QVC-Chef Mathias Bork: „Das Geburtstagskind wächst und gedeiht“

17 Stunden tägliches Live-Fernsehen, jährlich 14,4 Millionen Pakete und 21,6 Millionen Anrufe. 2016 sendet der Homeshopping-TV-Marktführer QVC seit 20 Jahren in Deutschland – Zeit für unser Geburtstags-Interview mit dem QVC-Geschäftsführer Mathias Bork.

Zur Person:

Seit 2009 arbeitet Mathias Bork bei QVC, wo er zunächst als Chief-Marketing-Officer die Bereiche Einkauf, Planung, Sales, E-Commerce und Marketing verantwortete. Seit Januar 2015 ist der gebürtige Schweizer Geschäftsführer von QVC Deutschland. Zuvor war dieser bereits vier Jahre beim Mitbewerber Home Shopping Europe (HSE24) tätig.
Mathias Bork, zum Einstieg: Was haben Sie zuletzt selbst bei QVC bestellt?
Ich bin ja generell eher der Bestelltyp, weniger der Vor-Ort-Käufer. Also, meine letzte Bestellung bei QVC war die Philips Sonicare-Schallzahnbürste. Diese gab es in ausgewählten Farben zunächst nur bei uns. Ich habe mich für die Farbe Schwarz entschieden, meine Frau für ein helles Rosa.

Sie sind Geschäftsführer eines Homeshopping-Senders – Sehen Sie sich da eher als Programmchef eines TV-Senders oder als oberster Verkaufsleiter?
Ich sehe mich als Geschäftsführer eines der erfolgreichsten digitalen Handelsunternehmen in Deutschland. Bei der Komplexität unseres Geschäftsmodells – das ja auch einen Onlineshop und alle wichtigen Apps bietet – sind die Programmplanung und auch der Einkauf natürlich Teilbereiche, die von kompetenten Kollegen geleitet werden.

Glückwunsch zum 20. Geburtstag von QVC Deutschland in diesem Jahr – wie geht es dem Geburtstagskind zu diesem runden Geburtstag?
Sehr gut. Das Geburtstagskind wächst und gedeiht. In den USA feiern wir sogar unser 30-jähriges Bestehen. So lange arbeiten wir bei QVC bereits daran, die Welt des Einkaufens zu verändern und unsere Kunden jeden Tag aufs Neue zu begeistern. Als wir 1996 in Deutschland das erste Mal auf Sendung gegangen sind, zählten wir gerade einmal 29 Mitarbeiter und sendeten acht Stunden live. Heute sind wir 17 Stunden live on-air, haben einen Onlineshop, alle wichtigen Apps und 3.300 Mitarbeiter an vier Standorten. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Mitte Juni haben wir daher unsere nationale Jubiläumskampagne „The Heartbeat of Shopping“ gestartet. Mir ihr wollen wir vor allem Emotionen erzeugen. Die Kampagne ist eine Art Liebeserklärung – an unsere Kunden und an das Shopping an sich. Wir möchten allen zeigen, wer wir sind, wie wir denken und wie wir fühlen.

Was waren die wichtigsten Schritte in den letzten 20 Jahren von QVC?
Zu den wichtigsten Schritten in der Entwicklung von QVC zählt vor allem der Ausbau unserer digitalen Kanäle. Einkaufen zum Erlebnis zu machen, auch dies war und ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Sich immer weiterentwickeln als Unternehmen, am Puls der Zeit sein, Trends setzen – das ist unerlässlich. Im letzten Jahr haben wir QVC als neue, internationale Brand neu aufgestellt: neue Farbe, neuer Markenkern – über alle Märkte hinweg. Ein zentraler Schritt in Richtung Globalisierung.

Was waren da Ihre ganz persönlichen Highlights?
Mein persönliches Highlight ist natürlich die Ernennung zum CEO von QVC in Deutschland. Und dass wir in meinem ersten Jahr als Geschäftsführer, das deutlich beste Jahr in der Geschichte von QVC in Deutschland erzielt haben.

Sie waren ja selbst auch schon für HSE24 tätig… Wie steht es um QVC im Vergleich zu den Mitbewerbern?
Wir sind der Marktführer und wir wachsen. Dank eines modernen Markt- und Markenauftritts, einem verjüngten Produktsortiment und unseren Erfolgen im E-Commerce gewinnen wir zunehmend an Dynamik. Kurzum: Wir blicken sehr positiv gestimmt auf das Gesamtjahr.

