Mal wieder sind zwei Wochen Dauerdschungel beendet. Mal wieder ist das Schlafdezit von fast sieben Millionen Deutschen auf dem Höchststand. Doch hat es sich gelohnt? Oder geht das elfte Jahr als verlorenes Jahr in die Geschichte des Formats ein?
Nach der ersten Woche ließ sich dann zunächst schwer ein wirkliches Fazit ziehen – nun jedoch, nach zwei Wochen mit den Insassen des diesjährigen Camps, trudelt das Urteil erbarmungslos bitter ein: RTL hat sich verzockt und eine zwar zeitweise unterhaltsame, im Kern aber bös konstruierte und manipulierende Staffel an den Start geschickt, die es nicht - wie sicher gewünscht - geschafft hat, von den Charakteren zu leben. Konnte man über diesen Makel zu Beginn noch hinwegsehen, wurden die Schwächen in der Zusammenstellung zunehmend augenfälliger und der Fake-Faktor stieg und stieg.
Dass dazwischen mit Kader Loth und Florian Wess ausgerechnet zwei Kandidaten, die aus der Botoxsuppe des tiefsten Trash zu stammen schienen, zu Sympathieträgern wurden und mit Authentizität punkteten, überraschte dann positiv. Bei diesen beiden funktionierte das Prinzip Dschungel blendend: Verkrachte C-Promis, denen man nichts zutraut und die sich am Ende trotzdem wie Sieger fühlen dürfen.
Unterm Strich konnte der gewählte Mix nicht ausreichen, um wirkliche emotionale Bindung zu generieren. Zu unnatürlich gelangten viele Wendungen, Zickereien und Streitigkeiten auf den TV-Schirm, zu wenig nachhaltig zeigten sich Entwicklungen. So versuchte man zwar, an allen Ecken und Kanten Strohfeuer zu legen, kurz darauf waren diese aber jedes Mal schnell wieder vergessen. Auch fiel das Mitleiden bei den Prüfungen schwer, weil zu viele Kandidaten dem Trash im TV schon vor ihrer Mitwirkung nicht abgeneigt waren. Einen gefallenen Ex-Star (der sich sichtlich unwohl mit diesem letzten Karriereausweg fühlt) quält das Volk eben gerne und ergötzt sich an der Schadenfreude. Wenn jemand jedoch schon durch unzählige Trashformate gestöckelt oder gestampft ist, darf man maximal mit einem schiefen Grinsen rechnen. Wenn denn überhaupt. Ein klarer Fall von Fehlkalkulation seitens der Macher.
Auch an den eigentlich souveränen Spaßvögeln Sonja und Daniel ging der Qualitätserdrutsch letztlich nicht spurlos vorbei. Waren sie zu Beginn noch gewohnt witzig und schlagfertig, wurde ihre Darbietung in der zweiten Woche zunehmend belanglos. Aktuelle Witze fehlten gänzlich, Running Gags ergaben sich nicht oder verpufften, Unkonzentriertheiten in den Moderationstexten wurden eher zur Regel als zur Ausnahme, kleine Spielszenen (die es in dieser Form und Fülle zurvor auch nie gegeben hatte) wirkten wie deplatziertes Füllmaterial und waren fast durchweg schlecht ausgearbeitet und wenig pointiert dargeboten. Zu viel Dienst nach Vorschrift allerorten. Nein – es war nicht die Staffel der bissigen Texte. Selten war das Camp in dieser Kategorie schwächer als diesmal. Schade für das sympathische Duo.
Und um es nicht zu unterschlagen: Einen Dschungelkönig gab es natürlich auch noch. Marc Terenzi, den man ohne Untertitel erst nach gut einer Woche halbwegs unfallfrei verstehen konnte, gewann die Herzen mit dem einzigen Pfund, mit dem potentielle Dschungelkönige überhaupt bestehen können: Mit sich. Er hielt das Camp zusammen, achtete auf Einhaltung der Regeln, war entgegen Hankas Meinung dabei weitestgehend freundlich und fair und konnte somit seinen Fans und allen anderen einen sympathischen und aufgeschlossenen Menschen präsentieren, den nicht zu mögen schwer fiel. Möge die Krone seiner Karriere dienlich sein. Die Tatsache, dass gerade er es zum Dschungelkönig bringen würde, war dabei - wie viele Entwicklungen der Staffel - schon relativ früh absehbar.
Rein von den Einschaltquoten und der diesjährigen Qualität wird RTL sich nicht von einer Fortsetzung der Show abhalten lassen. Ob man sich jedoch mit dem Besitzer des Areals, auf dem die Dreharbeiten seit Beginn stattfinden dürfen, weiterhin einigen kann, steht noch in den Sternen. Vielleicht würde ein Umzug aber auch die Kreativität anregen und dem Produktionsteam einen Schwall frisches Blut in das doch langsam arg eingefahrene System spülen. Es wäre uns und allen Beteiligten zu wünschen, dass man 2018 gestärkt zurückkehrt. Totgesagte leben ja bekanntlich länger - und gerade «Ich bin ein Star, holt mich hier raus» hat das bereits mehr als einmal eindrucksvoll bewiesen.