Der Quotenmeter.de-Kaffeesatz: Die etwas andere Kinovorschau

Eine Preisverleihung, die in die Zukunft blickt, statt in die Vergangenheit: Quotenmeter.de schaut auf die kommenden Kinomonate und vergibt fleißig Preise.

Blockbuster und actionreiche Big-Budget-Filme, die es werden wollen


2017 starten so viele potentielle Blockbuster, dass wir uns hier auf einen wilden Querschnitt beschränken wollen. Wenn am 2. März «Logan – The Wolverine» in die Kinos kommt, erwartet uns etwa direkt zu Beginn der Blockbustersaison der brutalste Superheldenfilm 2017. Hugh Jackman schlitzt in seiner Abschiedsvorstellung als Mitglied der X-Men Schurken auf, als wäre es ein derber Sonntagsspaziergang für ihn. Darüber hinaus verspricht «Walk the Line»-Regisseur James Mangold einen aus dem Gesplatter entwachsenen, karg-dramatischen Abgesang auf das Mutanten-Superheldentum.

Am 13. April hingegen geht mit «Fast & Furious 8» die bleihaltigste Seifenoper des Actionkinos weiter: Vin Diesel alias Dom Toretto sorgt im autolastigen Actionfranchise mit unerwartetem Verhalten für großen Kummer und auch allerlei Wut bei den Mitgliedern seiner Ersatzfamilie. Ob der unter anderem mit Charlize Theron aufwartende Film den sehr erfolgreichen siebten Teil überbieten kann, wird sich noch zeigen – sicher darf man sich aber sein, dass am 22. April «Guardians of the Galaxy, Vol. 2» mühelos den Preis für den knuffigsten Superhelden des Jahres einheimst: Baby Groot, ein knopfäugiger, naiver, lebender Baum, ist dank der Trailer bereits ein großer Publikumsliebling. Doch auch ohne ihn dürfte die farbenfrohe, kostspielige, bombastische Fortsetzung des Marvel-Weltallabenteuers ein ziemlicher Ritt werden.

Am 8. Juni werden wir dann hoffentlich den „Der ganze Anlauf hat sich gelohnt-Award“ los: Universal Pictures hoffte bereits mit «Dracula Untold», ein «Avengers»-artiges Monsterfilmfranchise zu starten. Letztlich wurde dieser Versuch abgebrochen, nur, um mit «Die Mumie» neu anzufangen: Tom Cruise als Actionheld, «Kingsman – The Secret Service»-Schurkin Sofia Boutella als mächtige, verfluchte Mumie, Russell Crowe als Dr. Jekyll – die weiteren Teile des Monster-Universums sind bereits in Arbeit. Nun muss halt nur der Start gelingen! Bereits eine Woche später bemüht sich «Wonder Woman» um „Das Franchise-Comeback 2017“: Nachdem die zwei vorhergegangenen DC-Comicadaptionen bei der Kritik durchfielen, ist es an der Kampfamazone, den Kurs zu korrigieren.

Schon am 16. März läuft mit «Die Schöne und das Biest» unser Tipp für „Den harmonischsten Kassenschlager 2017“ an: Von einer Schlossstürmung und etwas Wolfsgeprügel abgesehen wird die bildhübsch ausgestattete Musicalromanze denkbar arm an Action sein – dafür umso mehr auf Bildgewalt und klangvoll vermittelte Gefühle setzen – und dem Vorabhype nach zu urteilen ist dennoch mit hohen Einnahmen zu rechnen.

Innerhalb weniger Wochen starten zudem „Die albernste Großproduktion 2017, in der Nazis vorkommen" sowie „Die ambitionierteste Großproduktion 2017, in der Nazis vorkommen“: Am 22. Juni streift Krachbummregisseur Michael Bay in seinem Alienroboterkampfspektakel «Transformers: The Last Knight» unter anderem die Ritter der Tafelrunde und das Dritte Reich, am 27. Juli hingegen zeigt Christopher Nolan in «Dunkirk» den Überlebenskampf einiger alliierter Soldaten.