Kommt Ihnen der Online-Bestellboom entgegen oder wird die Konkurrenz damit nicht sogar größer, da zwar immer mehr Leute vom Sofa shoppen – aber online statt im TV?
Ich denke, uns ist der Übergang von der reinen TV-Verkaufsplattform zum digitalen Handelsunternehmen sehr gut gelungen. Wir machen ja auch einige Dinge anders als die anderen. Bei uns steht das Shopping-Erlebnis im Vordergrund. Dadurch ist QVC mehr als TV und auch mehr als elektronisches Einkaufen. Alle unsere Kanäle haben eines gemeinsam: Einkaufen wird hier zum Erlebnis. Das sieht man auch an der Auswahl und Präsentation unserer Produkte, in die wir viel Herzblut stecken. Unsere Produkte werden durch echte Menschen und ihre Storys in bewegten Bildern erfahrbar – und das auf allen unseren Kanälen. Vielleicht noch ein paar Zahlen: In der weltweiten QVC Gruppe lag der E-Commerce-Anteil im vergangenen Jahr schon bei 44 Prozent. Davon entfielen wiederum die Hälfte auf mobile Anwendungen. In Deutschland wollen wir bis zum Jahr 2020 mehr als die Hälfte unseres Umsatzes über das E-Commerce-Geschäft generieren.

Wie haben sich die Verkaufsshows über die Jahre verändert? Die Klischees über die Messer-Sets, die es gratis dazu gibt, wenn man genau jetzt bestellt, sind wohl überholt, oder?
Ja! Schön, dass Sie das bemerkt haben. Viele andere folgen leider dem Klischee und ignorieren die Entwicklungen, die ein Unternehmen wie QVC über die Jahre hinweg gemacht hat. Heute zählen namhafte Marken wie beispielsweise KitchenAid, Philips, Emu, Kipling und Alessandro zu unserem Portfolio, aber ebenso erfolgreiche exklusive Designer-Kollektionen wie die von Thomas Rath, Uta Raasch und Jette Joop. Dadurch sowie durch beliebte Eigenmarken wie Via Milano, Elambia oder unser Mikrofaser-Angebot differenzieren wir uns vom Wettbewerb. Der ausgewogene und qualitativ hochwertige Mix von ausgewählten A-Marken, innovativen Eigenmarken und internationalen Brands erlaubt es uns, eine breitere und auch jüngere Zielgruppe anzusprechen. Die Qualität unserer Produkte und ein ausgezeichneter Service sind dabei natürlich ebenfalls wesentliche Erfolgsfaktoren. Außerdem zeichnet unser Sortiment aus, dass wir auf Exklusivität und ein wechselndes Sortiment setzen.

Wir haben rund 18.000 Produkte. Da können auch Stammkunden täglich etwas Neues entdecken. Aus allen Produktkategorien suchen wir jeweils die mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis heraus. Wir bieten demnach nicht 20 Küchenmaschinen an, sondern die Top 3. Auch unsere Preisgestaltung ist eine Besonderheit: Den günstigsten Preis gibt es
immer am Anfang der Produktkarriere. Anschließend steigt der Preis. Die Kunden wissen, dass der Preis neun Monate lang über dem Eröffnungsangebot liegen wird. Im stationären Handel ist dies genau umgekehrt: Produkte sind am Anfang am teuersten, anschließend sinkt der Preis bis zum Ausverkauf. Das ärgert die Frühkäufer. QVC belohnt demnach die Frühkäufer.

Wenn wir in die Zukunft schauen, sehen wir in all unseren Produktbereichen – von Home über Fashion und Beauty bis hin zu Schmuck Potential. Die größten Wachstumschancen versprechen wir uns wiederum im Beauty-Segment. Bis zum Jahr 2020 wollen wir rund 20 Prozent unseres Umsatzes mit Beauty-Produkten generieren. Damit werden wir mehr und mehr zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für den Kosmetikeinzelhandel.

Aber ärgert es Sie nicht manchmal, dass Homeshopping-Kanäle in der Öffentlichkeit teilweise eher belächelt werden, wobei die Unternehmen Millionen-Umsätze generieren?
Ja, natürlich. Das haben Sie ja eben meiner Antwort schon angemerkt. Unser Business ist hochprofessionell, sonst wären wir nicht bereits 20 Jahre so erfolgreich im Markt. Zudem: TV, Onlineshop, Apps – zuhause, von unterwegs – ich will Sie nicht langweilen, aber bestellen können Sie auch bei QVC zu jeder Zeit, an jedem Ort, über den Kanal, den Sie bevorzugen. Aber noch mal zurück zu unseren Wurzeln: QVC macht seit jeher, was andere jetzt für sich entdecken: Content Marketing. Wir verkaufen unsere Produkte mit emotionalen, informativen und unterhaltsamen Inhalten via Storytelling und Bewegtbild. Andere Unternehmen beginnen jetzt erst, Live-TV-Shows zu planen – denken Sie nur an „Style Code Live“ von Amazon. Sie sehen, wir sind in vielerlei Hinsicht Vorreiter.

