«Alles was zählt»-Jubiläum: Die goldenen Jahre sind vorbei

Mit alten Charakteren an alte Zeiten anknüpfen? Selbst nach der Rückkehr von Tanja Szewczenko kann die RTL-Soap nicht mehr an alte Quotenerfolge anknüpfen - im Gegenteil. Schlechte Einschaltquoten trüben das Jubiläum von «Alles was zählt».

Ohne sehr persönlichen Einsatz funktioniert es nicht, immer wieder "magische Momente" in der Serie zu kreieren und tolle, emotionale Geschichten zu erzählen, und so verbringe ich viel Zeit mit den Kollegen und Schauspielern, deren Rollen mir ans Herz gewachsen sind.
«AWZ»-Producerin Annette Herre
In dieser Woche kehrt Diana Sommer (Tanja Szewczenko) nochmal aufs Eis zurück. Es ist ihr erster Auftritt als Eisläuferin seit der Anfangszeit von «Alles was zählt», in der ihr Weg zur Weltmeisterin im Mittelpunkt der Handlung stand. Nachdem das Eislaufen durch das Ausscheiden von Szewczenko aus der Serie zunehmend aus dem Fokus geriet und zwischendurch dann auch Fußball oder Tanzen jene Disziplinen waren, in denen sich die Charaktere beweisen mussten, ist die Sportart nun zurück. Sie ist die DNA der Serie, ohne die «Alles was zählt» niemals entstanden wäre. Guido Reinhardt, Schöpfer der RTL-Soap von UFA Serial Drama, überzeugte damals Tanja Szewczenko, nach ihrer Profikarriere nochmal als Eiskunstläuferin für «Unter uns» aufs Eis zurückzukehren – und während des Bergwanderns in der Schweiz kam ihm dann kurz vor dem Gipfel die Idee für «AWZ». Einer Serie, die sich dem harten Kampf auf dem Weg zu sportlichen Meisterleistungen entgegen aller Widrigkeiten widmet.

Auch die Zuschauer überzeugte dieses Konzept in den Anfangsjahren immens. Innerhalb von nur drei Jahren erreichte die Soap im Schnitt 2,94 Millionen Zuschauer – es waren die goldenen Zeiten für «Alles was zählt», nachdem man sich seit der Erstausstrahlung 2006 kontinuierlich steigerte. Mit hervorragenden 17,6 Prozent Marktanteil verbuchte die Serie den bis heute ungeschlagenen Jahresrekord – umso härter schien dann der Ausstieg von Tanja Szewczenko. Die Quotenbilanz bekam zwar in den beiden Folgejahren eine kleine Delle, dennoch war man mit 16,4 und 16,6 Prozent Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe immer noch gut mit dabei. 2011 sprang «Alles was zählt» dann sogar nochmal in die alten Quotenbereiche und erzielte im Schnitt 17,4 Prozent.

Die Quotensorgen könnten kaum größer sein


Doch danach begann ein tiefer Fall. Innerhalb von nur einem Jahr stürzte die RTL-Soap auf 15,1 Prozent bei den Umworbenen – ein kontinuierlicher Abwärtstrend setzte ein. Zu ihren besten Zeiten erreichte «Alles was zählt» im Schnitt beinahe drei Millionen Zuschauer, mittlerweile sind knapp eine Million abgewandert. In der werberelevanten Zielgruppe landete die Soap 2015 nach einem schwachen Vorjahr (13,1 Prozent) bei nur noch 13,6 Prozent Marktanteil, 2016 sind es bisher 12,8 Prozent – damit liegt man derzeit sogar knapp unter dem Senderschnitt.

So fällt das große 10-jährige Jubiläum von «Alles was zählt» in eine Zeit, in der die Quotensorgen kaum größer sein könnten. Umso pompöser wird der runde Geburtstag gefeiert. Denn im Gegensatz zu «GZSZ» begeht man das Jubiläum nicht an einem einzigen Tag, sondern nimmt sich gleich eine ganze Woche vor. Inklusive einer großen, von Frauke Ludowig moderierten Eis-Gala, in der Tanja Szewczenko gemeinsam mit ihrer fünfjährigen Tochter Jona eine emotionale Rückkehr auf den Kufen feiern wird. Zudem wird es zu einer dramatischen Entführung kommen, die die Bemühungen um die Austragung der Eiskunstlauf-EM in Essen in den Schatten stellt.

Die Sehnsucht nach den alten Zeiten


Man könnte diesen zweiten Höhepunkt in Dianas Eiskunstlauf-Karriere auf der Gala nach zehn Jahren auch als perfekten Ringschluss ansehen, doch die große Show kann nicht über die derzeitigen Probleme der Soap hinwegtäuschen. Die inhaltliche Rückbesinnung auf den Eiskunstsport wirkt angesichts der Quotenentwicklung vielmehr wie ein verzweifeltes Greifen nach den einst so erfolgreichen Zeiten. Doch wie so oft bei Neuauflagen: es ist nicht dasselbe. Zwar kehrte mit Diana Sommer als Eislauf-Trainerin von Marie Schmidt (Cheyenne Pahde) die schillernde Figur der erfolgreichen Anfangszeit zu «AWZ» zurück, doch die Zuschauer interessiert das kaum.

Viele sind von Anfang an dabei, haben immer mehr als hundert Prozent gegeben und nie aufgegeben, auch wenn der Quotendruck noch so hoch war. Die Kollegen aller Departments haben immer nach Verbesserung und Veränderungen gesucht und sind nie stehengeblieben. Das habe ich in meinen über zwanzig Jahren Berufsleben noch nie so intensiv erlebt.
«AWZ»-Schöpfer Guido Reinhardt
Vor dem Comeback von Tanja Szewczenko erreichte die Soap 2016 im Schnitt 2,24 Millionen Zuschauer sowie 13,0 Prozent Marktanteil. Seit ihrem ersten Auftritt in der 2415. Folge vom 22. April gehen die Werte allerdings zurück. 1,86 Millionen Zuschauer verzeichnete «Alles was zählt» seitdem, bei den Umworbenen sank der Marktanteil auf 12,6 Prozent. Jetzt könnte man natürlich die Sommerpause zwischen Juni und August als Entschuldigung für das sinkende Interesse an «AWZ» herbeiziehen, doch der Vergleich mit dem Vorjahres-Zeitraum entkräftet dieses Argument. Zwischen dem 22. April und 2. September 2015 kam die Serie auf 14,2 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen und lag damit trotz der damaligen Sommerpause über den Frühjahrs-Werten (13,7 Prozent).

Es zeigt sich, dass «Alles was zählt» in seinen Jubiläumstagen mit massiven Quotenproblemen zu kämpfen hat. Nur noch in sehr speziellen Zielgruppen erreicht die Serie gute Werte – beispielsweise bei den 30- bis 49-jährigen Frauen, bei denen man zwischen Januar und Mai 2016 gute 16,7 Prozent Marktanteil einfuhr. Was man sich vor fünf Jahren allerdings noch nicht hätte vorstellen können: mittlerweile wird sogar das Erreichen des Senderschnitts bei den Werberelevanten zu einem Problem. Selbst die Rückkehr von Tanja Szewczenko kann diesen zunehmenden Verfall offenbar nicht aufhalten.
06.09.2016 13:31 Uhr  •  Robert Meyer Kurz-URL: qmde.de/87916