Sitcom-Revival? Gottschalks Rehabilitation? Serien-Revolution mit «Star Trek», «Twin Peaks» oder «Babylon Berlin»? Wir blicken auf zehn Trends des Medienjahres 2017, die ihre Schatten vorauswerfen.
Ab den 90ern gehörten sie wie kaum ein anderes TV-Programm zum Wochenendanfang: die RTL-Sitcoms. Fast jedes Mitglied der Comedyshow «7 Tage, 7 Köpfe» bekam seine eigene Serie, und teilweise saßen sieben Millionen Zuschauern vor den Fernsehern, um Gaby Köster als Supermarktkassiererin zu sehen oder Jochen Busse als Bauleiter in einer miefigen Behörde. Nach einigen Jahren waren deutsche Comedys out, der Überraschungserfolg «Der Lehrer» lässt RTL nun aber mutiger werden: Gleich vier Formate sind für 2017 in Planung. Im Januar schickt man «Magda macht das schon» (Foto) mit Verena Altenberger auf Sendung, im Februar folgt «Triple Ex» mit Diana Staehly, «Nichttotzukriegen» mit Jochen Busse und «Beste Schwestern» mit Mirja Boes folgen später. Im Erfolgsfall könnte das Genre der deutschen Sitcom eine neue Blütezeit erleben.
Nach mehr als zehn Jahren kehrt das einstweilen eingeschlafene SciFi-Franchise auf den kleinen Bildschirm zurück. Mit den drei Kinofilmen seit 2009 hat man das Interesse an der Reihe neu entfacht, 2017 folgt nun der Neustart im Fernsehen. Er ist aus zweierlei Gründen spannend: Denn erstens könnte eine erfolgreiche neue «Star Trek»-Serie die Aufmerksamkeit für das vernachlässigte SciFi-Genre steigern, sodass sich wieder größere Player den Projekten annehmen als beispielsweise der kleine Sender Syfy. Damit zusammenhängend könnten zweitens die Planungen an der «Star Wars»-Realserie wieder Fahrt aufnehmen, die laut Aussagen von Disney derzeit noch in weiter Ferne scheint. Ein «Star Trek»-Erfolg im TV könnte diese Entwicklungen beschleunigen.
2017 wird das Jahr der deutschen Eigenproduktionen bei den Streaming-Giganten. Den Anfang macht maxdome, das schon im Januar die Comedy «Jerks» mit Christian Ulmen auf Sendung schickt. Ulmen hat Erfahrungen als Onlinevideo-Pionier, machte exklusive Webserien eher experimenteller Natur wie «Ulmen.TV» und «Die Snobs». Im März startet Amazon dann den Thriller «You Are Wanted» mit Matthias Schweighöfer, noch keinen Termin gibt es für das Netflix-Drama «Dark». Interessant wird nicht nur, wie gut die Serien beim deutschen Publikum ankommen, sondern mit welchem internationalen appeal sie produziert wurden – schließlich sollen alle Streamer-Serien weltweites Potenzial besitzen – und ob sie auch im Ausland Relevanz erlangen. Dass dies durchaus funktionieren kann, zeigte die vielbeachtete brasilianische Netflix-Produktion «3%» in diesem Jahr.
Die Zwischenbilanz liest sich positiv: Rund 25 Millionen Views habe das junge Angebot von ARD und ZDF in seinen ersten Monaten erreicht, die Abonnentenzahl aller Kanäle bei YouTube und Facebook liegt zusammengerechnet bei mehr als 1,27 Millionen. Dabei gilt allerdings zu beachten, dass einzelne Personen viele Kanäle abonnieren können – dies zeigen auch die Downloadzahlen der eigenen funk-App, die zuletzt bei rund 100.000 lagen. Der eigentliche Erfolg liest sich im Netz aber nicht unbedingt an solchen Zahlen, sondern daran, wie erfolgreich einzelne Videos sind. Deshalb werden die Formate auch nicht zentral unter einem „funk“-Slogan gebündelt, sondern für sich produziert. Relevanz stellt sich über das Teilen und Liken her, da müssen einzelne Videos punkten, wie beispielsweise das viral gegangene Kritikvideo an einem Edeka-Werbespot. 2017 sollte weiter nachhaltig zeigen, dass funk nicht zu einer Resterampe für semierfolgreiche YouTuber wird, sondern kreativ und original bleibt. Der Anfang ist gemacht.
Wenn man HBO sagt, muss man «Game of Thrones» sagen. Ähnlich wie zur Endphase der «Sopranos» ist der riesige Serienerfolg gleichzeitig ein Fluch, denn nach «Game of Thrones» kommt lange – nichts. Nach den «Sopranos» hat HBO mehrere Jahre gebraucht, um im Serienbereich wieder die gewohnte Relevanz zu gewinnen; mit dem absehbaren Ende der Fantasyserie von George R.R. Martin gilt es diesen Fehler nicht zu wiederholen. Denn anders als in den späten 2000ern gibt es viele starke neue Player auf dem Serienmarkt, die HBO nachhaltig schaden können. Der Pay-TV-Gigant erkennt dies und bereitet sich vor: Mit dem extrem teuren Projekt «Vinyl» (Foto) hatte man 2016 allerdings einen Flop im Programm, vielversprechender lief es für «Westworld» Ende des Jahres. Ob die Serie ein potenzieller «Game of Thrones»-Nachfolger sein kann, wird sich 2017 mit der zweiten Staffel zeigen. Weitere Projekte im nächsten Jahr: «The Young Pope», das bereits erfolgreich in Europa angelaufen ist, und das Porno-Drama «Deuce» von Serien-Mastermind David Simon («The Wire», «Treme», «Show Me A Hero»).