Die US-Quoten der 2. Staffel «Wayward Pines» waren nicht unbedingt fantastisch. Wie schlägt sich die neue Season inhaltlich und ist eine Weitererzählung überhaupt nötig gewesen?
Das Ergebnis der ersten Staffel des durchaus veritablen Serienhits «Wayward Pines»: Die Welt ist eine postapokalyptische Hölle beherrscht von mutierten Wesen, die einst selbst Menschen waren und nun, ohne Rücksicht auf Verluste, alles fressen, was ihnen vor die mutierten Mäuler gerät (also irgendwie immer noch wie Menschen). Die kleine Vorstadt Wayward Pines ist das letzte Überbleibsel einer einst mächtigen Zivilisation. Allerdings stehen auch deren Einwohner auf der Speisekarte. Eine riesige Mauer mit einem stromgeladenen Zaun soll Abhilfe und Sicherheit verschaffen. „Aber was ist mit den Menschen innerhalb dieser vermeintlich sicheren Mauern? Sind nicht gerade diese die wahren Monster?,“ fragte die Serie immer wieder bedeutungsschwanger in die Ferne blickend und antwortete dabei nicht gerade subtil mit einem: „Jap, sind sie!“.
Nun befinden wir uns also 3000 Jahre in der Zukunft und Wayward Pines hat sich dank einer ständigen Bedrohung von außen und mittlerweile auch von innen in einen faschistischen Kleinstaat verwandelt (Vorsicht Metapher!). Verantwortlich dafür zeichnet sich die in diese turbulente Zeit geborene Erste Generation. Eine Gruppe junger Menschen, die alle mit ihren schönen, symmetrischen Gesichtern irgendwie gleich aussehen, was wahrscheinlich der Punkt ist. Unter der Führerschaft von Jason Higgins (Tom Stevens) und seiner Freundin Kerry Campbell (Kacey Roll) eine totalitäre Herrschaft über die Kleinstadt inmitten des siebten Kreises der Hölle aufgebaut. Kerry, die ein schwere Verletzung davon getragen hat, muss gerettet werden. Um eine lebensnotwendige Operation durchzuführen, wird der Chirurg Dr. Theo Yedlin (Jason Patric) - wie schon FBI-Agent Ethan Burke (Matt Dillon) in der Staffel zuvor - aus seinem unfreiwilligen Tiefschlaf geweckt, um die lebensnotwendige Operation durchzuführen. Gerade noch in einem wunderschönen Hotel auf Hawaii nach einem Ehestreit eingeschlafen, wacht er also in Wayward Pines verständlicherweise verstört wieder auf. Weil auch ihm niemand schon mit dem ersten Kaffee mit der „Ende der Welt“-Nachricht überfordern möchte, ist es ebenso verständlich, dass er von seinem Fluchtinstinkt ergriffen wird. Auf der anderen Seite versuchen Rebellen unter der Führung des Ethan Burke-Sohnemanns Ben Burke, eine Widerstandsbewegung gegen das faschistische Regime aufzubauen.
Dennoch schafft es auch die zweite Staffel ein paar neue Aspekte hinzuzufügen oder zumindest eine neue Perspektive auf alte Sachverhalte einzunehmen: Während zuvor das Mysterium der Stadt im Vordergrund stand, wirft man einen genaueren Blick auf die Auswirkungen des Totalitarismus und Apokalypse verbunden mit der nicht gerade subtilen Metaphorik und wahrscheinlich auch aktuellen Politik- und Zeitbezug, falls man diesen hinein interpretieren möchte. Es geht um den Fortbestand der Spezies Mensch, die vor allem durch die jungen Schüler und Schülerinnen der Stadt gesichert werden soll, mit all den unheimlichen und verstörenden Implikationen, die damit einhergehen. Außerdem müssen sich die letzten Menschen mit Problemen bei Nahrungsversorgung herumschlagen: Die chemische Zusammensetzung des Bodens hat sich so sehr verändert, dass weitere pflanzliche Anbauten unmöglich sind. Gezwungenermaßen müssen sich die Einwohner nach Alternativen außerhalb der vermeintlich sicheren Mauern von Wayward Pines umsehen. Die Elemente, die zuvor im Hintergrund lauerten, treten nun weiter in den Vordergrund. Die ersten Episoden tun ihr Möglichstes, um den neuen bzw. alten Status quo zu etablieren, mit gemischten Erfolg. Jeder muss irgendwie vermitteln, was in den drei Jahren zwischen den beiden Seasons passiert ist, neue Charaktere einführen und die alten, ausgedienten zu einem vernünftigen Abschluss bringen. Dazu gehören auch Theresa Burke (Shannyn Sossamon), die verzweifelt auf die Suche nach ihrem widerständen Sohn Ben begibt. Außerdem die ehemalige Krankenschwester Pam (Melissa Leo), auch biologische Schwester des verstorbenen Stadtgründers David Pilcher (Toby Jones), die noch einmal auftaucht, um die faschistischen Tendenzen ihres Sohnes mit einem handfesten Mutterkomplex zu erklären, den sie ihm schon als Kind mit einer extra-autoritären Ader einprogrammiert hat. Das Ergebnis wirkt ab und zu recht organisch, gelegentlich auch wie langweiliges Kinderzimmer aufräumen, bevor man weiterspielen kann.