Die Kritiker: «Magda macht das schon»

RTL startet eine neue Comedy-Serie über eine polnische Altenpflegerin in Deutschland. Ein Stoff, für den man Chuzpe braucht. Und der genau daran scheitert.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Verena Altenberger als Magda
Hedi Kriegeskotte als Waltraud Holtkamp
Brigitte Zeh als Cornelia Holtkamp
Matthias Komm als Tobias Holtkamp
Charlotte Krause als Leah Holtkamp
Luis Kain als Luca Holtkamp
Neil Malik Abdullah als Busfahrer Nadir

Hinter der Kamera:
Produktion: Polyphon
Headautor: Sebastian Andrae
Regie: Torsten Wacker und Nico Zingelmann
Kamera: Timo Schwarz
Produzentein: Dr. Beatrice Kramm
Eine schon lange bestehende Auswirkung des deutschen Pflegenotstands: Polnische Pflegekräfte, meist junge Frauen mit kleinen Kindern, die über Oder und Neiße nach Deutschland gekarrt werden, um sich zum Mindestlohn um vom Alzheimer schwer erträglich gewordene alte Leute zu kümmern, auf Anweisung derer meist nicht minder griesgrämigen Familien. Ein Knochenjob, der physisch schnell verschleißt, emotional sowieso.

Es gehört also eine ordentliche Portion Chuzpe dazu, einen solchen Stoff als Comedy-Serie zu erzählen: Und so wird die polnische Altenpflegerin Magda (Verena Altenberger) eben nicht als ausgebeutete Niedriglohnkraft, sondern „mit großem Herz und großer Klappe“ erzählt, die einen neuen Job braucht, nachdem ihre deutschen Arbeitgeber sie vor die Tür gesetzt haben. Sie landet im Haushalt der Holtkamps, wo Oma Waltraud (Hedi Kriegeskotte) mit drei gebrochenen Gliedmaßen ans Bett gefesselt ist.

Die Kombination verspricht interessant zu werden: Das „Polenmädchen“ Magda trifft auf die Heimatvertriebene Waltraud, die verstaubte revisionistische Bücher über Oberschlesien liest und ansonsten damit beschäftigt ist, ihre Familie mit ihren egomanischen Anfällen zu tyrannisieren. Polenmädchen Magda setzt ihr großes Herz und ihre große Klappe ein, um zu besänftigen, zu vermitteln und den Laden am Laufen zu halten.

Man mag nun anmerken, dass die Dialoge in «Magda macht das schon» flotter, schmissiger und mit mehr Sinn für Witz und Timing geschrieben sind als im Normalzustand heiterer deutscher Serien. Dass gerade Verena Altenberger und Hedi Kriegeskotte in den Hauptrollen durch ein gutes Gespür für Komik auffallen. Und dass die Plots nicht selten ein angenehmes Maß zwischen Überzeichnung und charaktergetriebener Erzählweise finden.

Und trotzdem ist diese Serie auch eine Zumutung. Weil sie die ausbeuterischen Prinzipien hinter dem massenhaften Einsatz osteuropäischer Pflegehilfskräfte als fröhliche Lebensrealität darstellt, getreu dem Leitmotiv: Magda macht das schon. Das hat etwas Unanständiges, und verfehlt den Zweck von Satire und komödiantischer Überzeichnung: Auf die gesellschaftlichen Missstände wird nicht hingewiesen, sie werden ausgeklammert.

Humoristisch weit unter dem Niveau von Mona Sharmas Deutscher Welle Polen und der Familie Popolski aus dem WDR mäandriert sich RTLs Serien-Neustart zwischen altbackenen Polenwitzen und säftelnder Altherren-Lüstelei, wo die angebliche Diskrepanz zwischen Magdas verhurtem Kleidungsstil und ihrem Herz einer Heiligen (Es gibt Kritiker, die schreiben das tatsächlich) ein sinniges und dramaturgisch ausreichendes Charaktermerkmal sein sollen. Guck mal, diese wollüstigen und katholischen Polinnen. Und Mensch, wie die anpacken.

Man könnte denken, in der letzten Folge müsse sich Günter Wallraff die Maske vom Gesicht reißen.

RTL zeigt «Magda macht das schon» ab Donnerstag, den 5. Januar um 21.15 Uhr.
03.01.2017 12:30 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/90335