Woche für Woche mauserte sich «Person of Interest» fast unbemerkt zu einer smarten Erkundung von Überwachung, Künstlicher Intelligenz und Heldentum. Nun beginnt in den USA die fünfte und letzte Staffel.
Zu diesem Zwecke hat er eine Maschine erfunden, die mittels komplexer mathematischer Algorithmen, Formeln und nicht zuletzt einer globalen, flächendeckenden Komplettüberwachung terroristische Aktivitäten vorhersehen kann. Die amerikanische Regierung setzt diese Technologie bereits zur Terrorbekämpfung ein. Finch, jemand der lieber ein anonymer und autonomer Außenseiter bleibt, hat unversehens eine Hintertür in dieses hochkomplexe System eingebaut, wodurch er immerzu Sozialversicherungsnummern von Tätern oder Opfern von zukünftigen Verbrechen zugespielt bekommt. Um diese armen Seelen zu retten (bzw. diese nicht so armen Täter zur Rechenschaft zu ziehen) engagiert er den ausgebrannten, ehemaligen Elite-Soldaten und CIA-Killer John Reese (Jim Caviezel), der die etwas härteren Aspekte dieser Arbeit ausführt und z.B. bösen Buben kräftig in den Hintern sowie in andere Körperteile tritt. Das ist die recht simple Prämisse der Actionserie und vor etwa 20 Fernsehjahren wäre es wahrscheinlich bei dieser Ein- bis Zwei-Mann-«A-Team»-Variante mit immer gleichen, erzählerischen Abläufen geblieben.
So zukunftsorientiert oder modern die Serie auch daher kommen mag, «Person of Interest» ist gleichzeitig ein amerikanischer Urmythos, nämlich ein klassischer Western mit einem namenlosen Cowboy, der in die Stadt reitet, um die Entrechteten zu verteidigen, nur dass Jim Caviezel keinen Cowboyhut auf den Kopf und keinen Sechsschüsser-Colt an der Hüfte trägt, sondern mit einem edlen Nadelstreifenanzug und tödlichen Nah- und Fernkampf-Techniken ausgestattet ist. Trotz dieser bekannten und meist unterhaltsamen Ausgangssituation, ist aller Anfang schwer, und gerade die etwas repetitive Variante dieses Prozederes, das noch die erste Staffel so stark prägt, in der jede Woche eine Frau, ein Mann, ein Kind (es gab zwischendurch sogar ein schutzbedürftiges Baby) oder eine ganze Familie gerettet werden muss, kann schnell redundant werden. Hinzu kommt das stoische, fast katatonische Spiel des Hauptdarstellers Caviezel (und seine, zumindest im englischen Originalton heisere Flüsterstimme, die sogar Christian Bales Batman neidisch gemacht hätte), was zu Beginn gewöhnungsbedürftig ist. Eine Stoik, die seine emotionalen Ausfälle dafür umso verletzlicher und Anflüge von Humor umso willkommener erscheinen lassen. Wie ein Terminator bewegt sich Caviezel mechanisch durch die Handlung und wenn er nicht gerade die Kniescheiben seiner Gegner wegpustet, entdeckt er Stück für Stück seine Menschlichkeit wieder. 
Apropos korrupte Polizei: Die geheime Polizistenorganisation HR sorgt weniger für Recht und Verfassung in New York, sondern geht lieber den eigenen, meist gewinnversprechenden Interessen nach. Detective Lionel Fusco (Kevin Chapman), der zwar äußerlich die Züge eines Teddybärs besitzt, aber trotzdem einigen Dreck am Stecken hat, wird aus deren Mitte von Finch und Reese direkt in der ersten Episode rekrutiert. Aus dieser Figur hätte leicht ein zweidimensionaler Wegwerfcharakter werden können, der hier allerdings wieder lernen darf, wie gut es tun kann, Gutes zu tun. Eine Reise, die sich für den Zuschauer immer wieder lohnt, denn der Polizist ist oftmals zwar komödiantischer Aspekt der Serie, bekommt dafür aber auch das ein oder andere Helden-Highlight zugespielt. Die großen Themen, welche die Serie wahrscheinlich von Anfang bis Ende durchziehen werden, sind zweite Chancen, Wiedergutmachung und Erlösung. Für eine Actionshow, die sich vornehmlich mit Maschinen und künstlichen Intelligenzen beschäftigt, ist dies einnehmend menschlich.
