«Promi Big Brother» 2016: Die pure Langeweile

Die Quoten sind im Sinkflug: «Promi Big Brother» 2016 hat bei Sat.1 zum ersten Mal seit drei Jahren massive Probleme. Doch woran liegt das? Auf Spurensuche bei Kandidaten, Produktion und Sendeplatz.

Quotenübersicht «Promi Big Brother» 2016

  • Reichweite 3+: 1,94 Mio. (-15%)
  • Marktanteil 3+: 10,3% (-18%)
  • Reichweite 14-49: 0,93 Mio. (-22%)
  • Marktanteil 14-49: 13,0% (-24%)
02.09 - 12.09 (in Klammern Veränderung zum Vorjahres-Zeitraum)
«Promi Big Brother» hat in diesem Jahr massive Probleme. Schon seit der mehr als durchwachsenen Premieren-Staffel, die noch von Oliver Pocher moderiert wurde, verzeichnete die Show keine solch niedrigen Quoten mehr wie im aktuellen Jahr. Waren 2014 und 2015 im Schnitt noch 2,92 und 2,37 Millionen Zuschauer mit von der Partie, wird die Reichweite dieses Mal aller Voraussicht nach unter die Zwei-Millionen-Marke fallen, während der Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe über vier Prozentpunkte eingebrochen sind.

Seit dem „Experiment“ vor zwei Jahren, als man einen Luxus- und einen Kellerbereich eingeführt hat, hat sich konzeptuell an «Promi Big Brother» nicht viel verändert – sei es nun Keller oder Kanalisation. Eine Verschlimmerung der Bedingungen „unten“ ist noch kein Meilenstein der Showentwicklung. Natürlich könnte man hier mit dem Gewöhnungseffekt argumentieren: Hat man alles schon gesehen. Doch auch bei anderen Reality-Formaten ändert man kaum etwas am Konzept – und trotzdem funktionieren sie Jahr für Jahr. Die Verantwortlichen von Endemol Shine Germany werden es kaum noch hören können, doch der Vergleich zum RTL-Dschungelcamp liegt hierbei nah. Umso mehr muss man sich also um eine optimale Kandidatenmischung sowie die Produktion kümmern. Doch genau hier hakt es in diesem Jahr deutlich.

Die Kandidaten


Über die Prominenz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an «Promi Big Brother» lässt sich jedes Jahr trefflich streiten – die Frage, ob die Bewohner nun A-, B-, C- oder Z-Promis sind, ist meist nur ein Feigenblatt zur Erhöhung der Relevanz. Natürlich braucht man ein paar bekannte Flaggschiffe, um das Interesse der Zuschauer zu gewinnen – diese sind mit Mario Basler, Prinz Marcus von Anhalt oder Natascha Ochsenknecht in diesem Jahr durchaus vorhanden. Doch vielmehr kommt es darauf an, ob die Promis einerseits alleine unterhalten können und andererseits, inwiefern die zusammengewürfelten Charaktere miteinander auskommen.

Und in beiden Punkten hatte sich die Produktion bestimmt mehr erhofft. Nur zu selten mimten die wenig polarisierenden Prominenten der aktuellen Staffel den Alleinunterhalter wie Nino de Angelo im Jahr zuvor oder erzählten spannende Geschichten aus ihrer Vergangenheit wie Menowin Fröhlich in 2015. Daneben löste sich jeder Ansatz von Streitigkeiten recht schnell in Luft auf, sodass die Macher keine tragende Geschichte über längere Zeit hinweg erzählen konnten. Man denke nur an die Probleme von Isa Jank mit den anderen Bewohnern, die sich letztlich aber arrangierten. Die einzige Kandidatin, die großes Konfliktpotenzial mit ins Haus brachte, wurde zurecht nach ein paar Tagen wieder rausgeschmissen.

