Die große Saison-Analyse der kleinen Sender 2015/16

Auch in der abgelaufenen Saison haben die großen Vollprogramme wieder an Boden verloren - an eine immer schwerer zu überblickende Schar kleinerer Sender, die mittlerweile mehr als 40 Prozent des Markts ausmachen. Doch während manch Einer im Eiltempo wächst, gibt es anderenorts durchaus auch Stagnation.

Vor gut einem Monat ist die Hauptsaison auf dem deutschen Fernsehmarkt zu Ende gegangen und wie bereits in den Jahren zuvor hieß es für Das Erste, das ZDF und die sechs größten Privatsender des Landes wieder: Wer nicht an Quote einbüßt, hat schon gewonnen. Durchschnittlich 1,4 Prozentpunkte verloren die "Big Eight" im September 2015 bis Mai 2016, mit 59,5 Prozent rutschten sie sogar erstmals überhaupt unter die Marke von 60 Prozent. Der Umkehrschluss dessen ist, dass die diversen kleineren Sender mittlerweile über zwei Fünftel des Gesamtpublikums auf sich vereinen konnten und somit von erheblicher Relevanz für die deutsche TV-Landschaft sind. Diesem Umstand trägt Quotenmeter.de wie bereits in der vergangenen Saison Rechnung und befasst sich ausführlich mit den Verschiebungen der "Kleinen", die vor allem deshalb immer größer werden, weil sie sich in Windeseile vermehren.

Noch nicht berücksichtigt ist das erst im Juni gestartete RTLplus, das allerdings gleich mal im ersten Sendemonat trotz seiner bislang noch recht dürftigen Inhalte mit einem überraschend guten Start von sich reden machte und somit ein heißer Kandidat dafür ist, in sehr naher Zukunft den Markt ein weiteres Mal in Bewegung zu bringen. Die ambitioniertesten Projekte - die Neuauflagen der Gameshows «Glücksrad», «Ruck Zuck», «Jeopardy» und «Familien Duell» - sind schließlich erst für den Herbst geplant.


Die Spartensender von RTL und ProSiebenSat.1: Gold-Rausch kaschiert Stagnation


Entwicklung der Sender seit 2013/14 (ab 3)

  • Gold: 0,5% -> 1,1% -> 1,5%
  • Nitro: 1,0% -> 1,4% -> 1,4%
  • sixx: 0,7% -> 0,7% -> 0,8%
  • Maxx: 0,5% -> 0,6% -> 0,6%
Durchschnittliche Marktanteile der vergangenen drei Saisons beim Gesamtpublikum. Fett markiert ist der stärkste Sender des jeweiligen Fernsehjahres.
Beim Sendebeginn im Januar 2013 wurde der so genannte "Best Ager"-Sender Sat.1 Gold in der Branche noch weitgehend belächelt, doch mittlerweile dürfte den Kritikern das Lachen ebenso vergangen sein wie der Konkurrenz, denn das primär auf Frauen zwischen 40 und 65 Jahren ausgerichtete Angebot hat einen beispiellosen und kontinuierlichen Aufwärtstrend vorzuweisen: Mit 1,5 Prozent Gesamt-Marktanteil wurden nicht nur ProSieben Maxx und sixx spielend leicht überflügelt, sondern erstmals auch RTL Nitro, das nach den sehr erfolgreichen Vorjahren diesmal bei 1,4 Prozent hängen blieb. Blickt man auf die Monatsmarktanteile innerhalb der Saison, deutet sich für Gold allerdings nach vier Monaten in Folge mit 1,5 Prozent eben jene Stagnation ebenfalls an. In der klassischen werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen verbesserte sich Gold um 0,2 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent, während Nitro hier sogar auf gleichem Niveau abgab - mit 1,5 Prozent allerdings noch immer das stärkste Angebot der beiden großen Medienkonzerne stellte.

Kaum mehr Bewegung gibt es beim einst so schillernden Frauensender sixx zu vermelden, das bei den Jüngeren mit 1,4 Prozent immerhin weiterhin oben mitspielt, insgesamt mit nur 0,8 Prozent allerdings ein paar Probleme hat. Zumindest aber verbesserte man sich hier minimal gegenüber der Vorsaison. ProSieben Maxx machte zwar mit Football- und Wrestling-Übertragungen immer wieder mal von sich reden, vermochte sich in der Breite allerdings nicht gegenüber der vorherigen Saison zu steigern: Mit insgesamt 0,6 Prozent sowie 1,1 Prozent bei den Jüngeren steht man zwar nicht wirklich schlecht da, bleibt allerdings im Schatten von sixx und Nitro und verliert den Anschluss im Duell mit Sat.1 Gold (siehe auch Infobox).