Dennoch reichte dies nicht allein, um die nun insgesamt fünf Staffeln dauerhaft mit Leben zu füllen. Dafür ist immer wieder frisches Blut notwendig und es ist nicht verwunderlich, aber dafür umso angenehmer und überraschender, dass so eine gefährliche Mission zwei schlagkräftige und soziopathische Damen anzieht: Root (Amy Acker) ist eine geniale Hackerin, die es mit Moral und Gesetz selbst nicht ganz genau nimmt. Zu Beginn vertraut sie ihrem eigenen „Moralkodex“, raubt, plündert, stiehlt (was alles irgendwie das Gleiche ist) und tötet, um Finchs Maschine, die sie wie eine Gottheit anbetet, näher zu kommen. Das große Treffen mit dieser Maschine fällt ernüchternder aus, als sie es sich vorgestellt hat, und dennoch ist Root bereit, sich in deren Dienst zu stellen, wo auch immer dieser Kurs hinführen mag. Und wie es im Moment aussieht, ist die Rettung der Welt das Ziel. Darstellerin Amy Acker gehört mittlerweile zur Stammbesetzung und da sie fast jede Rolle sowie jede Serie mit ihrem Sinn für exzentrische Performances interessanter macht, ist sie ein willkommener Fremdkörper in einem sowieso schon variationsreichen Cast.
Beim Kampf für Gerechtigkeit kommt man nicht umhin, sich ein paar Feinde zu schaffen. Und diese sprießen mit großer Geschwindigkeit aus dem Boden, so dass unsere Helden kaum hinterher kommen: Die Organisation korrupter Polizisten namens HR wurde vorhin schon erwähnt, gleichzeitig müssen sich Reese, Finch, Carter, Fusco, Root und Shaw mit dem zwielichtigen Elias herumschlagen, der sich zunächst als Wolf im Schafspelz gibt, bis er sich als Kriminalgenie herausstellt, welches die New Yorker Unterwelt übernehmen möchte. Der unscheinbare Enrico Colantoni ist perfekt geeignet für die Rolle des mit sanfter Stimme sprechenden Gangsters, der aber harte Taten folgen lässt, mit einem eigenen Kodex operiert, auch wenn dieser Kollateralschäden erfordert. Elias stellt sich nicht nur dem Heldenteam in den Weg, sondern muss auch diverse alteingesessene Mafiosos eliminieren, die ihre eigenen Machtpositionen in Gefahr sehen. Später soll noch ein aufstrebender, junger Gangster namens Dominic zu Elias langer Feindesliste hinzukommen, der ebenso clever, aber noch ruchloser vorgeht.
Stefan Turiak ist als Redakteur bei Quotenmeter zuständig für Quoten-Analysen, Rezensionen & Schwerpunkte. Er ist außerdem freier Mitarbeiter bei Widescreen und Triggerfish sowie Fachmann in Sachen internationaler Film.
Das oberste Gebot des Erzählens eines jeden Science Fiction- oder Fantasy-Autoren sollte es sein, eine überzeugende Welt mit Regeln und Gesetzmäßigkeiten zu schaffen, die von ebenso glaubwürdigen Figuren bewohnt ist. «Person of Interest» beschreibt auf genau diese Art einen Schattenkrieg, der unbemerkt vom Normalbürger zwischen Gangstern, Regierungsorganisationen und Helden, oder diejenigen, die sich für welche halten, ausgefochten wird. Der mittlerweile komplexe Cyberpunk-Thriller ist damit schon längst über einen simplen „Held rettet Woche für Woche ein potentielles Opfer“-Plot hinausgewachsen und macht sich das Format zu Nutze, um eine große und übergeordnete Geschichte zu erzählen, die langsam alle Puzzle-Teile zusammenfügt. Viele Handlungsfäden und Fragen hängen weiterhin in der Luft und es bleiben in dieser Staffel leider nur noch 13 Episoden, um sie zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. Die Reise dorthin war jedoch aufregend und herausfordernd in einer Weise, die zu Beginn noch nicht abzusehen war. Jonathan Nolan und seine Autoren füttern weder pauschale Regierungsparanoia noch verbreiten sie alberne Überwachungspropaganda, sondern erschufen eine Serie, die sich über fünf Jahre hinweg immer wieder subtil neu ordnete und die eigene Moral hinterfragte. Ganz nebenbei erkundeten sie die Auswirkungen Künstlicher Intelligenz und die Implikationen der Googles und Facebooks dieser Welt, ohne dabei den Zeigefinger zu heben.