das ist schon recht ordentlich, da wir in einer Phase ohne große Live-Sportevents wie der Fußball Bundesliga, der UEFA Champions League oder der Formel 1 gestartet sind, von denen ein Sport-Nachrichtensender lebt. Zudem müssen die Menschen den Kanal erst finden. Im Januar ist dazu eine große Marketing-Kampagne gestartet.

Ihre mittelfristigen Ziele sind, mit der direkten Konkurrenz auf Augenhöhe zu senden?
Wir wollen uns mittelfristig auf Augenhöhe mit vergleichbaren Newssendern bewegen. Wir haben bewusst gesagt: Nach fünf Jahren Aufbau im Pay-TV ist jetzt der richtige Zeitpunkt, den Sender für alle frei zugänglich zu machen. Die Quoten zu steigern, lautet die klare Maxime, schließlich ist der Sender nun werbefinanziert. Eine erste Bilanz sollten wir aber erst in den nächsten Wochen ziehen, wenn neue Formate gestartet und die großen Wettbewerbe alle aus der Winterpause zurück sind.

Wo wollen Sie 2017 wachsen? In diesem Bereich dürften vor allem Sky Go und Sky On Demand wichtig werden?
Sie sprechen es an. Im Sport wird natürlich auch weiterhin das lineare Fernsehen eine große Rolle spielen, abseits davon aber schauen wir natürlich auf Sky Go und Sky On Demand. Beide Angebote entwickeln sich prächtig. In der Champions-League-Gruppenphase im Herbst hatten wir pro Spieltag durchschnittlich 2,7 Millionen Kontakte. Das ist der beste Wert unserer Sendergeschichte. Davon entfielen 1,5 Millionen Zuschauer auf das lineare TV, 0,7 Millionen Unique Views auf Sky Go und rund 0,4 Millionen Besucher auf die Out-of-Home-Nutzung. Das zeigt, wie stark die Fußballspiele auf Sky mittlerweile auch digital bzw. von unterwegs abgerufen werden. In der laufenden Bundesliga-Saison lag die Nutzung auf Sky Go pro Spieltag bislang durchschnittlich bei rund 870.000 Unique Views, so viele wie noch nie – in der Spitze sogar 1,12 Millionen Unique Views an einem Spieltag.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wie hat Sky Media den Tag der Bundesliga-Rechtevergabe vergangenen Juni erlebt? Wie sollen die steigenden Kosten refinanziert werden und welche Bilanz wird nach den ersten Monaten mit Sky1 gezogen?


Wie nervös waren Sie eigentlich an jenem 2. Juni 2016, als mittags die Entscheidung über die Bundesliga-Rechte ab Sommer fiel?
(lacht) Wir alle waren massiv gespannt. Jeder wollte wissen, was passieren wird, da wir alles dafür getan haben, um die Ausschreibung positiv zu gestalten – und das ist uns letztlich auch gelungen.

Wir werden die Bundesliga-Rechte nicht über längere Werbeunterbrechungen refinanzieren. Wir zeigen nur so viel Werbung, wie unser Produkt auch verträgt.
Thomas Deissenberger, Chef von Sky Media
Die Rechte aber werden teurer. In der kommenden Vier-Jahres-Periode muss Sky über 80 Prozent mehr zahlen. Wie soll das finanziert werden? Wird noch mehr Werbung während Fußballspielen gezeigt?
Zunächst mal steigen ja nicht nur die Kosten, sondern auch unsere Einnahmen durch zusätzlich verkaufte Abos. Ich erinnere mich an Zeiten, da hatte Sky weniger als drei Millionen Kunden. Jetzt liegen wir bei mehr als 4,8 Millionen – und es wird nicht mehr lange dauern, bis wir die 5-Millionen-Marke knacken. Wir werden die Bundesliga-Rechte nicht über längere Werbeunterbrechungen refinanzieren. Wir zeigen nur so viel Werbung, wie unser Produkt auch verträgt. Anhand regelmäßiger Kundenbefragungen wissen wir: Die Werbung, die Sky momentan zeigt, stört unsere Zuschauer nicht. So soll es bleiben, daher legen wir auch Wert darauf, vor allem hochwertige Spots zu zeigen. Ich sehe Wachstumspotenzial durch den Free-TV-Sender Sky Sport News HD, das im Sommer startende Sportportal skysport.de, durch neue Sportrechte wie die ATP World Tour oder die Handball-Bundesliga. In der nächsten Bundesliga Rechteperiode sehe ich weiteres Potenzial durch zusätzliche Anstoßzeiten und bei der zweiten Liga.