Weitere private Spartensender: Discovery-Jubel über großen und kleinen Hit


Rundum zufrieden dürfen derzeit die Verantwortlichen von DMAX und dem weiblichen Alternativ-Angebot TLC sein, denn der längst etablierte Männersender verbesserte sich im Vergleich zur Vorsaison noch einmal leicht auf 1,1 Prozent insgesamt sowie 2,0 Prozent in der klassischen Zielgruppe und verschaffte sich einiges an Luft gegenüber dem ebenfalls auf männliche Zuschauer ausgerichteten RTL Nitro. Vor allem aber kam zuletzt endlich auch das vor über zwei Jahren gestartete, lange Zeit aber in der völligen Irrelevanz umherirrende TLC mal ein wenig in Bewegung. Mit unterm Strich soeben noch 0,3 Prozent insgesamt bzw. 0,4 Prozent bei den Jüngeren ist der deutsche Ableger des "Learning Channels" zwar weiterhin noch kein wirklich mächtiger Player, steigerte sich aber gegenüber der Vorsaison unterm Strich immerhin um jeweils 0,2 Prozentpunkte.

Inhaltlich immer wieder in Bewegung, hinsichtlich seiner Breitenwirkung aber konstant unspektakulär performt Tele 5, das insgesamt bei 0,9 Prozent verbleibt und bei den 14- bis 49-Jährigen mit 1,0 Prozent auf den Stand vor zwei Jahren zurückfällt, nachdem man sich im Vorjahr minimal auf 1,1 Prozent gesteigert hatte. Weil überdies die monatlichen Schwankungen äußerst gering ausfallen, steht Kai Blasbergs Baby kaum im Zentrum der zumeist doch eher auf Extrema fixierten medialen Berichterstattung - was für den betont quotenkritischen Senderchef aber wohl kein äußerst bedauerlicher Umstand sein dürfte. Umso mehr über die zuletzt gestiegene Aufmerksamkeit freut sich hingegen Deluxe Music, das schon seit elf Jahren sendet, lange Zeit aber quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit lief und 2012 kurz vor dem Aus stand (mehr zu Geschichte und Ausrichtung des Senders hier). Seit einigen Monaten lässt Deluxe nun seine Quoten veröffentlichen - die mit durchschnittlich 0,2 Prozent aller sowie 0,4 Prozent der jüngeren Konsumenten zwar nicht überragend, aber für einen kleinen Musiksender durchaus respektabel ausfallen.


Die Spartensender des ZDF und die Dritten Programme der ARD:


Die Quoten der Dritten (ab 3 / 14-49)

  • NDR: 2,4 (-0,1) / 0,9 (-0,1)
  • WDR: 2,1 (-0,2) / 1,0 (+/-0)
  • MDR: 2,0 (+/-0) / 0,8 (-0,1)
  • SWR: 1,9 (+0,1) / 0,6 (+/-0)
  • BR: 1,7 (+/-0) / 0,6 (+/-0)
  • HR: 1,2 (+/-0) / 0,5 (+/-0)
  • RBB: 1,1 (+0,1) / 0,5 (+/-0)
Durchschnittliche Saison-Marktanteile, in Klammern: Veränderungen zur Vorsaison
Seinem Ruf als vermeintlich junger Sender wird ZDFneo zwar in der Breite längst nicht mehr gerecht, doch mit einigen wenigen Prestige-Projekten wie «Neo Magazin Royale», dem neuen «Schulz & Böhmermann» sowie weiteren sehenswerten Eigenproduktionen, die überwiegend am späteren Donnerstagabend gezeigt werden, hält man ihn in der Breitenwahrnehmung weiterhin einigermaßen aufrecht - was sicher im Sinne der ZDF-Verantwortlichen sein dürfte. Dass sich der Sender allerdings ein weiteres Mal deutlich von 1,5 auf 1,7 Prozent bei allen Fernsehenden ab drei Jahren verbesserte, ist in erster Linie eher diversen Krimis und weiteren Formaten geschuldet, die bereits im Hauptprogramm weite Programmstrecken bestücken. Doch auch bei den 14- bis 49-Jährigen ging es abermals bergauf, von 1,0 auf 1,2 Prozent steigerte man sich hier.

