Die Krimiwut nimmt Belgien ein

Die Kritiker: Eine belgische Krimiserie zeigt ZDFneo künftig am späten Abend. Überzeugt «Coppers» qualitativ?

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Hilde de Baerdemaeker als Liese Meerhout, Lotte Pinoy als Sofie Jacobs, Bert Verbeke als Laurent Vanderbergh, Luk Wyns als Michel Masson, Joris Hessels als Fabian Steppe, Abigail Abraham als Baina Mpenzi


Hinter den Kulissen:
Regie: Maarten Moerkerke und Jeroen Dumoulein, Buch: Ed Vanderweyden, Toni Coppers und weitere, Produktion: VTM & Menuet Production

Die deutsche Krimiwut ist groß: Im Prinzip wäre es möglich fast jeden Abend das Fernsehen einzuschalten um einen «Tatort» zu schauen. Dazu kommen diverse andere Reihen, auch das ZDF ist nicht ganz unbeteiligt. Und schließlich ist da ja noch dessen kleine Schwester ZDFneo, die abgesehen vom Leuchtturm «Neo Magazin Royale» primär für die Verwurstung von Krimis zuständig ist. Der Erfolg jedenfalls gibt dem Spartenkanal recht: Gute Quoten sind dem Sender mit seiner Ware häufig sicher. Und wenn das hiesige Krimimaterial durchgespielt und das eigene Budget weitgehend aufgebraucht ist, was liegt da näher als sich auf dem Lizenzmarkt umzusehen. Dann gibt es britische Krimis, französische Filme, Produktionen aus Skandinavien sowieso. Und nun kommt halt eine Serie aus Belgien hinzu: «Coppers» heißt das Machwerk und spielt in Antwerpen – die schäbig-romantische Hafenszenerie der Stadt wird dabei gleich zum interessanten Einstieg genutzt.

Im Mittelpunkt steht Liese Meerhout, die als absolut unnahbare und unpersönliche Ermittlerin charakterisiert wird und nur zu Hause am Schlagzeug mal so richtig die Sau rauslässt. Wenig subtil wird dem Zuschauer gleich zu Auftakt der Serie klar gemacht: Die Protagonistin hat eine düstere Geschichte zu erzählen. Immer wieder bekommt er Lieses Gedanken zu sehen, in denen ein junges Mädchen sichtbar wird, deren Leben offensichtlich ein grausames Ende gefunden hat. Doch diese Geschichte wird behutsam erzählt, prägt die Serie über längere Zeit.

Alkoholproblem, kein Problem?


Steckbrief

Frederic Servatius schreibt seit 2013 für Quotenmeter. Dabei ist er zuständig für Rezensionen und Schwerpunktthemen. Wenn er nicht für unser Magazin aktiv ist, arbeitet er im Verlag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder schreibt an seinem Blog. Immer wieder könnt Ihr Frederic auch bei Quotenmeter.FM hören. Bei Twitter ist er als @FredericSrvts zu finden.
Manchmal aber ist Liese als Leiterin der Antwerpener Mordkommission auch wärmer, zum Beispiel im Verhältnis mit dem jungen und etwas tapsigen aber attraktivem Kollegen Laurent. Hier werden ihre Instinkte geweckt. Dabei wirkt die Produktion bemüht Laurent als seltsamen Junggesellen und kuriosen Vogel darzustellen: So ist der junge Mann Hobby-Ornithologe und wirkt auch sonst eher vergeistigt. Lieses emotionale Nähe äußert sich gegenüber Laurents Kollegen hingegen eher selten. Die fühlen sich in dieser Situation ungerecht behandelt. Mit Laurents Alkoholproblem wird unterdessen eher lax umgegangen. Zwar macht Liese irgendwie deutlich, dass sie den erhöhten Alkoholkonsum für nicht ganz so proppe hält, wenn aber beim ersten Treffen mit dem neuen Gerichtsmediziner gleich mittags die Sektkorken knallen, ist das auch okay. Ein wahrlich verantwortungsbewusster Umgang mit dem sensiblen Thema. Hier wird jegliches Problembewusstsein vermisst.

Was wäre es ferner für eine Geschichte, wenn hinter Lieses Introvertiertheit nicht mehr steckt: Als Kind hat die Mutter der Protagonistin die Familie in Richtung eines Liebhabers verlassen, um ihren kranken Vater kümmert sich die Kommissarin allein – und der wünscht sich nichts sehnlicher als seine Enkel noch zu erleben. Doch von eigenen Kindern ist die Kommissarin weit entfernt. Dass sie eine Liebesbeziehung zu ihrer Kollegin hat ist dabei nur ein Aspekt. Aber vielleicht sollte man der Serie auch weiter eine Chance geben – doch zunächst ist das uninspiriert runtergeschrieben und zeugt von simpelster Charakterzeichnung.

Ein toter Journalist mit Voodoo-Puppe: Spannung, die nicht gehalten wird


Die verwegene Titelmusik und das fast lässige Intro ließen eigentlich besseres vermuten und auch der Auftakt zur Serie versprach in der Haupthandlung etwas mehr: Während ein Chef mit Alkohol am Steuer erwischt wurde, seiner Familie das Leben bei der Trunkenheitsfahrt genommen hat und seine Tat dann auch noch vertuschen wollte, ist die Spannung gleich da. Und auch die einführende Mordserie in der Pilotfolge fängt drastisch an. Ein ermordeter Journalist mit einer Voodoo-Puppe als Symbol des Serienkillers, das sind prinzipiell Zutaten für eine zugespitzte Story. Doch man muss halt etwas daraus machen und die Geschichte nicht spannungslos runtererzählen ohne dabei auf verschiedenen Ebenen zu agieren. So aber vergisst die Produktion in aller – mitunter durchaus interessanten – Ruhe, ihre Geschichte zu erzählen. Doch da ist ja zumindest noch Lieses Hintergrundstory mit dem kleinen Mädchen. Und als die Protagonistin dann auch noch Chatnachrichten bekommt, in denen gefragt wird, ob sie an das junge Mädchen denken würde, ist die Spannung hier erst Recht vorhanden.

Die Subtilität erfährt der Zuschauer aber ansonsten eher mit der Brechstange. Nein, eine zurückhaltende Darstellung soll das wohl nicht sein. Es mag die Entwicklung sein, auf die die Serie baut, die hinten raus spannende Wendungen und tiefgehende Charaktere mitbringen könnte. Doch ob die Zuschauer in Anbetracht der starken Krimi-Konkurrenz eine solch lange Aufmerksamkeitsspanne mitbringen ist mehr als fraglich. Dass es zur auf Basis der Geschichten von Toni Coppers geschriebenen Serie «Coppers» kaum mehr zu sagen gibt, ist dabei wahrscheinlich wohl, was eine Krimiproduktion am wenigsten gerne hört. So ist das Machwerk nicht mehr als ein unterdurchschnittlicher Regelkrimi – zumindest bis dato. Einer mit Potenzial, aber eben doch nicht mehr als Gewohnheitskost. Aber gut, in die Kantine gehen viele ja auch immer wieder essen, selbst wenn der Geschmack dort meist nicht einmal Durchschnitt ist. Traurig genug, wenn dass die Hoffnung wäre, auf die «Coppers» baut.

13 Folgen «Coppers» gibt es ab Mittwoch, 31. August jeweils um 23.10 Uhr bei ZDFneo zu sehen.
30.08.2016 10:18 Uhr  •  Frederic Servatius Kurz-URL: qmde.de/87725