Die wird mehr in den Fokus rücken?
Die zweite Liga ist spannend, und findet immer mehr Anhänger - bis einschließlich den 19. Spieltag waren es sechs Prozent mehr Fans als in der Vorsaison.

Ein weiteres Wachstumsfeld ist die digitale Vermarktung, allein in der Bundesliga können wir das digitale Inventar erheblich ausbauen. Zur Rückrunde der Fußball-Bundesliga haben wir "Dynamic Ad Insertion" eingeführt. Ab sofort ermöglicht diese Technologie, Werbeblöcke aus dem linearen Stream der Live-Berichterstattung zur Fußball-Bundesliga und UEFA Champions League auf Sky Go auszuschneiden – und das Inventar über den Adserver neu zu füllen. TV-Werbeblöcke werden durch digitale „Live Video Ads“ ersetzt. Adserver- und Ad Insertion-Technologie ermöglicht die zielgruppengenaue Aussteuerung im hochwertigsten Werbeumfeld des deutschen Bewegtbildmarktes – der Fußball-Bundesliga. Mit "Dynamic Ad Insertion" können wir außerdem ganz neue Kundengruppen ansprechen, die bislang noch nicht im Bundesliga-Umfeld oder im TV geworben haben.

Darüber hinaus arbeiten wir verstärkt an neuen, kreativen Kommunikationsmöglichkeiten. Wir schauen hier auf alle technischen Optionen, die uns zur Verfügung stehen. Kaum ein Unternehmen will inzwischen nur ausschließlich 30-Sekünder buchen. Immer mehr Unternehmen buchen ihre Kampagnen bildschirmübergreifend auf mehreren Screens. Hierfür schnüren wir kreative Rundum-Pakete.

Sehen Sie die Gefahr einer Übersättigung im Bereich Live-Fußball?
Es deutet nichts darauf hin. Im Gegenteil. Die Reichweitenzahlen der Fußball-Bundesliga sind stabil und wachsen sogar. Heute gibt es viele Zuschauer, die samstags die Konferenz am klassischen TV gucken und dazu noch ein Einzelspiel am Handy via Sky Go. Fußball ist das Nonplusultra in Sachen Sport in Deutschland. Das Interesse scheint noch zu steigen.

Die AGF musste kürzlich zugeben, dass Sie im vergangenen Jahr Ihre Quoten um rund 16 Prozent zu niedrig angegeben hat. Ärgerlich für Sie. Haben Sie mal ausgerechnet, welcher finanzielle Schaden entstanden ist?
Eine Abweichung von 16 Prozent ist natürlich schon erheblich. Wir hatten schon lange das Gefühl, dass wir bei den Messungen ein bisschen zu schlecht wegkommen sind und daher mussten wir etwas unternehmen. Deshalb haben wir auch frühzeitig eine eigene Reichweitenmessung aufgebaut und haben diese jetzt mit einem 15.000-Haushalte-Panel erweitert Damit wollen wir allerdings, und das ist mir wichtig, keine Zweitwährung im Markt etablieren, sondern wollen die etablierte System der AGF ergänzen und besser machen. Die ersten Ergebnisse aus unserem Panel zeigen, dass wir wirklich optimistisch in die Zukunft blicken können.

Wo sehen Sie weitere Wachstumsmöglichkeiten im Sport?
Schauen Sie auf unsere neuen Tennis-Rechte. Erstmals seit Langem haben wir da wieder Sportler, die vorne mitmischen. Sport lebt immer von seinen Helden. Es gibt jetzt die Zverev-Brüder, Boris Becker hat sich durch seine Tätigkeit als Trainer wieder einen Namen gemacht – und schon wird wieder über Tennis gesprochen. Sky braucht gute Live-Programme im Sport und die haben wir unter anderem mit der ATP Tour gefunden. Oder denken Sie an Beach-Volleyball: Die Sportart findet nicht zuletzt durch die Olympiasieger von Rio, Walkenhorst und Ludwig, immer mehr Interessenten.

