Denzel Washington und Viola Davis spielten bereits die Hauptrollen des gleichnamigen Theaterstücks, nun kommt «Fences» auch auf die Kinoleinwand.
„Manche Menschen bauen Zäune, um andere einzusperren. Manche, um andere auszusperren.“ Es ist der Satz, der nicht bloß den Filmtitel, sondern auch den Grundkonflikt in «Fences» (zu Deutsch: Zäune) am besten beschreibt. Im Mittelpunkt dieses Films, dessen gleichnamige Vorlage von August Wilson Teil einer zehnteiligen, insgesamt ein ganzes Jahrhundert umspannenden Reihe ist, von der jedes Skript ein Jahrzehnt aus der Sicht der Black Society widergeben soll, steht das Ehepaar Maxson. Rose Maxson ist die liebende Ehefrau und Mutter, die trotz der kriminellen Vergangenheit ihres Ehemannes, seines ständig wachsenden Alkoholproblems und der jähzornigen Tendenzen weiter zu ihm hält, während Troy Maxson täglich schuftet, um seiner Familie einen Hauch von Wohlstand zu ermöglichen. Die Kinder der Familie sind zum Teil schon aus dem Haus, stehen jedoch regelmäßig auf der Matte, um den Vater um (das ihnen zustehende) Geld zu bitten und die geliebte Mutter zu besuchen. Es ist zunächst nicht leicht, ein Gespür dafür zu entwickeln, wie die einzelnen Familienmitglieder zueinander stehen. Während Troy seiner Ehefrau gegenüber oberflächlich liebevoll agiert und gegenüber seines Freundes Jim (Stephen Henderson) immer wieder seine Liebe für Rose betont, ist das unterschwelle Brodeln auch in der Beziehung zu spüren.
Denzel Washington entsagt sich als Regisseur bewusst sämtlicher Eindeutigkeiten. Die Faszination für die Figuren (und vor allem für die von ihm selbst gespielte Hauptfigur Troy Maxston) rührt in erster Linie daher, dass man die vielen verschiedenen Facetten eben nicht so leicht zu einem großen Ganzen zusammenführen kann. Troy ist ein selbstlos schuftender, zugleich äußerst Ich-bezogener Mann, stößt seine Familie immer wieder vor den Kopf, nur um seiner Frau im nächsten Moment eine rührende Liebeserklärung zu machen. Für seinen seit einem Unfall geistig pflegebedürftigen Schwager Gabriel (phänomenal: Mykelti Williamson) hegt er eine Mischung aus Mitleid und Mitgefühl, zeigt aber mitunter gar Tendenzen zur Eifersucht, wenn sich seine Frau aufopferungsvoll um ihn kümmert. Er kämpft für die Gleichberechtigung von Afroamerikanern, fügt sich in anderen Situationen jedoch still seinem Schicksal und hängt seinem verlorenen Traum von eineer Sportlerkarriere hinterher, obwohl er sie nie wieder wird verfolgen können. Sogar seinem talentierten Sohn macht er denselben Traum madig, ohne dabei erkennen zu lassen, ob er seinen Sohn vor einer Enttäuschung beschützen, oder aus Missgunst schikanieren will.
Zu Washingtons Gegenstück wird Viola Davis, die sich mit einem einzelnen, rund zehnminütigen Monolog für alle Filmpreise dieser Welt qualifiziert. Wird man als Zuschauer schon von der Ambivalenz ihres Leinwand-Gatten durchgerüttelt, erfährt ihre Figur am eigenen Leib, wie sehr die Komplexität von Troy Maxson an ihrer seelischen Verfassung nach. In ewiger Liebe und doch konfrontiert mit der Hässlichkeit des Lebens sowie der Boshaftigkeit ihres Ehemannes spielt sich Viola Davis als Rose Maxson die Seele aus dem Leib – und rührt damit wahrhaftig zu Tränen. Obwohl «Fences» als ausschließlich aus Dialogen bestehendes Theaterstück konzipiert ist, trifft die Wucht der Wortwechsel tief ins Mark und ist auf den Punkt genau so konzipiert, dass sich aussagekräftige Theatralik und bodenständige Lebensnähe ergänzen. Troy und Rose zerfleischen sich auf Wortebene genau so, wie es dieses Ehepaar wohl auch im wahren Leben tun würde und bleiben in ihrem Wust an Diskussionsmaterial dennoch zu jedem Zeitpunkt unterhaltsam. Trotz der Konzentration auf dieses Ehepaar streift Regisseur Denzel Washington sämtliche Themen, die für die afroamerikanische Gesellschaft in den Fünfzigerjahren relevant waren. Eine gewisse Sperrigkeit kann man «Fences» (erst recht im Hinblick auf seine Laufzeit von 139 Minuten) nicht absprechen. Zudem beschränken sich die Macher nur auf das Nötigste, wenn es darum geht, ihre Darsteller in Szene zu setzen. Setting und Kameraarbeit (Charlotte Brus Christensen) stehen eindeutig im Hintergrund dieses emotionalen Machtkampfs.