Auch ohne Computer und Smartphone erleben die Jungs und Mädels in «Burg Schreckenstein» spannende Abenteuer. Damit wirkt die dieser Tage in den Kinos startende Jugendbuchverfilmung fast ein wenig aus der Zeit gefallen.
Er soll aufs Internat. Die Nachricht trifft den elfjährigen Stephan (Maurizio Magno) wie ein Vorschlaghammer. Nicht nur, dass sich seine getrennt lebenden Eltern dauernd streiten, jetzt eröffnet ihm seine Mutter Melanie (Jana Pallaske) auch noch, dass sie ihn auf ein Internat in die alte Burg Schreckenstein stecken wollen. Sie hoffen, dass sich so Stephans Noten verbessern. Doch die Schreckensteiner Jungs entpuppen sich keinesfalls als Streber. Ottokar (Benedict Glöckle), Mücke (Caspar Krzysch), Strehlau (Eloi Christ) und Dampfwalze (Chieloka Nwokolo) nehmen Stephan nach anfänglichen Differenzen in ihren Rittergeheimbund auf und dann geht der Internatsspaß erst richtig los! Die Jungen von Burg Schreckenstein sind nämlich auf Kriegsfuß mit den Mädchen vom benachbarten Internat Rosenfels. Während Direktor Rex (Henning Baum) die Streiche-Fehde zwischen den beiden Internaten gelassen sieht und der Graf der Burg (Harald Schmidt) sowieso nur sein ambitioniertes Heißluftballon-Projekt im Kopf hat, ist die Schulleiterin von Rosenfels, Frau Dr. Horn (Sophie Rois), entsetzt über die Disziplinlosigkeit. Während ihre Mädchen, allen voran Bea (Nina Goceva), Inga (Mina Rueffer) und Alina (Paula Donath) einen Racheplan gegen die „Schreckies“ schmieden, basteln diese am nächsten Streich. Sie ahnen noch nicht, dass Jungs und Mädchen ausgerechnet zum Burgfest unter einem Dach leben müssen. Katastrophe…oder doch nicht?
Die Probleme, denen sich Teenager auf ihrem Weg ins Erwachsenwerden ausgesetzt sehen, haben sich in den vergangenen Jahrzehnten glücklicherweise nicht geändert. So machen die Inszenatoren einen handfesten (und doch niedlich-unschuldigen) Krach zwischen Jungs und Mädchen zum Hauptkonflikt ihres Films, in dessen Verlauf beide Parteien erkennen, dass das andere Geschlecht vielleicht doch gar nicht so schlimm ist, wie man zuvor dachte. Die Ideen, mit denen die Jungs den Mädchen und schließlich die Mädchen den Jungs zusetzen, sind dabei derart kreativ, dass die Übertragbarkeit auf die Realität das ein oder andere Mal hinterfragt werden darf; wenn die Schreckensteiner in einer Nacht- und Nebelaktion im Computerraum des Mädcheninternats ein Dutzend Hühner aussetzen, sollte man einfach nicht näher überlegen, inwiefern das tatsächlich möglich ist, wenn ihnen doch nur ein Schlauchboot zur Überquerung des die beiden Anwesen trennenden Sees und der Einstieg über hoch gelegene Fenster möglich ist. Der körperbetonte Humor und jede Menge Slapstick gleichen kleine Holprigkeiten in der innerfilmischen Logik jedoch gekonnt wieder aus. Zumal sich die Zielgruppe an derartigen Beiläufigkeiten ohnehin kaum stören wird. Das Tempo ist hoch, der Schlagabtausch zwischen Mädchen und Jungs kernig und die Chemie zwischen den Figuren in jedem Moment glaubhaft. Und wird es dann doch mal schaurig, können die anschließenden emotionalen Szenen die vielleicht verschreckten Zuschauer rasch in Sicherheit wiegen.
Aufgesetzt harmoniebefürftig erscheint «Burg Schreckenstein» trotzdem nie. Sämtlichen Jungdarstellern sitzt der Schalk im Nacken, doch das Herz am rechten Fleck macht sie gleichsam zu hochsympathischen Identifikationsfiguren für jedes Alter. Die Verwicklungen innerhalb der Schreckensteiner-Clique gehen glaubhaft gesittet vonstatten; dass Stephan zunächst mit dem Ältesten der Crew seine Probleme hat, ist in diesem Alter ebenso normal, wie die kontinuierlich ansteigende Sympathie für ihn, wenn das Eis erst einmal gebrochen ist. Unter den Erwachsenen verwirrt lediglich die Besetzung von Talk-Legende Harald Schmidt als – im wahrsten Sinne des Wortes – guter Geist der Burg, der mit seinen Plänen, einen Heißluftballon steigen zu lassen, mehr inhaltliche Verwirrung stiftet, als dass seine Sidekick-Figur einen Mehrwert bieten würde. Dafür überzeugt Henning Baum («Der letzte Bulle») als äußerst cooler Lehrer ebenso wie Sophie Rois («3») als herrlich hysterische Heimleiterin. Auch Jana Pallaske («Fack ju Göhte 1 und 2») hat als überforderte, aber doch aufopferungsvolle Mutter einen kurzen Gastauftritt, dessen Natürlichkeit die unaufgeregte Attitüde des Films unterstreicht. Die Stars in «Burg Schreckenstein» bleiben allerdings die Nachwuchsschauspieler rund um Maurizio Magno («Kokowääh 2»), deren Chemie untereinander so selbstverständlich ist, als würde man hier gerade tatsächlich einer eingeschworenen Schulgemeinschaft zuschauen.