Buschis letzter «Schlag den Star»-Einsatz: Der endültige Zerfall des Triumvirats

Wenn Frank Buschmann am Abend letztmals die XXL-Liveshow kommentieren wird, kann er euphorisch und gespannt in die Zukunft blicken - während diese für ProSieben vor allem die Frage aufwirft, wie der Sender auf den nächsten herben personellen Verlust reagiert. Immerhin verlässt nach Stefan Raab und Steven Gätjen der dritte Grundpfeiler das «Schlag den...»-Franchise und hinterlässt erneut eine große Lücke.

Quotenvergleich «SdR» vs. «SdS»

  • «SdR» (2015): 2,76 Mio. (12,6% / 21,9%)
  • «SdS» (2016): 1,75 Mio. (8,0% / 14,9%)
Durchschnittliche Werte ohne die finale Ausgabe von «Schlag den Raab», die mit 3,89 Millionen Zuschauern und fast 30 Prozent Zielgruppen-Marktanteil weit herausragte.
Fast ein Jahr ist es nun her, dass Stefan Raab standesgemäß im Zuge seines Megahits «Schlag den Raab» die große Fernsehbühne verließ und Steven Gätjen gleich mitnahm, der jedoch im Gegensatz zum ProSieben-Übervater eine neue Heimat im ZDF fand. Bis heute sind die Nachwehen dieses Doppelschlags deutlich zu spüren, wenngleich die Unterföhringer so Einiges in die Wege leiteten, um sich neu aufzustellen - unter anderem auch mit der Beförderung von «Schlag den Star» zur neuen großen Samstagabend-Show, die bei ihren bisherigen fünf Einsätzen als Live-Format zwar stets respektabel performte, aber eben auch nie an die Strahlkraft des großen Vorbilds heranreichte (siehe Infobox). Und bei ihrer Weiterführung im kommenden Kalenderjahr, in dem es erneut insgesamt sechs Ausgaben zu bestaunen geben soll, wird es einen weiteren herben Verlust zu verkraften gelten: Kult-Kommentator Frank Buschmann nimmt nämlich im Rahmen des Duells zwischen Detlef D! Soost und Thorsten Legat seinen Hut.

Damit geht gewissermaßen der letzte große Anker, an dem sich das in den vergangenen zehn Jahren zu beachtlicher Größe aufgestiegene «Schlag den...»-Imperium festhalten konnte - und der als Gegenpol zum sympathisch, aber mitunter etwas schwerfällig moderierenden Elton insbesondere in den vergangenen Monaten immer wichtiger wurde, um notfalls auch in eher dröge Duelle wie insbesondere jenem zwischen Massimo Sinato und Andreas Wolff im September die nötige Portion Nervenkitzel hineinzuquatschen. Gerade dieses Handwerk der Hochstilisierung vermeintlicher Nichtigkeiten beherrschte Buschi wie kaum ein Zweiter im deutschsprachigen Raum und war nicht zuletzt deshalb auch einer der vielen Glücksgriffe, die Stefan Raab einst bei der Besetzung des wohl letzten deutschen Show-Meisterwerks getätigt hatte. Umso bitterer ist es also für ProSieben, wie ihnen diese Glücksgriffe nach und nach aus den Händen gleiten.


Des Einen Leid ist der Anderen Freud


Und im Gegensatz zu Raab und Gätjen hat der 52-Jährige nun noch nicht einmal Skrupel, seine Kerntätigkeit zum größten direkten Mitbewerber RTL zu verlagern. Als Buschmann diesen Schritt im Oktober auf seiner vielbesuchten Facebook-Plattform verkündete, herrschte bei der Mehrheit seiner Anhänger Skepsis bis Ablehnung vor. Moderatere Stimmen brachten ihr Unverständnis zum Ausdruck, dass er für eine Show das sich über diverse Unterhaltungs- und Sport-Angebote streckende Konvolut an Möglichkeiten sausen ließ, das ihm ProSiebenSat.1 eröffnete - nicht zuletzt ist er ja auch noch bis zum Ende der Saison Kopf und Stimme der «ran NFL»-Football-Übertragungen, an deren zunehmender Etablierung auf dem deutschen Markt er maßgeblichen Anteil hat. Extremere Äußerungen redeten einen Verfall seiner Ideale in Folge der zunehmenden persönlichen Prominenz, den Verrat an den Sender, der ihn einst groß gemacht hatte oder sogar eine Öffnung hin zum "Unterschichten-Fernsehen", für das RTL im Kern stehe, herbei.

Ein paar Wochen später kann man diesen enttäuschten Anhängern entgegnen, dass es zu Letzterem wohl eher nicht kommen wird. Buschis Kernprojekt beim neuen Arbeitgeber, das machte er bereits bei seinem Wechsel klar, wird die zweite «Ninja Warrior Germany»-Staffel werden, die gegenüber des mit sechs Ausgaben noch recht homöopathisch dosierten ersten Durchgangs ausgebaut wird auf die er sich riesig freue. Zudem fungierte er bereits Ende November in «Die 2» erstmals als Kommentator und trat beim jüngsten «Wer wird Millionär?»-Promispecial als Rategast auf. Das lässt darauf schließen, dass die Verantwortlichen der Kölner ihren Neuzugang in erster Linie bei ihren qualitativen Leuchtturm-Projekten einzusetzen gedenken. Zudem steht noch immer die Ankündigung im Raum, ihm weitere maßgeschneiderte Ideen im Unterhaltungsbereich anbieten zu wollen - was auch dahingehend sinnhaft erscheint, dass man bei RTL nach jahrelangen Quoten-Erosionen keineswegs in der Position ist, sich schlichtweg auf den verblassenden Lorbeeren der Vergangenheit auszuruhen.