Wie sieht es in Zukunft aus mit Beach-Volleyball bei Sky?
Die Tour 2017 steht, wir haben namhafte Sportler und Sponsoren dabei. Danach, und das ist ja nichts Neues, analysieren wir die Zahlen. Durch die Olympischen Spiele vernehmen wir auch ein steigendes Interesse an der Tour. Es gibt also allen Grund, optimistisch zu sein. Der Verband ist mit der Entwicklung der Tour zufrieden und hat mit Sky eine tolle mediale Plattform. Und auch wir haben Interesse weiterzumachen, wenn die Grundlagen stimmen.

Ab Sommer kommt dann auch noch die HBL hinzu.
Da sind wir bekanntlich eine ganz neue Form der Zusammenarbeit mit dem Verband und den öffentlich-rechtlichen Sendern eingegangen. Das ist ein tolles Modell – für die Zuschauer, für unser Unternehmen und für Sponsoren und somit auch für den Sport. Sky wird im Handball der zentrale Partner für den Sport, für den Verband und für Werbetreibende. Ich halte Handball für hochattraktiv – nicht umsonst spricht man davon, dass die HBL die beste Handball-Liga der ganzen Welt ist.

Ende März startet die Formel 1 in eine neue Saison. Bleiben die Rennen werbefrei?
Es bleibt alles wie es ist. Wir zeigen dort Werbung, wo es für unsere Zuschauer verträglich ist. Die Qualität unseres Produkts ist uns wichtig.

Vor rund drei Monaten ist Sky 1 gestartet. Genaue Zahlen gab es noch keine. Aber Sie sind zufrieden, hört man…
Sogar sehr zufrieden. Natürlich gilt auch hier: Wir liefern unseren Zuschauern mit Formaten wie «MasterChef» etwas völlig Neues. So etwas hat Sky bisher nicht gemacht. Es dauert also ein bisschen, bis alle darauf aufmerksam werden. Aber Sky 1 hatte den erfolgreichsten Start in der Sendergeschichte.

…was auch damit zusammenhängen könnte, dass Sky 1 Startkanal auf den Receivern ist…
Stimmt, mit der Möglichkeit, Sky 1 als Startsender einzustellen, haben wir ein schönes Marketing-Instrument. Das pusht einen solchen Start zweifelsfrei. Die Zuschauer müssen dann aber auch dran bleiben. Und das tun sie. Wir haben mit dem Sender bis dato rund 2,3 Millionen unterschiedliche Zuschauer erreicht. Hinzu kommen starke Marken. Neben «MasterChef» auch Formate wie «Xaviers Wunschkonzert Live» und «Eine Liga für sich - Buschis Sechserkette». Auch von Vermarktungsseite entwickelt sich Sky 1 sehr gut. Die Auslastung im November lag noch bei 25 Prozent, im Dezember und Januar waren es bereits jeweils über 60 Prozent Das sind ordentliche Wachstumszahlen. Auch große Namen werben bereits auf Sky 1, etwa Bosch Hausgeräte mit einer kreativen Kampagne im Rahmen von «MasterChef».

Der Sender wird nun sukzessive mit eigenen und neuen Inhalten erweitert?
Anhand der jüngsten Programmankündigungen sehen Sie – wir investieren in diesen Monaten massiv in Inhalte und speziell in eigenproduzierte Serien und Shows. Die gesamte Sendergruppe nimmt hierfür so viel Geld in die Hand wie noch nie zuvor.

Zum Abschluss: Bei welchem Thema haben Sie momentan Sorgenfalten?
Ich wünsche mir, dass wir mit der Integration unserer Reichweitendaten in das Messsystem der AGF zügig vorankommen. Aber ich erkenne eine deutliche Öffnung bei der AGF und das stimmt mich zuversichtlich.

Danke für das Gespräch.

21.02.2017 10:10 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/91355