Die neue Crime-Doku in Sat.1 bemühte sich sichtlich, ihr Publikum mit einer international konkurrenzfähigen Aufmachung zu begeistern - und schoss dabei mitunter etwas über das Ziel hinaus. Was sonst in Erinnerung blieb: Kamilla Senjo liebt die Kamera und bedeutungsschwangeres Posing.
Sind dokumentarische Crime-Formate derzeit ein wirklicher Trend? Das deutsche Fernsehen glaubt auf Basis starker «Aktenzeichen XY»-Werte und dem auch mit bereits dutzendfach ausgestrahlten Folgen noch immer sehr erfolgreichen «Medical Detectives» auf VOX und RTL Nitro, einen solchen ausgemacht zu haben und produziert derzeit einige Formate dieser Couleur - allerdings zumeist mit eher durchwachsenem Erfolg. Sat.1 zeigte am Mittwochabend zur besten Sendezeit mit «Tatsache Mord? Auf der Spur des Verbrechens» eine weitere neue Crime-Doku, die bereits im Vorfeld vor allem mit visuellen Mitteln warb: Realistische Computeranimationen und visuelle Effekte sollen die Arbeit der Ermittler greifbar machen. Aufgegangen ist dieser Plan in der Pilotfolge nur teilweise.
Man mag ihnen ja ihren Spaß an der Technik gönnen, nur gerät diese dann zum inhaltlich weitgehend irrelevanten Firlefanz mit bestenfalls mäßigem Erkenntnisgewinn. Nicht minder hochtrabend agiert auch die durch «Brisant» bekannte Moderatorin Kamilla Senjo, die bei fast jeder ihrer zahlreichen Ansagen bedeutungsschwer in die Kamera blickt und ihren Text umso hölzerner aufsagt. Auch hier fehlt der wirkliche Mehrwert, den aber wiederum neben einigen direkt an den jeweiligen Taten beteiligten Personen der Kriminalbiologe Mark Benecke sowie Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen in die Sendung bringen.
Und dennoch wirkt «Tatsache Mord?» trotz seiner Themenvielfalt und der wahrlich respektablen Optik mitunter etwas schwerfällig und spröde, sein Narrativ ist zwar ambitioniert und vielfältig, allerdings nicht so stringent und dynamisch wie bei einigen anderen Genre-Vorbildern. Schämen muss sich Sat.1 für diese dennoch durchaus informative, seriös aufgemachte Crime-Doku aber wahrlich nicht - und kann damit bei entsprechend großer Publikums-Resonanz auch seine schwächelnde Vorabend-Sendung «Fahndung Deutschland» ein wenig beflügeln, die nämlich im Anschluss erstmals überhaupt im Abendprogramm des Privatsenders auf Zuschauerjagd gehen durfte. Ob das alles aufgeht und Kamilla Senjo demnächst noch ein paar weitere Einsätze bekommt, hängt freilich auch von der Publikumsresonanz ab. Bei Twitter jedenfalls war die Resonanz durchwachsen - sowohl, was die reine Anzahl an Tweets anbetrifft, als auch hinsichtlich ihrer Beurteilung des Neustarts.