Merkel erteilt Verfolgungsermächtigung: Ermittlungen gegen Böhmermann

Shitstorm gegen Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin lässt eine Strafverfolgung gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann zu - auf Wunsch des Partners Türkei. Den umstrittenen Paragraphen 103, auf den die Türkei sich beruft, hält sie aber eigentlich für entbehrlich. Er soll demnächst abgeschafft werden.

In den vergangenen Tagen hat die deutsche Bundesregierung geprüft, ob es dem Strafverlangen des türkischen Staatsoberhauptes Erdogan eine Verfolgungsermächtigung erteilt. Somit könnte gegen den ZDF-Moderator nach dem 103. Paragraphen des Strafgesetzbuchs, das verbietet ein ausländisches Oberhaupt zu beleidigen, ermittelt werden. Die Kanzlerin erklärte vor der Hauptstadtpresse, dass es während des Prozesses der Prüfung des Anliegens der Türkei unterschiedliche Auffassungen gegeben habe. Darüber schrieben Medien schon am Freitagvormittag. So soll die SPD dagegen gewesen sein, dem Wunsch des türkischen Präsidenten nachzukommen, das Kanzleramt aber dafür.

Die Entscheidung ist letztlich, dass die Regierung ein Verfahren gegen Jan Böhmermann wegen eines Verstoßes gegen den 103. Paragraphen zulassen wird. Merkel betonte in der Rede die Wichtigkeit der Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Erdogan ist etwa eine Schlüsselfigur beim Lösen der Flüchtlingskrise. Unklar ist, welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die Zukunft von Jan Böhmermanns Fernsehsendung «Neo Magazin Royale» haben wird. Zuletzt ließ Böhmermann seine ZDFneo-Sendung und auch seine Radioshow von radioeins ausfallen. Merkel hat somit die Meinungs- und Pressefreiheit hinten angestellt. Merkel will mit der Entscheidung auf die Gewaltenteilung setzen - und somit eine Entscheidung herbeiführen. Experten rechnen damit, dass Jan Böhmermann maximal mit einer Geldstrafe rechnen muss.

Geht es nach den deutschen Bürgern, dann ist eine Mehrheit übrigens gegen eine Strafverfolgung. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Emnid um Auftrag des Nachrichtensenders N24. 82 Prozent der Befragten wollen nicht, dass Merkel ein Verfahren zulässt.

Update 16.35 Uhr: Regierungsvertreter der SPD haben Kanzlerin Merkel für die getroffene Entscheidung am Freitagnachmittag massiv kritisiert.


15.04.2016 11:58 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/84980