Tonal wohl irgendwo zwischen diesen Filmen: «Pirates of the Caribbean – Salazars Rache», der fünfte Teil der «Fluch der Karibik»-Reihe. Der am 25. Mai anlaufende Abenteuerfilm sackt mühelos unseren „Finsterster Disney-Film des Jahres-Award“ ein – und bringt übrigens Orlando Bloom alias Will Turner zu dieser Saga zurück. Das „Figuren-Comeback des Jahres“ findet dennoch in «Blade Runner 2049» statt, wenn Harrison Ford wieder als Rick Deckard auftritt. Die neue Regiearbeit von Denis Villeneuve («Arrival») startet am 5. Oktober.

Kinder- und Familienfilme


Am 2. Februar startet mit «Timm Thaler» der Film, den wir vorab mit dem Preis „Gelungener Film, bei dem wir eine völlig unnötige Kontroverse erwarten“ würdigen möchten. Denn der fantasievolle, toll gespielte Familienfilm über einen Jungen, der sein Lachen verkauft um jede Wette gewinnen zu können, spielt in einer unwirklichen Version des frühen 20. Jahrhunderts – und orientiert sich somit (trotz einiger künstlerischer Freiheiten) näher an der Buchvorlage als die wesentlich bekanntere Fernsehserie mit Tommy Ohrner. Wir fürchten, dass manche Liebhaber des TV-Kults aus den 80ern den liebenswerten, aufwändig ausgestatteten Kinofilm ablehnen werden, weil er in einer anderen Ära spielt – was sehr traurig wäre. Hoffentlich irren wir uns!

Der 23. Februar bringt uns derweil «Bibi & Tina – Tohuwabohu total!», alias den Gewinner der Kategorie „Meist erwarteter Kinderfilm, der letztlich eigentlich eh heimlich viel mehr die Älteren anspricht“. Detlev Buck steigerte in den ersten drei «Bibi & Tina» sukzessive die Boni für erwachsene Zuschauer – der dritte Teil drehte auf wundervolle Weise am Rad und enthielt unter anderem Referenzen auf François Truffaut und Magic Mushrooms, ohne dabei familienungeeignet zu werden. Alles, was bislang über den vierten Teil bekannt ist, sieht noch verrückter, bunter, einfallsreicher aus – und mit einer Trump-Parodie, einer Verarbeitung der Flüchtlingsthematik und Verweisen auf Charlie Chaplin wird klar: Das ist irgendwie eher ein wundervoll-alberner Film für Erwachsene, die Kinder mit ins Kino nehmen dürfen – und nicht umgekehrt.



Am 7. Dezember startet dann voraussichtlich „Die Fortsetzung, die keiner gebraucht hätte, weil das Original so wundervoll, zauberhaft und in sich stimmig ist – und dennoch lässt der Gedanke auf mehr unser Herz höher schlagen“. Diesen Zungenbrecheraward verleihen wir natürlich an den pelzigen, flauschigen, liebenswerten sprechenden Bären mit Faible für Orangenmarmelade. «Paddington 2» ist ein Film, nach dem wohl niemand von alleine verlangt hätte. Doch da Paul King erneut Regie führt und das Skript schreibt, nahezu der gesamte Cast zurückkehrt und die Story knuffig klingt (Paddington will ein gestohlenes, wertvolles Pop-up-Buch wiederbesorgen), sind wir vor lauter Vorfreude entzückt.

Horror und finstere Thriller


Über 140 Minuten Surrealismus, beklemmende Stimmung und abgefahren-finsteres Storytelling: Am 23. Februar entführt «Ring»- und «Fluch der Karibik»-Regisseur Gore Verbinski Mutige mit «A Cure for Wellness» in ein altertümliches, verwinkeltes Spa, in dem sich beängstigende Dinge abspielen. Der visionäre Filmemacher lässt ersten Stimmen zufolge hier seinem Einfallsreichtum freien Lauf – das wird wohl nichts für Zartbesaitete und verdient unseren „Wenn kreative Kräfte sinister walten-Preis“.

