Zwei Tage nach dem ersten Aufschrei, dass ARD und ZDF tatsächlich raus sind bei den nächsten vier Olympischen Spielen, dürfte in einige Köpfe Klarheit eingekehrt sein. Während das Bedauern über ein Olympia-Aus bei den Öffentlich-Rechtlichen an manchen Stellen durchaus gerechtfertigt ist, ist es an anderen auch einfach nur blanker Schwachsinn.
Die ersten Berichterstatter haben den Hyperventiliermodus wieder ausgeschaltet: ARD und ZDF sind raus bei Olympia 2018 bis 2024, der zum US-Konzern gehörende Sportkanal Eurosport wird unter Einbeziehung des Pay-Kanals Eurosport2 und des Free-TV-Senders DMAX in Deutschland Olympia abzudecken versuchen. Olympia bleibt also frei empfangbar für alle, ist aber auf einem Sender zu sehen, den mancher Bürger vielleicht bis dato nur am Rande auf dem Schirm hatte. Freilich hat Eurosport, das kolportierten Zahlen zufolge 1,3 Milliarden Euro für die Übertragungen der vier Großereignisse hinblätterte, großes Risiko in Kauf genommen, um sich aus der Nische (aktuell rund 0,3% Marktanteil) weiter nach oben zu spülen. Einkalkuliert war damals sicherlich ein Sublizenz-Nehmer, der – ebenfalls dem Vernehmen nach – bis 2024 knapp die Hälfte der Kosten hätte mittragen sollen.
Also 150 Millionen Euro für zwei Wochen Olympia. Das war ein ehrgeiziges Ziel von Eurosport und eine Forderung, die für ARD und ZDF aus nachvollziehbaren Gründen nicht darstellbar war. Beispiel Winterspiele 2018 und Sommerspiele 2020: Diese werden in Pyeongchang (Südkorea) und Tokio (Japan) stattfinden. Beide Städte sind der deutschen Zeit acht Stunden voraus. Nicht unerhebliche Teile dieser Spiele also werden nachts oder in den Morgen- und Vormittagsstunden laufen. Dann, wenn hierzulande die großen Zuschauerzahlen abzuräumen sind, also ab 19 oder 20 Uhr, werden die Sportler in Südkorea und Japan schlafen.
Bedenken geäußert werden dürfen was das redaktionelle Rundum-Programm angeht, also eigentlich nur an einer Stelle: Wie werden die Grundsätze intern gelegt? Ist es für Eurosport interessant mal hinter die Kulissen von Olympia 2020 in Tokio zu schauen? Will man Themen wie Umweltverschmutzung oder Lage der Bevölkerung vor Ort so breit ansprechen wie es ARD und ZDF vermutlich getan hätten? Oder soll der Fokus komplett auf dem Sport liegen? Im Sportlichen spricht Eurosport zwar davon, besonders auf „Storytelling“ in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Olympischen Sportbund sowie den Einzelsportverbänden setzen zu wollen, um die deutschen Athleten vorzustellen. Aber darf’s auch in diesem Bereich mal ein kritischer Bericht rund um Entscheider und Entscheidungen sein? Passiert das nicht, dann käme Eurosport dem Wunsch-Gedanken des Internationalen Olympischen Komitees einen „Olympic Channel“ zu kreieren, schon ziemlich nahe. Das würde den Spaß an den Spielen für den durchschnittlichen TV-Zuschauer vermutlich nicht mindern, aber eben einige Randbereiche, die ebenfalls eine Betrachtung verdienen, außen vor lassen. Übrigens: Vor etwas mehr als vier Jahren hat das einige Journalisten noch nicht interessiert. Es scheint, als sei fast vergessen worden, wie berichtet wurde, als Eurosport im Sommer 2012 Olympia aus London übertrug. Die tz sprach sogar von einem 4:1-Punktsieg Eurosports gegenüber ARD/ZDF… Und das, obwohl damals augenscheinlich weniger redaktioneller Aufwand betrieben wurde als es für 2018 und 2020 angedacht ist.