Weitaus niedriger fällt jedoch der Altersschnitt der Zuschauer von ZDFinfo aus, das vornehmlich mit Dokus bestückt ist und bei den Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren ein kräftiges Plus von 0,9 auf 1,2 Prozent aufs Parkett zauberte. Insgesamt steigerte man sich leicht auf 1,1 Prozent, steht hier allerdings ein wenig im Schatten von Neo. Ein ganz kleines Licht bleibt derweil ZDFkultur, das ohnehin im Zuge des "Jungen Angebots" von ARD und ZDF endlich zu Grabe getragen werden soll. Doch obgleich sich bei 0,4 Prozent aller sowie 0,2 Prozent der jüngeren Konsumenten nun wahrlich nicht von einem gigantischen Erfolg sprechen lässt, hat sich der stets eher lieblos in Szene gesetzte Sender zumindest beim Gesamtpublikum zum zweiten Mal in Folge leicht steigern können - vor zwei Jahren hatte er hier nämlich nur 0,2 Prozent generiert. Wenig Bewegung legten derweil wieder die Dritten Programme an den Tag (siehe Infobox): Die beiden größten, NDR und WDR, verloren insgesamt leicht an Relevanz, der SWR und RBB legten minimal zu.

Lesen Sie auf der zweiten Seite u.a.: Haben die Nachrichtensender von den diversen Krisen und Konflikten der letzten Monate profitiert? Wer behielt im Duell der Kindersender die Oberhand? Und wie entwickelt sich eigentlich das Pay-TV?

Die Nachrichtensender: Krisenzeiten sind gute Zeiten


Nicht gänzlich ohne Zynismus lässt sich im Sinne der drei großen Nachrichtenkanäle über die derzeitige gesellschaftliche und politische Situation jubeln: Es passiert zumindest viel Berichtenswertes - und das wusste insbesondere N24 für sich zu nutzen. Mit 1,5 Prozent der 14- bis 49-Jährigen steigerte sich der Sender um knackige 0,3 Prozentpunkte gegenüber der Vorsaison und vergrößerte damit seinen Vorsprung auf n-tv, das sich von 0,9 auf 1,1 Prozent verbesserte. Schlusslicht bleibt hier das in Sachen Tiefe oft sehenswerte, allerdings etwas steif und undynamisch daherkommende Phoenix, das sich in der jungen Zuschauergruppe sogar noch leicht auf 0,7 Prozent verschlechterte. Insgesamt war der Sender mit 1,1 Prozent auf Augenhöhe mit den privaten Alternativen - was dennoch eher eine positive Nachricht für die Privaten darstellte, da diese nämlich in den Jahren zuvor noch leicht hinter der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz lagen.

In Sachen Kultur setzte derweil 3Sat seinen positiven Run des Vorjahres fort und steigerte sich bei allen Fernsehenden abermals leicht um 0,1 Prozentpunkt auf 1,2 Prozent. War man vor zwei Jahren noch auf Augenhöhe mit Arte, liegt man mittlerweile ein kleines Stück in Front, denn eben jene Kulturplattform blieb erneut bei 1,0 Prozent stecken. Bei den 14- bis 49-Jährigen war der Bedarf an kulturellen Inhalten erneut überschaubarer: 3Sat blieb hier bei den aus den Vorjahren gewohnten 0,7 Prozent, Arte musste sogar einen leichten Rückgang auf 0,6 Prozent hinnehmen.


Die Sportsender:


Im Sektor Sport tat sich in der Saison-Bilanz nicht allzu viel: Sport1 baute seine Vormachtstellung gegenüber Eurosport leicht aus und erreichte in beiden wichtigen Zuschauergruppen einen Marktanteil von 1,0 Prozent, nachdem man die vergangenen beiden Fernsehjahre mit jeweils 0,9 Prozent beendet hatte. Nicht ganz unschuldig an diesem Plus war der Erwerb der Europa League, die dem Sender bisweilen grandiose Werte bescherte - zumindest immer dann, wenn Borussia Dortmund ins Rennen ging. Eurosport wiederum hielt sich mit 0,6 Prozent des Gesamtpublikums sowie 0,4 Prozent der Jüngeren auf unterm Strich exakt demselben Niveau, das es bereits in den vergangenen Saisons erreicht hatte. Mit dem Erwerb der Bundesliga-Rechte hatte Discovery aber kürzlich auch auf einen großen Coup im Rahmen seines Sport-Angebots zu verweisen.