Der 18. Mai bringt dagegen einen Doppel-Punch an Horrorkost: Ridley Scott schickt sich mit «Alien: Covenant» an, „Den blutigsten Sci-Fi-Film 2017“ zu inszenieren, während «Annabelle 2» als neue Geschichte über die schaurige «Conjuring»-Puppe den „Nichts für Automatonophobiker-Preis“ einheimst. Der für den 2. Februar angekündigte «Rings» und der voraussichtlich am 12. Oktober startende «Friday the 13th» teilen sich hingegen den Award namens „So oft verschobene Filme, dass wir erst glauben, dass sie anlaufen, wenn wir sie im Kino gesehen haben“.

Und schon am 26. Januar erwartet uns mit «Jackie» ein einmaliger Film: Ein „Anspruchvolles Biopic, das so beklemmend inszeniert und bedrückend erzählt ist, dass es sich wie ein Horrorfilm anfühlt“. Dieses unvergleichliche Kinoerlebnis sollte sich kein Cineast entgehen lassen!

Komödien und Animationsfilme


Der 16. Februar bringt mit dem Remake der frechen französischen Komödie «Mama gegen Papa» namens «Schatz, nimm du sie» den "Film, den es zu studieren lohnt", da er sehr gut die Unterschiede zwischen der hiesigen Komödienkultur und der unserer Nachbarn zeigen wird. Der 2. März führt mit «High Society» «Traumfrauen»-Macherin Annika Decker zurück auf den Regiestuhl. Der Komödienplot über ein wohlhabendes Mädchen, das eigentlich aus einer armen Familie stammt, aber kurz nach der Geburt vertauscht wurde , hat sich den „Aus alt mach bitte neu-Preis“ verdient. Am 20. Juli startet dann endlich «Bullyparade – Der Film», der mehr als jeder andere Film Mit- und Endzwanziger am Nostalgiewickel packen will.

Im Segment der US-Komödie hofft am 1. Juni «Baywatch» mit Zac Efron und Dwayne Johnson und viel Selbstironie als „Beste «21 Jump Street»-Kopie am Strand“ durchzugehen, während am 29. Juni «Rock That Body» mit Scarlett Johansson und Kate McKinnon über eine fehlgeschlagene Junggesellinnenabschiedsparty hofft als McKinnons bereits 2016 verdienter, nun endlich erreichter Durchbruch in Deutschland seine Marke zu hinterlassen. Am 6. Juli will «Spider-Man: Homecoming» als beste Ehe zwischen Superheldenfilm und High-School-Komödie Eindruck hinterlassen und ab dem 5. Oktober pocht die Agentenparodie «Kingsman – The Golden Circle» mit Channing Tatum darauf, nicht nur für die hübschesten Anzüge in einer frech-fröhlichen Fortsetzung eines Überraschungserfolgs ausgezeichnet zu werden.

Schon am 9. Februar hofft «The LEGO Batman Movie», als ironischster Trickfilm 2017 durchzugehen, während am 16. Februar und exakt einen Monat später jeweils «Mein Leben als Zucchini» und «Die rote Schildkröte» um den Award des kunstvollsten Indie-Trickfilms des Jahres kämpfen. Dank Alec Baldwins Sprecherleistung als befehlshaberisches Kleinkind positioniert sich «Boss Baby» dagegen am 20. April als „Film, der aus Versehen zum Donald-Trump-Biopic wurde" und am 6. Juli greift «Ich – Einfach unverbesserlich 3» mit seinem 80er-Retro-Schurken nach dem „Die 80er werden niemals sterben!-Vergangenheitsschmerzpreis“. Am 23. November entführt Pixar dann in «Coco» ins Reich der Toten sowie in ein sehr musikalisches Mexiko, womit wir hoffen, dass der Film nicht als „Erster Trickfilm, der für eine Mauer bezahlen musste“ in die Geschichte eingehen wird.
22.01.2017 09:42 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/90726