Star-Regisseur Robert Zemeckis wagt sich mit seinem romantischen Kriegsdrama «Allied - Vertraute Fremde» an die fordernde Aufgabe, viele verschiedene Genreeinflüsse miteinander zu kombinieren.
«Allied – Vertraute Fremde» ist in erster Linie eine ganz große und nicht minder tragische Liebesgeschichte. Sie funktioniert von der ersten Sekunde, da Robert Zemeckis bei seiner Inszenierug intim nah an die Figuren herangeht. Als Zuschauer begibt man sich an die Seite von Max und ist entsprechend immer auf dem Wissensstand seiner Figur. Umso schockierender ist es da, als der grundsympathische, gewissenhafte Veteran mit den etwaigen Spionage-Verwicklungen seiner Frau konfrontiert wird. Als Zuschauer erlebt man die sukzessive immer stärker werdende Anziehung des zunächst nur zu Tarnzwecken gemeinsam auftretenden Paares ebenso mit, wie die darauf folgenden Phasen der Liebe und den Beginn der Familiengründung. Und da Brad Pitt («The Big Short») und Marion Cottilard ihre Figuren zu jedem Zeitpunkt mit Leben füllen, schaffen es nicht einmal die tragischen Umstände ihres Kennenlernens, die Geschichte schwermütiger zu machen, als sie es ist. Zemeckis scheut zwar nicht davor zurück, in entscheidenden Momenten zu betonen, wie risikoreich es sich zu damaligen Zeiten lebte (lediglich in der Geburtsszene, die der Regisseur während eines nächtlichen Angriffs der Feinde inszeniert, trägt Zemeckis ein wenig zu dick auf), doch wie schon bei diversen anderen Projekten Steven Knights zuvor, gelingt es dem Drehbuchautor auch diesmal, Tempo, Spannung und Menschlichkeit so zu betonen, dass «Allied» bis zuletzt nicht in eine depressive Stimmung kippt.
Das Skript zeichnet Cottilards Marianne so zurückhaltend verführerisch, aber auch tough und offensiv mit ihrem Partner agierend, dass es absolut nachvollziehbar ist, weshalb Max ihr irgendwann verfällt (das entscheidende Schäferstündchen inmitten eines Sandsturmes inszeniert Zemeckis mit fulminanter Passion und von berauschender Natürlichkeit, sodass es nicht wundern würde, ginge diese Szene direkt nach Kinostart in die Filmgeschichte ein). Die Umstände ihres Kennenlernens legen indes nahe, dass man es hier auch mit einer Abwandlung des Stockholm-Syndroms zu tun haben könnte; ist die Liebe der beiden doch auf der einen Seite absolut plakativ, auf der anderen Seite aber umso verständlicher, wenn man bedenkt, wie stark außergewöhnliche Vorkommnisse Menschen zusammenschweißen können. Als sich «Allied» in der zweiten Hälfte schließlich mit den schweren Spionage-Vorwürfen an Marianne befasst, bewegt sich der Film weg vom romantischen Drama, hin zur abenteuerlichen Belastungsprobe für alle Beteiligten.
Zemeckis geht mit seinen permanenten Stimmungs- und Richtungswechseln sehr fordernd an sein Publikum heran, sodass man sich als Zuschauer selbst irgendwann nicht mehr sicher ist, wem man in diesem emotionalen Verwirrspiel noch trauen kann und wem nicht. Nur selten spielen neben Brad Pitt und Marion Cottilard noch andere Darsteller eine Rolle, wenngleich Zemeckis mit Jared Harris («Codename U.N.C.L.E.»), Lizzy Caplan («Die Unfassbaren 2») oder Matthew Goode («Self/Less – Der Fremde in mir») weitere große Namen in den Nebenrollen besetzt hat. Sie alle komplettieren den von Cottilard und Pitt angeführten Cast auf subtile Weise, prägen den Film aber nicht so sehr wie die beiden Hauptdarsteller. Dafür kann die Inszenierung an sich der graziösen Präsenz des Protagonisten-Paares das Wasser reichen. Ausstattung und Kostüme entsprechen nicht einfach bloß dem Bild der damaligen Dekade, sondern kleiden Szenerie und Darsteller in jenen authentischen Pomp, den es braucht, um einmal mehr die Tragweite der Geschichte zu unterstreichen. Denn einerseits erzählt Robert Zemeckis mit «Allied – Vertraute Fremde» ein lose von wahren Ereignissen inspiriertes Einzelschicksal. Auf der anderen Seite gelingt es ihm, stellvertretend daran ein allumfassendes, zutiefst menschliches Bild aus einer Zeit zu zeichnen, in dem gerade Menschlichkeit und Liebe viel zu oft auf der Strecke bleiben mussten. Warum das so ist, zeigt sich dann schließlich in einem bitterbösen, aber leider nur allzu konsequenten Finale…