Die Kindersender: Super RTL löst KiKA ab, Nick gerät in Not


Kindersender-Quoten bei Gesamtpublikum / 14-49

  • SRTL: 1,8% (+0,1) / 2,1 (+0,2)
  • KiKa: 1,1% (-0,1) / 1,1 (-0,1)
  • Nick: 0,9% (+0,2) / 1,4% (+0,4)
  • Disney: 0,9% (+0,1) / 1,1% (+0,1)
In Klammern: Veränderung im Vergleich zur Vorsaison.
Ein unterm Strich recht gutes Jahr liegt hinter den vier großen Kindersendern, die in ihrer Relevanz-Zielgruppe der 3- bis 13-jährigen Kinder zwischen 6 Uhr und 20:15 Uhr unterm Strich auf 58,7 Prozent gelangten - vor Jahresfrist hatten nur 57,2 Prozent auf dem Papier gestanden. Dazu trug allerdings hauptsächlich Super RTL bei, das sich deutlich von 18,4 auf 20,9 Prozent verbessern konnte und damit fast wieder an die 21,6 Prozent heranreichte, mit denen man vor zwei Jahren bereits die Marktführung bei den Kindern schaffte. Ein ziemliches Auf und Ab also, während KiKa hier mit deutlich mehr Konstanz bestach. Das Saisonfazit fällt dennoch eher negativ als positiv aus, denn man verlor angesichts von 19,5 statt 20,4 Prozent nicht nur immerhin fast einen Prozentpunkt beim jungen Publikum, sondern eben auch wieder die Vorherrschaft an den einzigen nennenswerten privaten Mitbewerber.

Nach wie vor im Aufschwung, aber keineswegs auf einem Streifzug nach ganz vorne ist der Disney Channel, der von September bis Mai auf durchschnittlich 9,9 Prozent zu verweisen hatte und damit das Ziel Zweistelligkeit nur ganz knapp verfehlte. Wie schon in der vergangenen Saison verbesserte sich der noch recht junge Free-TV-Sender um immerhin 0,7 Prozentpunkte. Als dramatisch ist zur gleichen Zeit der Aderlass zu bezeichnen, den Nick seither zu beklagen hatte: Nachdem man vor Jahresfrist bereits drastisch von 11,1 auf 9,2 Prozent zurückgefallen war, ging es diesmal sogar bergab auf nur noch 8,4 Prozent. Mit anderen Worten: War man im vergangenen Jahr zumindest noch auf Augenhöhe mit Disney, liegt man nun um anderthalb Prozentpunkte dahinter. Umso erstaunlicher, dass der Sender beim Gesamtpublikum und vor allem in der klassischen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen sogar deutlich zuzulegen wusste (siehe Infobox).


Das Pay-TV:


Und auch ein Blick auf das Bezahlfernsehen erscheint durchaus interessant - obgleich sich hier in den vergangenen Jahren unterm Strich weniger getan hat, als man hätte denken können. Unterm Strich rangieren hier Sky Film und Sky Sport mit deutlichem Abstand an der Spitze, die seit 2013/14 auf jeweils 0,6 bis 0,7 Prozent des Gesamtpublikums und 0,9 bis 1,0 Prozent der klassischen Zielgruppe gelangten - mit leicht aufsteigendem Trend für das sportliche und leicht absteigendem für das cineastische Angebot des Senders. Vor allem der Sektor Sport ist allerdings stark abhängig von König Fußball, wie die Differenz zwischen 1,5 Prozent des jungen Publikums im heißen April und nur 0,5 Prozent im lausig bestückten Januar unter Beweis stellt - im Juni und Juli vergangenen Jahres war man dann übrigens noch nicht einmal über 0,3 und 0,4 Prozent hinaus gekommen.

Von den restlichen Sendern verbuchte 13th Street als einziger Sender zumindest bei den jüngeren Konsumenten mit 0,4 Prozent noch einen nennenswerten Marktanteil, wenngleich man sowohl hier als auch beim Gesamtpublikum, wo es von 0,3 auf 0,2 Prozent bergab ging, leichte Verluste zu verkraften hatte. Bis auf Syfy, das zumindest bei den 14- bis 49-Jährigen noch auf 0,3 Prozent gelangte, verbuchten die übrigen Sender nur 0,1 bis 0,2 Prozent in beiden Konsumentengruppen - und das auch noch ohne nennenswerte Entwicklungen nach oben oder unten. National Geographic Wild kam bei allen Konsumenten ab drei Jahren sogar unterm Strich sogar auf einen nicht mehr messbaren Marktanteil in allen fünf Monaten des neuen Kalenderjahres. Insbesondere bei diesen Kleinstwerten gilt die Quotenmessung allerdings auch als nur bedingt zuverlässig und aussagekräftig.
11.07.2016 10:30 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/86732