Können Sie uns einen Einblick in die Top- und Flop-Artikel geben?
Richtige Flops gibt es selten. Eher haben wir immer mal wieder Produkte, die hinter unseren Erwartungen bleiben. Solche merke ich mir natürlich sehr genau, damit wir es beim nächsten Mal besser machen.
QVC-Chef Mathias Bork
Die Küchenmaschine KitchenAid ist sicher eines unserer erfolgreichsten Produkte und auch die Philips Sonicare Schallzahnbürste. Oder Mikrofaser-Bettwäsche – in diesem Segment sind wir Marktführer. Diesen Markt, ebenso wie den für flammenlose Kerzen, hat QVC überhaupt erst geschaffen. Die Produkte gab es zunächst exklusiv bei uns, die hohe Nachfrage hat Impulse in den Markt gegeben und das Angebot ist in die Fläche gegangen.

Richtige Flops gibt es selten. Eher haben wir immer mal wieder Produkte, die hinter unseren Erwartungen bleiben. Solche merke ich mir natürlich sehr genau, damit wir es beim nächsten Mal besser machen.

Was macht für Sie den Reiz beim Homeshopping-Fernsehen aus?
Lassen Sie uns von unserem Gesamtangebot, all unseren Vertriebskanälen sprechen, denn bei allen steht das Shoppingerlebnis im Vordergrund. Wir stellen die Menschen mit in den Mittelpunkt. Wir lassen unsere Kunden nicht allein vor dem virtuellen Regal. Mit uns können sie Produkte entdecken und erleben – im TV, im Web, per App, zu Hause, unterwegs. Durch die Konstellation von Moderator und Produktexperte in jeder Sendung beraten wir unsere Kunden und stellen in einem Gespräch, eigentlich wie mit dem Nachbarn am Gartenzaun, die Vor- und Nachteile eines Produktes heraus. Der Moderator stellt im Grunde stellvertretend für den Kunden die Fragen. So kann der Kunde genau entscheiden, ob dieses Produkt in sein Leben passt. Das Bewegtbild übertragen wir selbstverständlich in die Online-Kanäle. Damit wollen wir den Zuschauern die Beratung bieten, die sie sich für ein ganzheitliches Shopping-Erlebnis wünschen – und schließen die Lücke, die der stationäre Handel aufgrund von Personalmangel und auch klassische Onlineshops hinterlassen.

Wie muss man sich den Live-Sendebetrieb also bei Ihnen vorstellen?
17 Stunden live, von acht Uhr morgens bis ein Uhr nachts. Das erfordert ein hohes Maß an Organisation, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Unser Studio- Team, unsere Moderatoren, Produktexperten, das Team im Einkauf – alle kooperieren eng miteinander, so dass wir flexibel auf Änderungen im Programmablauf reagieren können. Bei uns ist nichts einstudiert, jede Show ist anders, jede Team-Konstellation pro Sendung neu, alles ist live. Pleiten, Pech und Pannen gehören dazu, aber das macht unsere Arbeit und unser Unternehmen auch so spannend und abwechslungsreich.

Inwieweit muss man sich den Konsumentenbedürfnissen hierzulande anpassen? Gibt es da Unterschiede zu anderen Ländern?

Definitiv. Schauen Sie sich allein die Sortimente an. Da finden Sie Überschneidungen, gerade bei internationalen Brands, aber auch Unterschiede im Angebot. Die Kunden ticken in vielerlei Hinsicht in jedem Land anders. Aber: Wir bei QVC haben uns international als Marke das Ziel gesetzt, unsere Kunden zu begeistern – und das Bedürfnis nach Begeisterung und Freude dürfte wohl weltweit auf alle Kunden zutreffen.

Zum Abschluss der Blick nach vorne: Wie wird sich das Homeshopping in den nächsten Jahren verändern?
Es wird weiter wachsen – besonders im Bereich M-Commerce, also über die Apps und die Webseiten-Zugriffe von Smartphones oder Tablets. Wir sehen hier enorme Chancen: Während wir aktuell drei Viertel unseres Online-Umsatzes über die Webseite generieren, erwarten wir auf lange Sicht ein ausgeglichenes Verhältnis von E-Commerce- und M Commerce-Umsätzen. Über beide Kanäle sollen bis 2020 jeweils etwa ein Viertel des gesamten QVC Umsatzes generiert werden. Da E-Commerce- Kunden im Durchschnitt gut zehn Jahre jünger sind als der klassische Teleshopping-Kunde, wird sich auch der Kundenstamm von QVC deutlich verjüngen.

Vielen Dank für das Interview, Mathias Bork.
07.09.2016 10:54 Uhr  •  Benjamin Horbelt Kurz-URL: qmde.de/87900