Auch die dritte Verfilmung eines Jussi-Adler-Olsen-Romans kommt als nordisch-herber Crime-Thriller daher.
Eine Flaschenpost, die auf ihrem Schreibtisch landet, stellt Carl Mørck (Nikolaj Lie Kaas) und Assad (Fares Fares) vor ein Rätsel. Nur mühsam gelingt es ihnen, ihre Botschaft zu entziffern: Ein mit menschlichem Blut geschriebener Hilfeschrei – das letzte Lebenszeichen zweier Jungen, die vor Jahren spurlos verschwunden sind, die aber niemals als vermisst gemeldet wurden. Wer sind die beiden? Und warum haben ihre Eltern ihr Verschwinden nie angezeigt? Als kurze Zeit später die Entführung eines Geschwisterpaars erschreckende Parallelen zum Flaschenpost-Fall erkennen lässt, wird klar, dass derselbe Täter sein teuflisches Spiel schon seit Jahren unerkannt treibt. Für Mørck und Assad beginnt ein Wettlauf mit der Zeit – um das Leben der entführten Kinder, bald aber auch um ihr eigenes.
Ging es in «Erlösung – Die Frau im Bunker» noch um das Thema Rache, befasste sich «Schändung – Die Fasanentöter» mit den Themen Klassendenken und falschem Ehrgeiz an einem Eliteinternat. „Erlösung“ behandelt Religion und Fanatismus und ist damit in seiner inhaltlichen Adressierung wesentlich umfangreicher als die ersten beiden Filme. Erst recht, da sich der Roman von Jussi Adler-Olsen nicht ausschließlich damit begnügt, sondern den Finger noch tiefer in die Wunde drückt, als er sich in seiner Gewalttätigkeit vornehmlich gegen Kinder richtet. Carl Mørck und sein Kollege Assad müssen es in «Erlösung» mit einem Verbrecher aufnehmen, der sich selbst als Antichrist bezeichnet und seine gefährlichen Fantasien vorzugsweise an Minderjährigen auslebt. Voyeuristisch wird es dabei nie – die Atmosphäre ist in ihrer Düsternis durchgehend bis zum Zerreißen gespannt, sodass Kameramann John Andreas Andersen («Headhunters») gar nicht draufhalten muss, damit sich das Grauen im Kopf des Zuschauers entspinnt. Böse Zungen könnten behaupten, mit dieser zurückhaltenden Inszenierung würde «Erlösung» eher ins Fernsehen passen, sich dem Zuschauer anbiedern und es ihm bequemer machen, die furchtbaren Leinwandereignisse zu ertragen. Gleichzeitig kommt Hans Petter Moland damit aber in jener Tradition daher, mit welcher sich das skandinavische Krimikino (und -Fernsehen – man denke nur an «Wallander») in den vergangenen Jahren so gut bewährt hat: Die nordische Landschaft ist so spröde, die Interaktion unter den Menschen so klar und die Fälle all dieser Erzählungen so jenseits von Anstand und Moral, dass all diese Zutaten einen hervorragend-beklemmenden Thrillercocktail ergeben, der so etwas wie einen Extraschuss Brutalität gar nicht benötigt, um zu schockieren.
Was hingegen besonders gefällt, ist einmal mehr die Interaktion innerhalb des Ermittlerduos Carl und Assad. Waren «Erbarmen» und «Schändung» noch über weite Strecken völlig humorbefreit, ist es ausgerechnet das Religionsthema, das in «Erlösung» für eine Handvoll komische Momente sorgt. Der gläubige Assad, einmal mehr hervorragend von Fares Fares («Die Kommune») gespielt, konfrontiert seinen atheistischen Kollegen immer wieder mit seiner fehlenden Religionszugehörigkeit. Dass derartige Rangeleien niemals in eine Art der Überredung münden, kommt dem Film zugute. Das Skript enthält sich jedweder Wertung, betrachtet Glauben und Nichtglauben gleichermaßen und beschäftigt sich vorrangig damit, was passiert, wenn aus einer Leidenschaft Besessenheit wird. Pål Sverre Hagen triumphiert in seiner fordernden, stellenweise nahe an der Karikatur befindlichen Rolle des irren Bösewichts, lässt nie Zweifel an seiner Besessenheit aufkommen und beeindruckt insbesondere im Dialog mit seinen Mitmenschen, durch die sich so etwas wie eine Faszination für seine Figur nicht leugnen lässt. Damit stiehlt er zugegebenermaßen allen die Show – auch Nikolaj Lie Kaas («Kind 44»), der in der Hauptrolle des Carl Mørck erneut überzeugt, ihm diesmal aber keine relevanten, neuen Facetten hinzuzufügen weiß.