Ein noch etwas dichterer Nebel umgibt dagegen Buschmanns zukünftige Tätigkeit bei Sky. Klar ist bislang nur, dass sich auch der Pay-TV-Sender die Dienste des charismatischen Bottropers gesichert hat und mit ihm aller Voraussicht nach in die kommende Fußball-Saison 2017/18 gehen wird. Bedarf an markanten Stimmen hat Sky in jedem Fall, denn nach dem Ausscheiden von Marcel Reif wird im Sommer auch Fritz von Thurn und Taxis seinen Dienst quittieren - zwei Personen also, die ihre Arbeit niemals mit der Kernintention verbunden haben, es jedem Fußballfan recht zu machen. Darüber hinaus ist jedoch mit der deutschen Adaption der UK-Produktion «A League of Their Own» wohl auch ein neues Projekt für den noch jungen Entertainment-Sender Sky 1 in der Mache, in der mit prominenten Sportlern reichlich spielerischer Unsinn verzapft werden soll.


Buschmann, der nimmermüde Wandervogel


Frank Buschmanns Vita (Auswahl)

  • Bis Anfang der 90er: Basketballer in der Oberliga und 2. Bundesliga
  • 1993: Diplom der Sportwissenschaften, erste journalistische Tätigkeiten im Radio
  • 1993-2013: Kommentator und Moderator im DSF, vornehmlich für Fußball und Basketball
  • 2006/07: Bundesliga-Kommentator für Arena
  • Seit 2007: Kommentator bei «Schlag den Raab» und diversen Raab-Events auf ProSieben
  • 2009-2013: Liga total!
  • Seit 2011: Kommentator der EA-Spieleserie FIFA
  • 2012-2017: Kommentator der «ran NFL»
  • April 2014: Sein Buch "Am Ende kackt die Ente" erscheint
  • Seit 2016: Gemeinsame Moderation und Kommentierung der RTL-Show «Ninja Warrior Germany»
  • Seit 2017: Sky mit «Eine Liga für sich» und RTL's «The Wall». Zudem ab August 17 Bundesliga und Champions League bei Sky
Und so schmerzhaft der Abgang für ProSiebenSat.1 auch gerade in Anbetracht der Polyvalenz auch sein mag, mit der Frank Buschmann die Sendergruppe beschenkte, so ist er doch in gewisser Weise folgerichtig. Der einstige Basketballspieler und DSF-Kommentator zeigte sich seit Mitte der 2000er derart umtriebig und nimmermüde dabei, sich neuen spannenden Herausforderungen zu widmen und dabei die oftmals noch immer strikt voneinander getrennten Segmente Unterhaltung und Sport-Berichterstattung zu verschmelzen, dass die Konstante ProSieben im Laufe der vergangenen Jahre für ihn zunehmend Stillstand und immer weniger Abenteuer wurde - und dann verschwand zuletzt mit den diversen Raab-Events ja auch noch ein schlagkräftiges Argument für seinen Verbleib von der Bildfläche, während das «ProSieben Auswärtsspiel» zwar aufwändig und innovativ daherkam, aber auf viel Kritik und wenig Interesse stieß.

Wagt man nun einen Blick nach vorne, muss man wohl kaum Angst davor haben, dass sich Buschi mit seinem RTL-Wechsel dergestalt in die Nesseln setzt, um den Malus des Gescheiterten aufgedrückt zu bekommen. In noch weit größerem Umfang als Ex-Kollege Steven Gätjen ist es dem Moderator und Kommentator gelungen, sein Tätigkeitsfeld breit genug aufzustellen, um von keinem Arbeitgeber allzu stark abhängig zu sein - einmal ganz davon abgesehen, dass es auch beim Kölner Sender selbst genügend Anlaufstellen für einen prinzipiell im Hintergrund agierenden und doch nie unauffälligen Mann seiner Couleur geben dürfte. ProSiebenSat.1 dagegen steht nun ein weiteres Mal mit dem Rücken zur Wand und muss schon wieder auf einen schmerzhaften Abgang reagieren, bevor man so richtig agieren kann. Doch wer selbst nach dem Lebewohl eines Stefan Raabs bei weitem nicht in seine Einzelteile zerfällt, dürfte auch daran nicht zerbrechen.

Zunächst einmal gilt es jedoch, am Samstagabend noch einmal so richtig Kasalla zu veranstalten und sich bloß nicht in einer Sentimentalität und Weinerlichkeit zu verlieren, die sich Buschi selbst gewiss nicht wünschen würde und die ihm auch nicht gerecht wird. In diesem Sinne: Möge die Ente heute ab 20:15 Uhr noch einen letzten saftigen Haufen kacken!
10.12.2016 11:30 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/89879