Die Produktion


Dabei hat sich die Produktion regelmäßig bemüht, Zwietracht zu sähen. Ein aus dieser Sicht kluger Schachzug war die Einladung von Richard „Mörtel“ Lugner, nachdem er sich in der österreichischen Presse negativ über die Teilnahme seiner Frau an «Promi Big Brother» äußerte. Davon kann man nun aus moralischer Sicht halten, was man will – immerhin hat Cathy mehrmals betont, dass sie ihn eigentlich nicht sehen will. Dass sich Cathy dadurch letztlich kaum aus dem Konzept bringen ließ, kann man nicht voraussehen. Die Produktion hat zumindest in dieser Situation alles getan, um eine möglichst explosive Situation zu kreieren. Doch leider hat man das „klärende Gespräch“ zwischen den beiden in der damaligen Live-Sendung herausgezögert und bis dahin fast nur belanglose und langweilige Einspieler gezeigt. Wenn man sich zu einem solchen Handlungsstrang entscheidet, muss er auch konsequent sowie spannend erzählt werden. Das Aufeinandertreffen passierte aber erst kurz vor Mitternacht, kurz vor Sendungsende, und wurde dann am Folgetag ausgestrahlt.
Wie bewertet Ihr die vierte Staffel «Promi Big Brother» bislang?
Die bisher beste Staffel
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Schlechter als Staffel 2 und 3
35,3%
Die bisher schlechteste Staffel
52,8%

Diese Situation ist exemplarisch ein paar Fehlentscheidungen, die in diesem Jahr der Produktion zuzurechnen sind. Oft zeigte man langweilige Szenen wie das Drehen von Zigaretten oder schwimmende Flaschen, obwohl es genügend Material mit interessanten Konflikten gab. Da stellt sich die Frage: Warum finden weitgehend belanglose Situationen oder in den sozialen Medien besonders beliebte Szenen ein weiteres Mal den Weg in die Sat.1-Live-Sendung, womit «Promi Big Brother» mit regelmäßiger Präzision die eigene Sendezeit strapaziert? In dieser Staffel war der Zenit der Unterhaltsamkeit nach einer Stunde meistens überschritten.

Um der Langeweile der Kandidaten entgegenzuwirken, versuchte die Produktion darüber hinaus, Action ins Haus zu bringen – und griff dabei unter anderem auf lustige Tierkostüme und eine Party zurück. Doch für den Zuschauer war in diesem Moment eher Fremdscham als Unterhaltung an der Tagesordnung. Das Perfide am Luxusbereich war seit jeher die Langeweile, die die Promis mit voller Wucht ergreift, wodurch entweder interessante Geschichten oder Konflikte aus ihnen sprudelten.

In den sozialen Medien werden derweil oft die Duelle zwischen den beiden Bereichen kritisiert, doch sie können weiterhin ein interessantes Element sein, um die Verhältnisse im Haus ordentlich auf den Kopf zu stellen. Doch auch hier hakte es an der ein oder anderen Stelle. Der Weg der Duellanten ins Studio wurde oft live gezeigt, was in aller Regel so interessant ist wie Gras beim Wachsen zuzusehen. Andererseits gab es ab und an Fehlentscheidungen bezüglich der Besetzung der Duelle. Beispiel: Als die Bewohner am zehnten Tag um sogenannte Nominierungskarten spielen mussten, mit denen man andere sicher nominieren durfte oder selbst davor geschützt war, wählte man mit Prinz Marcus von Anhalt und Ben Tewaag zwei ungeeignete Duellanten. Schließlich war aufgrund ihrer Äußerungen und Einstellungen sofort klar, dass sie sich mehr um das Wohl anderer Kandidaten kümmern und beispielsweise den Nominierungsschutz übertragen. Solche Karten in den Händen anderer Bewohner hätten definitiv mehr Konfliktpotenzial mit sich gebracht.

Die Sendezeit


Doch neben den Kandidaten und den stellenweise auftretenden Fehlentscheidungen der Produktion gibt es wohl einen weiteren Grund für die Quotenschwäche von «Promi Big Brother»: der September. In den vergangenen beiden Jahren lief die Show noch im August und damit in der deutlich konkurrenzärmeren Sommerpause. Auch 2013 hatte die Sendung im September deutliche Probleme, wobei man damals auch inhaltliche Schwächen zeigte. Sat.1 wäre dementsprechend gut beraten, «Promi Big Brother» künftig wieder im August zu zeigen, eine konfliktgeladenere Kandidatenmischung ins Haus zu lassen und vielleicht mal die ein oder andere neue Idee ins Konzept einzubringen. Denn das Potenzial der Show ist immens.
14.09.2016 13:30 Uhr  •  Robert Meyer Kurz-URL: qmde.de/88082