Zur vierten Staffel fährt der Reality-Hit sein bisher schwerstes Geschütz auf, um das von ihm vergütete Personal leiden zu lassen: Die Kanalisation stellt den noch recht moderaten Keller klar in den Schatten. Weniger treffsicher agierten Desiree Nick und Aaron Troschke.
Aus dem Schatten von «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!» trat «Promi Big Brother» in seinen vorherigen drei Staffeln ganz sicher noch nicht. Doch da besagter Schatten derart riesig ist, dass man selbst mit weit überdurchschnittlichen Einschaltquoten und einem gehörigen medialen Interesse noch im selbigen stehen kann, rechnet sich das Reality-Format für Sat.1 dennoch - und beschert dem ansonsten meist eher im gefühlten Dauer-Standby-Modus agierenden Privatsender zumindest für zwei Wochen im Jahr eine gewisse Relevanz. Da sich das Format nach einem inhaltlich desolaten Auftakt im Jahr 2013 zuletzt deutlich verbessert hatte, hielten sich die konzeptionellen Veränderungen im Vorjahresvergleich in Grenzen. Ein neues Herzstück hatte man aber in petto: Die als Endlagerung für besonders unbekannte Möchtegern-Promis genutzte Kanalisation.
Dem Medienanalysten stellt sich natürlich die Frage, weshalb man trotz starker Quoten auf das zentrale Element des "Unten"-Bereichs verzichtet. Die simple Antwort hierauf wäre, dass man schlichtweg frischen Wind in das Format bringen und das Publikum nicht erneut mit derselben Kulisse langweilen wollte. Doch wenn man sich ein wenig mehr in die konzeptionellen Feinheiten der Show hineinarbeitet, lässt sich auch eine weitergehende These aufstellen: Der Keller war schlichtweg nicht hart genug. In dem Sinne, dass man im Laufe der vergangenen beiden Jahre zwar durchaus den Eindruck hatte, dass die Promis lieber in den Luxus als in die Tristesse gehen möchten. Doch ein wirkliches Grauen, eine Furcht oder gar Panik war kaum zu erkennen. Von ein paar dauerweinerlichen Vollzeit-Mimosen abgesehen arrangierten sich die deutliche Mehrheit mit ihrem Schicksal.
Ansonsten knüpfte die Show dort an, wohin sie sich bereits im vergangenen Jahr bewegte: Die doch eher dröge Einzugsphase der Prominenten kürzt man so weit herunter, dass die Zuschauer nur das Nötigste über die Bewohner erfahren. Statt ellenlanger Einspielfilme dominiert der direkte Talk der zunächst einmal im Luxus lebenden Promis mit Jochen Schropp, bevor sie recht flott ihr neues Domizil zu Gesicht bekommen. So kommt bereits nach gut einer Stunde Sendezeit das «Big Brother»-Feeling auf, das die Fans viel mehr sehen wollen als allzu ausufernde Selbstdarstellungsversuche der Kandidaten. Und zumindest im Luxus-Bereich kennt man ohnehin die Mehrzahl der Teilnehmer: Natascha Ochsenknecht, Ben Tewaag, Joachim Witt und Mario Basler sind durchaus respektable Namen, Prinz Marcus von Anhalt und Cathy Lugner dürfte zumindest der Boulevard-affine Zuschauer kennen und Isa Jank ist im Soap-Bereich recht bekannt.
In nicht allzu große Fußstapfen hat Desiree Nick als neues Lästermaul zu treten, beerbt sie doch die im Kontext des Formats nur mäßig beliebte "Mother of Big Brother" Cindy aus Marzahn. Ein qualitativer Quantensprung ist dabei zumindest auf Anhieb allerdings nicht erkennbar: Wie schon bei ihrer Vorgängerin kommen nur wenige der etwas zu gewollt bissig wirkenden Gags an, zu steif fällt die Darbietung aus, zu schwach auch oftmals schlichtweg die Pointen. Aaron Troschke versucht sich derweil als Web-Flüsterer - und macht sich gleich mal zum Gespött der Netzgemeinde, indem er auf einen Fake-Account von Marcel Reif hereinfällt. Welch Glück, dass an diesem Abend nicht auch noch Harald Schmidt twitterte. Solide performt hingegen Jochen Schropp, der sich in seine Rolle als überwiegend, aber eben nicht ausschließlich sachlicher und objektiver Moderator längst hineingefunden hat - und sich darin auch wohlzufühlen scheint.