Popcorn und Rollenwechsel: Wie Sandra das «Ghostbusters»-Debakel vermeiden kann

Der neue «Ghostbusters»-Film kommt bei den Kritikern ganz gut an, doch das Gewinsel im Netz lässt nicht nach. Hoffentlich bleibt Sandra Bullock in wenigen Jahren ähnliches Netz-Gebashe erspart ...

Das US-Embargo für Kritiken zum neuen «Ghostbusters»-Film ist Geschichte. Mit mehr als 75 Prozent an positiven Kritiken bei Rottentomatoes und einem Metascore von 64 Punkten (im Vergleich zu 67 Punkten beim Original) lässt sich die Komödie in den Augen der amerikanischen Kritiker nicht voll und ganz als Volltreffer zu bezeichnen. An der Kritikerfront stellt sie dennoch weit mehr als nur einen Achtungserfolg dar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Trailer zu Paul Feigs «Ghostbusters» die Filmvorschau mit den meisten negativen Bewertungen in der Geschichte YouTubes ist!

YouTube-Kommentare zu lesen, ist selten eine kluge Idee. Doch selbst an den niedrigen Maßstäben gemessen, die sich auf der so beliebten Videoplattform anbieten, sind die zum 2016er «Ghostbusters»-Abenteuer besonders garstig. Schenkt man dem Web Glauben, wurden dadurch, dass vier Frauen die Hauptrollen in einem «Ghostbusters»-Film spielen, so viele Kindheiten weißer Männer vergewaltigt, wie seit «Indiana Jones und das Königreich der Kristallschädel» nicht mehr. Och, buhu, heul, schluchz …

Eine erfreuliche Nebenwirkung hat die Fixierung auf die Geisterjägereskapaden mit Melissa McCarthy, Kristen Wiig und Co. allerdings: Die armen, unterjochten, empfindlichen, weißen Büblein, die unentwegt vom bösen, frauenregierten Hollywood in ihrer Männerehre gekränkt werden, hatten noch keine Gelegenheit, ihre Aufmerksamkeit einem anderen Projekt zu widmen. Nämlich dem mit Sandra Bullock an vorderster Front aufwartenden «Ocean’s Eleven»-Ableger, der laut Regisseur Gary Ross («Die Tribute von Panem – The Hunger Games») ganz im «Ghostbusters»-Stil hauptsächlich Frauen im Cast haben soll. Und das darf gerne so bleiben. Wem wäre schon damit gedient, wenn ein weiterer Unterhaltungsfilm, in dem ausnahmsweise mal nicht drei Dutzend Männer und zwei Frauen durchs Bild latschen, gallig angefeindet wird, weil … Äh, datt is scho imma juht jeganne, mit wenisch Weibsbild!

Alle Polemik kurz bei Seite gelegt: Wenn die Macher hinter dem neuen «Ocean’s»-Teil vermeiden wollen, derart ins Visier der #HörtAufUnsDieFilmeZuKlauenUndKehrtAnDenHerdZurück-Deppen zu geraten, wie es bei «Ghostbusters» der Fall war, müssen sie eine andere Kommunikationsstrategie fahren. Erste Schritte in die richtige Richtung haben die Produzenten Steven Soderbergh (Regisseur der «Ocean’s»-Trilogie) und George Clooney bereits unternommen: Sie haben dem Kind früh einen (neuen!) Namen gegeben. Bullocks Vehikel, an dem gerüchteweise auch Cate Blanchett, Helena Bonham Carter, Elizabeth Banks und Mindy Kaling mitwirken, hört auf den Titel «Ocean’s Eight». Weil es acht Hauptfiguren geben wird, Bullock die Schwester von Clooneys Protagonisten der Soderbergh-Filme spielt und … weil es einen Hauch Wiedererkennungswert im heutigen Hollywood geben muss.

Davon abgesehen, dass dieser Titel eine keck benannte Trilogie ermöglicht, gibt diese frühe Ankündigung Filmjournalisten die Chance, einen konkreten Namen zu verwenden, wenn sie über den Film schreiben. Und Verwechslungsgefahr mit der alten Trilogie besteht auch keine. Also besteht auch keine Notwendigkeit, von einem „weiblichen «Ocean’s Eleven»“ zu lamentieren, und somit schlafende, reines Testosteron schwitzende Hunde zu wecken. Und die wenigen offiziellen Stellungnahmen des Regisseurs drehen sich mehr darum, wie lange er schon diesen Film drehen will, wie gut er sich mit Soderbergh versteht und dass «Ocean’s Eight» tonal ganz nah an den anderen drei Filmen angesiedelt sein wird. Es ist gar nicht die Rede davon, dass nun „auch die Frauen mal dran sind“. Ross macht den Film einfach. Und lässt hoffentlich mit einem umwerfenden Heist-Movie Taten folgen. Vielleicht überrumpelt das einige dieser #MensRights-Tölpel, so dass sie gar nicht groß zum Quaken kommen. Und Hollywood lernt hoffentlich endlich mal, dass es kein Risiko ist, einen Film mit großem Frauenensemble zu produzieren.
11.07.2016 06:45 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/86734