«Mitfahr-Randale»: Kleines Entertainment-Häppchen für zwischendurch

Die zweite Eigenproduktion des brandneu gestarteten Senders Sky 1 weiß vor allem durch Kurzweil und Alltagsnähe zu überzeugen. Wirklich neue Akzente im Unterhaltungsbereich werden aber nicht gesetzt.

Denkt man an Sky, dürfte den meisten Deutschen zunächst einmal das Sport-Angebot des Pay-TV-Kanals einfallen, gefolgt von Filmen und Serien. Ganz sicher keine nennenswerte Erwähnung würde man hingegen im Segment der Unterhaltung finden, war die Marke hier in der Vergangenheit doch nahezu unsichtbar. Doch in Zeiten, in denen sich Sky gegen eine immer größere Konkurrenz durch Online-Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime behaupten muss, die längst ebenfalls auf der Suche nach Möglichkeiten sind, auch fernab der fiktionalen Unterhaltung Flaggschiffe zu installieren, sieht man sich offensichtlich gezwungen, ebenfalls in die Breite zu gehen: Erst vor wenigen Monaten ging der neue Kultursender Sky Arts an den Start, an diesem Donnerstag folgte mit Sky 1 ein Entertainment-Angebot, das zunächst zwei Eigenproduktionen vorweisen kann: Das bereits am Donnerstag gezeigte «Masterchief» und eben «Mitfahr-Randale».

Letztgenanntes Format soll künftig die Marschrichtung am Freitagabend vorgeben, der laut "Senderchef" Christian Asanger voll auf Comedy getrimmt wird (siehe Infobox) und umfasst zunächst 16 halbstündige Folgen - was aufgrund der Doppelausstrahlung um 20:15 Uhr Stoff für immerhin acht Freitagabende hergibt. Das Konzept ist denkbar einfach erklärt: Der Zuschauer begleitet durch sechs Kameras aufgenommene Autofahrten, bei denen der Mitfahrer vom Fahrzeugführer, einem vom Sender beauftragten Comedian, auf den Arm genommen und vor besonders krasse Herausforderungen gestellt wird. Je länger der Mitfahrer bereit ist, sich diesen bösen Überraschungen zu stellen und den Fluchtreflex zu unterdrücken, desto mehr "Kilometergeld" bekommt er - was ihm aber natürlich im Vorfeld nicht gesagt wird.

Wer nach der inhaltlichen Beschreibung noch nicht völlig hin und weg ist vor Begeisterung, dem sei als zusätzliches Leckerli die Information nachgereicht, dass unter anderem Micky Beisenherz (Foto) als Moderator fungiert und überdies die hier agierende Produktionsfirma SEO Entertainment ist. Letztere Tatsache legt an argumentativer Strahlkraft zu, wenn man weiß, dass eben jene Produzenten unter anderem die herausragende WDR-Sendung «Das Lachen der Anderen» verantworten und auch ganz aktuell mit dem unkonventionellen ProSieben-Talk «Applaus und raus!» auf sich aufmerksam machen. Handwerklich sollte angesichts dieser Expertise also wohl nichts anbrennen und unkonventionelle Unterhaltung dürfte ebenfalls gesichert sein?! Nunja, nicht so ganz.

Sehr gute Arbeit haben die Macher in der Tat handwerklich geleistet: Die Filmaufnahmen aus dem Auto sind allesamt hochwertig, die Kameraeinstellungen wirken so stimmig, wie man sie halt angesichts des Magels an Bewegungsfreiheit in einem Auto erwarten darf, die Comedians machen einen guten Job und schaffen es, mit ihren Opfern in ein launiges, unterhaltsames Gespräch zu kommen, ohne ihre eigentliche Bestimmung zu vernachlässigen. Die Schnitte sind gut gesetzt und lassen das Geschehen dynamisch wirken, ohne dass der Rezipient allzu offensichtlich merkt, an welchen Stellen die Schere angesetzt wurde. Die Clips machen Spaß, wirken nie gehetzt oder das Geschehen zu aufgesetzt, dass sie jeden lebensweltlichen Bezug verlören. Mit anderen Worten: Zu kritisieren ist prinzipiell nur sehr wenig an dieser Produktion.

Bedauern kann man aber sehr wohl die Tatsache, dass kaum innovative Akzente gesetzt werden und die Show letztlich nur eine weitere Variation der Versteckten-Kamera-Comedy ist, die wir schon seit Jahrzehnten im Fernsehen geboten bekommen und zu den klassischsten TV-Unterhaltungsformen überhaupt gehört. Gerade auf einem kleinen Sender wie Sky 1, bei dem keinerlei Quotendruck vorherrscht, hätte man sich ein paar Impulse in diese Richtung gewünscht - insbesondere in Anbetracht der mit spezielleren TV-Produktionen ja durchaus vertrauten Verantwortlichen.

So jedoch ist «Mitfahr-Randale» letztlich eine Comedy mit versteckter Kamera, die hochwertiger und in der Gesamtbetrachtung stimmiger wirkt als viele andere Genre-Vertreter, die zum Teil auf deutlich größerer Bühne präsentiert wurden. Hierfür ist Sky 1 und SEO Entertainment in jedem Fall Respekt zu zollen. Schade ist dagegen die mangelnde Innovationsbereitschaft, weshalb das Format relativ austauschbar wird und die Vorstellung relativ schwer macht, dass Zuschauer extra hierfür den Weg zu einem neuen Sender finden. Ein etwas größerer Knall zum Auftakt der neuen Entertainment-Plattform wäre sicherlich nicht schlecht gewesen, um sich gleich mal auf dem Markt zu positionieren und Aufmerksamkeit zu generieren.

16 Folgen von «Mitfahr-Randale» laufen ab diesem Freitag jeweils in doppelter Dosis ab 20:15 Uhr.
04.11.2016 15:50 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/89142